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Kristin Jahn stammt aus Thüringen und ist Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Kristin Jahn im Porträt"Jetzt ist die Zeit": Wie eine Thüringerin den Evangelischen Kirchentag in Nürnberg gestaltet

13. Juni 2023, 09:10 Uhr

Kristin Jahn stammt aus einer Großbauernfamilie in Thüringen, studierte erst Literatur und dann Theologie in Jena. Sie war Superintendentin im Altenburger Land, bevor sie zur Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages ernannt wurde. Der findet aktuell vom 7. bis 11. Juni 2023 in Nürnberg statt. "Jetzt ist die Zeit" – so lautet das Motto. Die 46-Jährige verbindet damit ihren Traum vom Aufbruch: "Kirche für andre sein: offen, strahlend, weit und ein Ohr haben für das, was Menschen bewegt". Ein Porträt.

Seit über einem Jahr pendelt Kristin Jahn zwischen Löbichau in Thüringen und Fulda. Bislang Superintendentin des Kirchenkreises Altenburger Land der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) startete sie zum 1. März 2022 in ein neues Amt: Als Generalsekretärin kümmert sie sich seither um die Vorbereitungen des Deutschen Evangelischen Kirchentages, trägt auch die Verantwortung für die Mitarbeitenden an den Standorten in Fulda und Nürnberg. Für die 46-Jährige verbindet sich damit ein Traum: "Dass wir aufbrechen und es wagen, Kirche für andre zu sein: luftig, offen, strahlend, weit und ein Ohr haben für das, was Menschen bewegt – egal wer sie sind, egal woher sie kommen, egal ob sie Christen sind." Ihre Vision ist also ein Kirchentag als weltoffenes Netzwerk und Debattencamp, auf der Höhe der Zeit, um Impulse in Kirche, Politik und Gesellschaft senden zu können.

"Wir gehen nicht wegen dem Pfarrer in die Kirche"

Kristin Jahn in der Kirche von Löbichau Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ihr Weg ins Pfarramt und nun in die Leitung eines solchen Großevents war keineswegs vorgezeichnet. Kristin Jahn stammt aus einer christlich, aber nicht kirchlich geprägten Großbauernfamilie: "Von Kindesbeinen an hat meine Mutter immer zu mir gesagt: 'Wir gehen nicht wegen dem Pfarrer in die Kirche. Wir hängen unseren Glauben nicht an diese Person, weil sonst haben wir unseren Glauben schneller verloren, als man von der Kirche nach Hause laufen kann und das waren bei uns nur 12 Minuten", lacht sie.

Auf dem Weg zum Wismut-Gemälde, das heute am Dorfrand aufgestellt ist. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Und dann wurde sie selbst Pfarrerin. In Jena studierte Kristin Jahn allerdings erst Literaturwissenschaften und dann Theologie: "Ich hab' mir das teilweise distanziert angeschaut, manchmal auch gedacht: 'Mensch, was hält diese Leute hier in dieser Schar und dann hab' ich mich auf die Suche begeben, was das ist, dieses Geheimnis des Glaubens. Ich hab' das nie bereut. Für mich war und ist es das allerschönste, Menschen zu begleiten."

Zur Person: Kristin Jahn

Geboren am 27. September 1976 in Schmölln, studierte Kristin Jahn Literaturwissenschaft und evangelische Theologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Ihr Vikariat und den Entsendungsdienst absolvierte sie in Vachdorf bei Meiningen und Wittenberg von 2007 bis 2013. Im Anschluss wurde sie Pfarrerin der Stadtkirchengemeinde Wittenberg und Öffentlichkeitsbeauftragte des Kirchenkreises Wittenberg. Von 2017 bis 2022 war sie Superintendentin im Kirchenkreis Altenburger Land. Seit 2022 ist sie Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages.

Als Predigerin gestaltet sie auch Radiogottesdienste für MDR Kultur.

Engagiert für Kultur und Geschichte ihrer Heimat

Mit der gleichen Hingabe widmet sie sich Kunst, Kultur und Geschichte ihrer Heimat. Zum Beispiel schrieb sie die Begleittexte rund um das monumentale Wandbild "Friedliche Nutzung der Atomenergie" – in der DDR ein Wahrzeichen der Wismut, das den Sozialismus propagiert.

Blick auf das monumentale Wandbild "Friedliche Nutzung der Atomenergie" Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Dass es nicht unkommentiert auf dem ehemaligen Uranabbaugelände am Dorfrand steht, ist ihr zu verdanken: "Dieses Bild ist für mich ein Inbegriff, wo der Mensch landet, wenn wir nicht mehr aufeinander achten – die Technik hat jeden im Griff, aber keiner dieser Menschen auf dem Bild schaut mehr dem anderen in die Augen. Ich finde, das ist das große Geschenk: Wenn wir uns im Leben nicht aus den Augen verlieren."

Wo beginnt Kirche?

Theologie und Literatur liegen für Kristin Jahn nah beieinander. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Dreimal im Jahr widmet sie sich dem von ihr mitbegründeten "Altenburger Buchquartett", bei Auftritten in der Region teilt sie ihre Begeisterung fürs Lesen: "Für mich schlägt sich da auch ein Bogen, weil ich immer sage: 'Wenn wir einander das zeigen, was wir lieben, dann beginnt dort für mich schon Kirche.'" Literatur und Theologie liegen für sie dicht beieinander: "Wenn man die Bibel liest, das ist ja teilweise ein hochpoetisches Buch. Das sind Erzählungen, auch Geschichten, Worte, die Menschen gefunden haben, um das zu beschreiben, was sie an Brüchen und Aufbrüchen für sich erlebt haben."

Sehnsucht nach einem Aufbruch

"Jetzt ist die Zeit", lautet das Motto des Deutschen Evanelischen Kirchentages, der am 7. Juni 2023 in Nürnberg begann. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ihre aktuelle Aufgabe besteht jetzt darin, den Deutschen Evangelischen Kirchentag zu gestalten, was auch bedeutet hunderte von Ehrenamtlichen zu koordinieren und zu unterstützen. Dabei ist sie nach eigenem Bekunden getragen von einer tiefen Sehnsucht, Kirche neu zu gestalten, zu verändern. So hat sie auch von dieser Großveranstaltung ein inneres Bild, dass "Menschen unter freiem Himmel zusammen kommen aus den unterschiedlichsten Perspektiven und es uns gelingt, unsere Verschiedenheit gut miteinander auszuhalten, teilweise auch zu feiern, ganz bewusst".

"Für mich war es immer ein Grundanliegen, dass wir den Ehrenamtlichen die Räume geben, damit sie dort Kirche mitgestalten können – von unten und nicht durchs Amt geleitet."

Kristin Jahn | Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Glaubwürdig | 10. Juni 2023 | 18:45 Uhr

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