Bischof Gerhard Feige
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Synodaler Weg Magdeburger Bischof Feige: Frauen an die Macht

05. Februar 2022, 04:00 Uhr

Mit dem jüngst veröffentlichten Gutachten zur sexualisierten Gewalt im Bistum München-Freising ist die katholische Kirche wieder in den Schlagzeilen. Die Debatte um die seit Jahrzehnten verschleppte Aufarbeitung zeigt: Es geht auch um klerikale Macht. Und die liegt in der katholischen Kirche nun mal in Männerhand. Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige wendet sich klar gegen die bisherige Praxis und unterstützt das Reformprojekt Synodaler Weg, über das bis Sonntag in Frankfurt/Main beraten wird. So fordert er: Frauen sollen Priesterinnen werden können.

Das Bistum Magdeburg ist mit knapp 78.000 Mitgliedern kein Schwergewicht im deutschen Katholizismus. Und dennoch sorgt Bischof Gerhard Feige für Schlagzeilen weit über die Bistumsgrenzen hinaus. "Frauen ins Amt! - Männer der Kirche solidarisieren sich", so heißt ein Buch, in dem Feige und andere Autoren sich ungewöhnlich klar äußern. Feige kann sich Frauen als Priesterinnen vorstellen. Auch wenn die 2000-jährige Tradition der katholischen Kirche eine andere ist:

Priesterinnen aufgrund der Tradition rigoros abzulehnen, das halte ich für nicht mehr vertretbar.

Bischof Gerhard Feige

Stichwort: Synodaler Weg

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat 2019 zusammen mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz den Reformdialog Synodaler Weg ins Leben gerufen. Die fünfte und abschließende Synodalversammlung ist für 2023 geplant.

Noch bis Samstag beraten 230 Delegierte des Synodalen Wegs in Frankfurt/Main über Konsequenzen aus der Missbrauchskrise. Überschattet wird die dritte Synodalversammlung von dem neuen Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München und Freising, das ranghohen Klerikern moralisches Versagen im Umgang mit Missbrauchsopfern und -tätern attestiert. Darunter ist auch der heutige emeritierte Papst Benedikt XVI. und ehemalige Münchner Erzbischof (1977-82).

Persönlicher Sinneswandel

Die Debatte ist für die katholische Kirche keinesfalls neu: 1994 erklärte Papst Johannes Paul II., dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden. An diese Entscheidung müssten sich alle Gläubigen endgültig halten. Zu einem Ende der Debatte hat das allerdings nicht geführt. Gerhard Feige, der im letzten Jahr seinen 70. Geburtstag feierte, räumt ein, in dieser Frage einen Sinneswandel erfahren zu haben:

"Ich bin Priester geworden mit einer konkreten Vorstellung, nämlich eheloser männlicher Priester zu sein." Aber es sei nicht der Zeitgeist, der da ein Umdenken erzeugt habe, sondern eine tiefere theologische Überlegung. Auch der aktuelle Priestermangel sei kein Grund, nun über Frauenordination nachzudenken, so Feige:

"Es ist also auch nicht aus der Not heraus, weil es nicht mehr genügend männliche Wesen gibt, die Priester werden wollen, sondern weil auch die Würde der Frauen und ihre Charismen, wie wir es in der Kirche sagen, denen der Männer ebenbürtig sind. Wir brauchen konkrete Antworten auf die Gegenwart."

Umstritten in Deutschland und der Weltkirche

Tatsächlich ist dies ein Punkt, der ja schon unter den deutschen Katholiken umstritten ist. Blickt man nur wenige hundert Kilometer weiter nach Osten, in Richtung Polen etwa, dürfte das Unverständnis noch größer sein. Und natürlich wird in anderen Regionen der Welt die katholische Männertradition noch viel stärker betont. Eine Spaltung der Kirche wünscht sich Bischof Feige ausdrücklich nicht, stattdessen jedoch eine größere Vielfalt in der Glaubenspraxis:

Das Problem einer Weltkirche ist, dass sie ungleichzeitig in verschiedenen Kulturen lebt. Da müsste man versuchen, weiter zu denken, ob es nicht für einzelne Kulturen unterschiedliche Lösungen geben kann. In der westlichen Kultur ist es so, dass sich die Rolle der Frauen enorm verändert hat.

Bischof Gerhard Feige

Missbrauchskrise macht Reformstau deutlich

Mitten in der erneuten Debatte um den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche wird nun über das Thema Frauenordination debattiert. Für Feige ist das kein öffentlichkeitswirksames Ablenkungsmanöver. Dennoch gebe es einen Zusammenhang, so Feige: "Wir haben einen Reformstau. Viele dieser Themen sind schon vor Jahrzehnten formuliert und vorgebracht worden. Die Missbrauchskrise ist jetzt mit ein Anlass, dass alle diese Themen auf einmal wieder aufkommen."

Keine Austrittswelle im liberalen Bistum Magdeburg

Während in den westdeutschen Bistümern von einer verstärkten Austrittswelle berichtet wird, ist das derzeit im Bistum Magdeburg nicht zu beobachten. Die liberale Haltung des Bischofs wird von der Mehrheit der Katholiken in Sachsen-Anhalt unterstützt.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 06. Februar 2022 | 09:15 Uhr