Luther und seine Krankheiten Roemheld-Syndrom, Nierensteine und Gicht

Ebenfalls früh zeigten sich bei Martin Luther Symptome des sogenannten Roemheld-Syndroms. Zum Beispiel als sich Luther wegen seiner Schriften und seiner Thesen 1518 – er war 34 Jahre alt – zu Fuß auf den Weg nach Augsburg machte, um sich vor Kardinal Cajetan als pästlichem Vertreter zu rechtfertigen, klagte er über Magenbeschwerden und einen desolaten Allgemeinzustand. Auch sein offenes Bein bereitete ihm Schmerzen. Kurz vor Augsburg konnte er nicht mehr, musste sich einen Wagen mieten und kam ermattet in Augsburg an.

Was ist das Roemheld-Syndrom? Internist Ludwig von Roemheld beschrieb dieses Krankheitsbild erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts. Es benennt eine gastro-kardiale Kombination, das heißt: gleichzeitige Herz- und Magen-Darmbeschwerden. Ausgangspunkt sind Magen-Darm-Probleme. Die unteren, aufgeblähten Organe drücken nach oben und verengen dadurch den Raum für das Herz. Dies zieht Herzbeschwerden nach sich, obwohl das Herz selbst gesund ist.

Ähnlich verlief der berühmte Gang nach Worms vor den Reichstag 1521. Das vorherrschende Bild malt aus, wie Luther auf seinem Weg von begeisterten Anhängern umjubelt wird. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn es war fraglich, ob er es überhaupt nach Worms schaffen würde, obwohl der Wittenberger Stadtrat ihm einen zweirädrigen Wagen und drei Pferde zur Verfügung gestellt hatte. In Eisenach musste Luther die Reise unterbrechen. Er hatte den Tod vor Augen, wurde zur Ader gelassen und erhielt Heilwasser. Immerhin war er vier Tage später in Frankfurt am Main, wenn auch in anhaltend schlechtem Zustand. Geschwächt traf er in Worms ein, litt die ganze Zeit an Verstopfung und klagte über Herzbeschwerden.

Im Zusammenhang mit dem Roemheld-Syndrom sind auch Luthers schwere Nierenleiden zu sehen. 1526 ereilte ihn die erste schwere Kolik im Bereich der ableitenden Harnwege. Ein Nierenstein verschwand gottlob mit dem Urin. 1534 machten sich erneut Nierensteine nach Jahren der Ruhe bemerkbar. Dazu kam ein Infekt der oberen Luftröhre. Wieder stellten sich bei dem Reformator Todesgedanken ein. Und bald kamen zu den Nierensteinen (Nephrolithiasis) auch noch Blasensteine (Urolithiasis).

Erster großer Gicht-Anfall 1533

Im Zusammenhang mit den Nieren muss auch Luthers Gicht eingeordnet werden. Bei Gicht handelt es sich um eine Ausscheidungsstörung der Harnsäure in den Nieren, was zu Harnsäureablagerungen in Geweben und Organen und dort zu Veränderungen führt. 1533 erlitt Luther den ersten großen, sehr schmerzhaften Anfall; besonders betroffen war der linke Fuß.

Luther flüchtete sich in seine Arbeit. Unermüdlich verfasste er Papiere für den Schmalkaldischen Bund – den Zusammenschluss der evangelischen Landesherren – vor allem mit Blick auf das Konzil von Mantua, das Papst Paul III. für Pfingsten 1537 einberufen hatte. Luther selbst begab sich Ende Januar 1537 nach Schmalkalden, musste aber den Ort noch vor Beginn der Bündnisgespräche wegen seiner Koliken verlassen, die sich in der feuchten Herberge meldeten. Zwar löste sich ein Stein, doch an eine Teilnahme der Verhandlungen war nicht zu denken. Schließlich kamen noch Schwäche, Brechreiz und – angesichts seiner chronischen Verstopfung bemerkenswert – Durchfall (Diarrhoe) hinzu.

Luther in Lebensgefahr

Tagelang konnte Luther kein Wasser lassen. Das hieß Lebensgefahr. Mehrere Ärzte kümmerten sich um den Reformator, konnten jedoch nicht viel ausrichten. Professor Georg Sturtz aus Erfurt leitete die Rückreise nach Wittenberg ein. Luther ordnete an, dass seine Ehefrau Katharina ihm entgegenkomme, um nicht sterben zu müssen, ohne sie gesehen und gesprochen zu haben. Die holprige Kutschfahrt hatte allerdings eine positive Folge: Bei Thambach löste sich endlich ein Stein. Luther ließ Unmengen an Urin entfließen.

Auf der Weiterreise nach Gotha stellten sich zeitweilig wieder Harnverhaltung und Koliken ein, Erbrechen und Durchfall. Luther setzte sein erstes Testament auf und bat den Pfarrer von Gotha um eine dortige Grabstätte. Doch dann lösten sich sechs Steine an der Zahl, einer "fast bohnengroß", wie Philipp Melanchthon vermerkte. Nach der Heimkehr nach Wittenberg gingen zwei weitere Steine ab.

Ende März 1531 teilte Luther seinem Freund Georg Spalatin mit, dass er inzwischen zwar wieder gut esse, aber Beine und Knie noch so kraftlos seien, dass sie seinen Körper kaum tragen könnten. Trotzdem reiste er nach Torgau an den Hof seines Landesfürsten. In Wahrheit war Luther gesundheitlich eher ein Wrack und sein Einfluss schwand. Auch nach Schmalkalden nahm er an keinen der späteren Religions- und Bündnisgespräche mehr statt.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 25.02.2017 | 19:05 Uhr