Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio

Religion & Gesellschaft

KalenderGottesdiensteJüdisches LebenKontakt

VorgestelltSpirituelle Orte: Wo die Seele weit wird

16. Mai 2023, 11:26 Uhr

Es sind Orte mit einer besonderen Ausstrahlung: die Schloßkirche von Seußlitz an der Weinstraße in Sachsen, der Magdeburger Domfelsen, der sich weit in die Elbe vorschiebt oder das verwunschene Schloss Reinhardsbrunn, wo sich einst die Grablege der Thüringer Landgrafen befand. Das Gipfelkreuz mit Fernblick, das vor einigen Jahren auf dem Berg Töpfer im Zittauer Gebirge errichtet wurde. Unsere Empfehlungen für einen Besuch.

von Mechthild Baus, MDR KULTUR-Redakteurin

Die verwunschene Schönheit des Ortes nimmt den Betrachter sofort gefangen. Im grün bewachsenen Innenhof führen Sandsteinstufen hinab in die barocke Schlosskirche von Seußlitz, malerisch gelegen an der Weinstraße und auf halber Strecke zwischen Großenhain und Riesa- Für Ingrid Zeidler ist dies ein ganz besonderer Ort:

Also Seußlitz hat einen guten Geist. Jeder, der hier auf seine Art gewirkt hat, war ein guter Geist.

Ingrid Zeidler

Besuchern erzählt Zeidler gerne von den Anfängen, als hier ein Kloster stand. Der franziskanische Geist des Dienens und der Demut sei immer noch spürbar, meint die frühere Betreiberin des Schlosscafés. Sie weiß, dass spirituelle Orte nicht nur aus sich heraus sprechen, sondern Menschen brauchen, die ihre Botschaft entschlüsseln.

In Wilsdruff ist es Martin Reinhuber, der sich gemeinsam mit anderen für den Erhalt der romanischen Jakobikirche einsetzt. Aus der früheren Begräbniskirche ist eine Autobahnkirche geworden. Ein Ort der Entschleunigung, nicht nur für Busreisende und LKW-Fahrer. Zwei- bis dreitausend Reisende machten hier jedes Jahr Rast, schätzt Reinhuber.

Ich denke, vielen geht es ähnlich wie mir, die sagen: Das ist ein Ort, der tut mir gut. Das Getriebe des Alltags nimmt einen so in Beschlag, dass man oft vergisst, sich zu fragen: Woher komme ich überhaupt. Wohin will ich eigentlich?

Martin Reinhuber

Erkennen, was wirklich zählt

Was macht die Qualität spiritueller Orte aus? Die Schlosskirche von Seußlitz gebe ihr das Gefühl von Weite, von Grenzenlosigkeit, sagt Irene Zeidler. Andere sprechen von Orten, die Abstand, Freiraum schaffen – auch, um darüber nachzudenken, was im Leben wirklich zählt.

Wer zwischen den Mauern der Klosterruine Nimbschen steht, dessen Blick geht nach oben ins Offene, in den Himmel.

Für Pfarrer Markus Wendland aus der Nähe von Grimma ist das frühere Kloster, aus dem einst Luthers spätere Ehefrau Katharina von Bora floh, deshalb ein ganz besonderer Ort:

Dieser Ort ist viel öffentlicher als eine Kirche. Nicht nur für Christen, sondern auch für viele andere Menschen hat er eine Bedeutung und Ausstrahlung, die zum Innehalten anregt. Denn das brauchen wir Menschen auch mal: einen Moment zum Ruhenlassen.

Pfarrer Markus Wendland

In Ruhe durchatmen können

Die Spiritualität eines Ortes könne sich unmittelbar erschließen, sie sei nicht unbedingt an eine Religion geknüpft, meint auch Albrecht Schödl, der evangelische Pfarrer von Volkenroda. Die dortige Klosterkommunität lädt Menschen ein, beim Bauernmarkt, meditativen Wandern oder im "Kloster auf Zeit" zu Gast zu sein. Schödl verweist darauf, dass der Begriff Spiritualität eng mit dem lateinischen Wort 'inspirare' verwandt ist, das so viel wie 'einatmen' bedeutet.

Menschen, die zu uns kommen, suchen das einfach: auch mal wieder in Ruhe durchatmen zu können. Man kann diesen Begriff christlich füllen, wie wir das in unserem Kloster tun. Dazu gehören bestimmte Dinge wie Beten, mit der Bibel in Kontakt kommen, Seelsorge in Anspruch nehmen. Aber beides muss man nicht unbedingt trennen.

Pfarrer Albrecht Schödl

Vor dem Vergessen retten

Zu DDR-Zeiten war Volkenroda ein nahezu vergessenes Dorf, die Klosterkirche drohte zu zerfallen. Und dennoch war da immer noch etwas von der Aura der früheren Zisterzienserabtei. An manchen Orten sei spürbar, dass sie Menschen lange Zeit etwas bedeutet hätten, sagt Christfried Boelter. Der Pfarrer im Ruhestand engagiert sich für das vernachlässigte Schloss Reinhardsbrunn, früher die Grablege der Thüringer Landgrafen.

Also man merkt das bei Kirchen manchmal, diese durchbeteten Räume haben eine neue Qualität. Eine geistige Qualität. Da schließt sich etwas auf, das den Raum verändert. Das ist hier in Reinhardsbrunn genau so, das ist ein tiefgeistlicher Ort.

Pfarrer i.R. Christfried Boelter

Blick auf die Klosterkirche Volkenroda Bildrechte: imago/Karina Hessland

Volkenroda wurde inzwischen neu belebt, moderne Architektur ergänzt heute die baulichen Reste des Zisterzienserklosters. Der Christus-Pavillon entstand zur EXPO 2000 in Hannover und wurde im Anschluss nach Volkenroda versetzt. Das seit Jahren verfallende Schloss Reinhardsbrunn aber wartet noch auf seine Rettung. Doch spirituelle Orte tragen auch diese Verheißung in sich: dass Wunden heilen können und das Leben weitergeht.    

Mehr zu Spirituellen Orten:

Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 07. August 2020 | 18:00 Uhr

Mehr aus Religion uns Gesellschaft