Aphasie- Wenn die Sprache plötzlich weg ist
Von den Kindern sprechen lernen: der schwere Weg zurück nach einem Schlaganfall Bildrechte: BR

Selbstbestimmt leben Aphasie - Wenn die Sprache plötzlich weg ist

05. Mai 2023, 09:45 Uhr

Wir reden, rufen, singen, streiten. Mit Sprache machen wir uns verständlich, tauschen uns aus. Ein Alltag ohne Sprache – kaum auszudenken. Doch diese Katastrophe betrifft jedes Jahr rund 100.000 Menschen. Sie erleiden eine Aphasie, verlieren plötzlich die Fähigkeit zu sprechen.

Egal wie wir Sprache einsetzen, wir machen uns anderen verständlich, tauschen uns aus. Sprache und Sprechen sind zentral für unsere Kommunikation, sie öffnen uns die Welt, den Zugang zu Menschen, Gedanken und neuen Lebenswelten. Ein Alltag ohne Sprache ist kaum auszudenken.

100.000 Menschen sind jährlich betroffen

Doch genau diese Katastrophe - der Verlust der Sprache - trifft jedes Jahr hierzulande rund 100.000 Menschen. Neben Gehirnblutungen und Schädelhirntraumen sind Schlaganfälle die häufigste Ursache schwerer Verletzungen des Gehirns, insgesamt dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Rund 200.000 Menschen erleiden jedes Jahr einen neuen, rund 66.000 zum wiederholten Mal einen Schlaganfall.

Aphasie- Wenn die Sprache plötzlich weg ist
Aufnahme eines Gehirns nach einem Schlaganfall Bildrechte: BR

Häufige Folge eines Schlaganfalls

Eine Folge der Verletzungen im Gehirn ist die Aphasie, der teilweise oder komplette Verlust der Sprache und Sprachproduktion. Sie tritt immer dann auf, wenn in der linken Gehirnhälfte die Stelle betroffen ist, wo das Sprachzentrum liegt. Das ist bei rund 40 Prozent derjenigen der Fall, die einen Schlaganfall überleben. 

Das tragische Problem: Die Tatsache, dass diese Menschen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt sprechen, lesen, schreiben oder auch rechnen können, hat oft nichts damit zu tun, dass sie nicht mehr denken oder begreifen könnten.

Nur noch begrenzte Möglichkeiten der Mitteilung

Aphasiker nehmen ihre Gedanken und Gefühle wahr, sind sich selbst darüber im Klaren. Aber sie können sich nicht oder nur begrenzt über Sprache, Lesen und Schreiben mitteilen. Die Kommunikation mit der Außenwelt ist gestört. Je stärker die Störung desto schwieriger ist die individuelle Situation, entsprechend aufwändig die Therapie. Die aber hat immer einen Sinn, egal, wie stark die Aphasie ausgeprägt ist.  

Aphasie- Wenn die Sprache plötzlich weg ist
Schwierig aber erfolgversprechend: die Arbeit mit einem Logopäden nach einem Schlaganfall Bildrechte: BR

Sprachtherapie macht zu jederzeit der Erkrankung Sinn.

Holger Grötzbach, Logopäde, Asklepios Klinik Schaufling

"Sprachtherapie macht zu jederzeit der Erkrankung Sinn. Es gibt keinen Zeitpunkt, wo Sie sagen könnten, Logopädie sei nicht nützlich, würde nichts bringen. Was ist die Bedingung? Die Bedingung, die wir im Augenblick sehr gut kennen, ist, dass Sprachtherapie früh einsetzen sollte, am besten schon im Akutkrankenhaus, in der stationären Reha, aber dann auch in den ambulanten Praxen vor Ort. Die zweite Bedingung ist: Wir wissen heute, dass viel viel nutzt. Im Klartext bedeutet das, je mehr Therapie ein Patient pro Woche bekommt, desto mehr sind auch Fortschritte zu erwarten. Und das ist selbst dann der Fall, wenn die Aphasie schon mehrere Jahre besteht" meint der Logopäde Holger Grötzbach.

Der Film stellt drei unterschiedliche Familien vor, die von Aphasie betroffen sind. Er zeigt, wie sie mit großem Engagement, Mut und Zuversicht ihren Alltag meistern.  

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Selbstbestimmt - Die Reportage | 07. Mai 2023 | 08:00 Uhr