Schätze der Anna Amalia Bibliothek Luther-Prachtbibel und Newtons Gravitationslehre

Das wohl bekannteste Buch im Bestand der Anna Amalia Bibliothek in Weimar ist die Luther-Bibel von 1534. Es handelt sich dabei um die erste Gesamtausgabe der Bibelübersetzung Martin Luthers, die in Wittenberg erschienen ist.

Insgesamt sind rund 60 Exemplare dieser Bibel-Ausgabe erhalten. Das in Weimar verwahrte Exemplar zeichnet sich durch die besonders gute Qualität der 128 Holzschnitte und Bildinitialen aus. Die Holzschnitte stammen aus der Werkstatt des Wittenberger Hofmalers und Freundes Luthers Lucas Cranach. Den Schnitt "Prophet Josua als geharnischter Ritter" hat nachweislich Lucas Cranach d. Ä. selbst geschaffen. Die Bildinitialen des Exemplars sind mit kräftigen Deckfarben ausgemalt und zum Teil mit Gold gehöht worden.

Bei dem verheerenden Brand in der Anna Amalia Bibliothek im Jahr 2004 wäre das Exemplar fast den Flammen zum Opfer gefallen. Bibliotheksdirektor Michael Knoche rettete es unter spektakulären Umständen persönlich aus dem berühmten Rokoko-Saal.

Der Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar
Bildrechte: IMAGO/epd-bild/MaikxSchuck

Gesamtausgabe über 400 Jahre unvollständig

Im Jahre 1586 war in der Werkstatt der Jenaer Hof- und Universitätsbibliothek die Gesamtausgabe von Luthers Werken abgeschlossen worden. Auch sie gehörte zur Weimarer Fürstenbibliothek. Doch ein Band fehlte, der zehnte mit Luthers Bibelkommentaren zum 1. Buch Mose. Das Rätsel wurde im Oktober 2010 gelöst, 440 Jahre später.

Der Prachtband mit Messingschließen und dem Bildnis Luthers tauchte auf einer Auktion auf. Auf sonderbaren Wegen war das Buch nach England gelangt. Die Klassik-Stiftung konnte es erwerben und so nach Weimar zurückbringen.

Nun konnte man feststellen: Der frühe Besitzer, Herzog Friedrich Wilhelm I. von Sachsen-Weimar (1562-1602), hatte den Band gründlich studiert, wie dessen Randnotizen zeigen – allerdings nur bis Seite 209.

"hie leich der theufel im drecke"

Ein beeindruckendes Buch zur Kirchengeschichte in der Anna Amalia Bibliothek ist Ulrich von Riechentals "Chronik des Konstanzer Konzils" aus dem Jahre 1483. Das in Augsburg gedruckte Werk blickt aus altkatholischer Sicht auf die berühmte Versammlung von Kirchenvertretern in den Jahren 1414 bis 1418 zurück. Wichtige Themen waren die Einheit der Kirche und der Kampf gegen die ketzerischen Lehren der Vorreformatoren John Wyclif, Jan Hus und Hieronymus von Prag.

Hus wurde 1415 verbrannt, Hieronymus von Prag ereilte dasselbe Schicksal ein Jahr später. Von Wyclif, der schon seit 1384 tot war, wurden ein paar Jahre später die Gebeine ausgegraben und diese ebenfalls verbrannt.

Im 16. Jahrhundert gelangte die Chronik in die Hände eines Protestanten, der es mit gehässigen Anmerkungen versah. So wird auf einem Blatt dargestellt, wie die Kutsche von Papst Johannes XXIII. im Oktober 1414 auf dem österreichischen Arlberg-Pass kippt und der Papst in den Schnee fällt. Der Papst machte den Teufel für den Sturz verantwortlich, was der Protestant kurzerhand in seiner Randnotiz umdrehte: "hie leich der theufel im drecke."

Newtons Gravitationslehre

Eines der wertvollsten Bücher der Bibliothek stammt aus dem Jahr 1687. Es trägt den Titel "Philosophiae naturalis principia mathematica" des englischen Naturforschers Isaac Newton (1643-1727). Die Kernaussage: Die Gravitation hält das Universum zusammen.

Das in London erschienene Werk gilt als eine der Gründungsschriften der modernen Naturwissenschaften. Es gibt nur ganz wenige erhaltene Exemplare, zumal mit der Titelblattvariante des Buchhändlers Samuel Smith.

Das Buch gehörte einst zum Privatbestand des Historikers Conrad Samuel Schurzfleisch (1641-1708). Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar hatte Schurzfleisch 1705 zum ersten Direktor der Hofbibliothek ernannt. 1722 wurde die Privatsammlung Schurzfleischs in die Anna Amalia Bibliothek überführt.

Über dieses Thema berichtete auch: MDR Thüringen Journal | Fernsehen | 10.07.2016 | 19:48 Uhr