Demonstration zum Internationalen Frauentag 8. März für Frauenrechte, Gleichberechtigung und Gleichstellung in Berlin.
Demonstration zum Internationalen Frauentag in Berlin Bildrechte: imago images/snapshot

Aktionstag für die Gleichstellung der Frau Internationaler Frauentag 2023: Wie Frauen die Welt verändern

08. März 2023, 10:49 Uhr

Am 8. März – am Internationalen Frauentag – wird seit über 100 Jahren weltweit auf Frauenrechte, die Gleichstellung der Geschlechter und Diskriminierungen aufmerksam gemacht. Trotz vieler positiver Veränderungen gibt es noch immer viel zu tun für die gelebte Gleichstellung von Frau und Mann: in Alltag, Beruf oder im Bereich der gesundheitlichen Versorgung. Ein Blick in die Geschichte – und Gegenwart.

"Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte" - mit diesem Slogan wirbt Clara Zetkin vor über hundert Jahren auf dem II. Kongress der Sozialistischen Internationale in Kopenhagen für die Gleichberechtigung von Frauen.

"Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte"

Sie fordert die Einführung eines Frauen-Kampftages ganz nach dem Vorbild der Frauenrechtsbewegungen in den USA.

Dort haben Frauen der Sozialistischen Partei Amerikas (SPA) im Jahr 1908 ein nationales Frauenkomitee gegründet, das beschließt, einen Kampftag für das Frauenwahlrecht zu initiieren. Dieser erste Frauentag in den USA, am 28. Februar 1909 wird ein Erfolg, auch weil sich bürgerliche Frauenrechtlerinnen – die so genannten Suffragetten -  den Forderungen nach dem Frauenwahlrecht anschließen und gemeinsam mit den Sozialistinnen demonstrieren.

1910 nimmt der Kongress der Sozialistischen Internationale in Kopenhagen den Gedanken eines Frauentags auf, ohne sich jedoch auf ein konkretes Datum festzulegen. Damals stimmen einhundert Frauen aus siebzehn Ländern für einen Vorschlag der deutschen Delegation – unter Vorsitz von Clara Zetkin, mit einem Frauentag, den Kampf für Frauenrechte und für das Frauenwahlrecht zu forcieren.

Im Folgejahr wird erstmals der "Internationalen Frauentag" in vier europäischen Ländern begangen: in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn, der Schweiz, sowie in den USA. Dieser erste offizielle Internationale Frauentag ist jedoch noch am 19. März und wird zur machtvollen Demonstration, bei der nahezu eine Millionen Frauen Gleichberechtigung im Arbeitsleben, das allgemeine Wahlrecht und mehr politische Teilhabe fordern. 1912 schließen sich Frauen aus Frankreich, Schweden und den Niederlanden, 1913 auch russische Frauen an.

Neues Datum für "alten" Kampftag

Darüber, wie sich schließlich der 8. März als Datum für den Internationalen Frauentag durchsetzt, gibt es verschiedene Versionen. Die wahrscheinlichste ist die vom Streik der Frauen des Petrograder Rüstungsbetriebs Putilow.

Dort wird angesichts der wachsenden Hungersnot infolge des Ersten Weltkriegs am letzten Februar-Wochenende 1917 zum Kampftag aufgerufen. Unter dem Motto "Für Brot und Frieden“ weitet sich der Streik der Petrograder Frauen bis zur "Februarrevolution" aus. Die Demonstration findet nach Gregorianischem Kalender jedoch nicht im Februar, sondern am 8. März 1917 statt.

Im Gedenken an diesen Frauen-Protest in Petrograd soll auf der "Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen", 1921 in Moskau - auf Vorschlag der bulgarischen Delegation - der 8. März als internationaler Gedenktag eingeführt worden sein.

Offizielle Anerkennung Den 8. März erklärt die UNO - im Rahmen des "Internationalen Frauenjahrs" 1975 - schließlich zum "International Women’s Day“. Zwei Jahre später - im Dezember 1977-  proklamierte ihn die UNO-Generalversammlung offiziell zum "Tag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden" und forderte, dass er künftig jährlich in jedem Mitgliedsland begangen werden soll.

In vielen Ländern ist der 8. März heute ein gesetzlicher Feiertag – darunter einige Staaten Afrikas, aber auch in Russland, der Ukraine, in Vietnam und der Mongolei.

Einzig das Land Berlin erklärte den 8. März zum jährlich arbeitsfreien Feiertag: Am 24. Januar 2019 wurde eine entsprechende Änderung des Feiertagsgesetzes verabschiedet.

In Deutschland wird die wichtigste Forderung - das Frauenwahlrecht - nach Ende des Ersten Weltkriegs durchgesetzt. Am 12. November 1918 wird über 17 Millionen deutschen Frauen das allgemeine Wahlrecht gewährt – zwei Monate später, am 19. Januar 1919, dürfen sie erstmals landesweit wählen und sich selbst zur Wahl stellen.

Doch das politische Klima in Deutschland verschlechtert sich und die Nationalsozialisten verbieten den Frauentag 1933. Sie setzten auf den Muttertag, der das Ideal der deutschen Familie preist.

Frauentag Ost/West

Nach 1949 gibt es nicht nur zwei deutsche Staaten, auch den Frauentag begeht man auf unterschiedliche Weise. In der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone wird der 8. März schon zwei Jahre nach Kriegsende wieder gefeiert. Der Kampftag verwandelte sich unter dem Motto "Gruß und Dank den Frauen" ab den 1950er-Jahren zum staatlich verordneten Ehrentag, bei dem Frauen von Männern für ihre Unterstützung beim Aufbau des Sozialismus ausgezeichnet werden.

In der Bundesrepublik hingegen gewinnt der Frauentag erst Ende der 1960er-Jahre wieder an Bedeutung. Auf Protestmärschen fordern Frauen nicht nur ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit von den Männern. Sie wollen vor allem über ihren eigenen Körper selbst bestimmen, was auch bedeutet, legal abtreiben zu dürfen. Genau dieses Recht aber stellt der Paragraf 218 bis heute in Frage, die Debatte darum polarisiert bis heute.

Gender-Gap und #MeToo-Debatte

In den letzten 100 Jahren wurde viel erreicht: vor über 100 Jahren wird das allgemeine Frauenwahlrecht eingeführt, den Gleichstellungsartikel gibt es seit über 70 Jahren im Grundgesetz (1954) - in der DDR schon seit 1949 - und vor über 60 Jahren tritt das Gleichberechtigungsgesetz (1958) in Kraft.

Dennoch: eine echte Gleichstellung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gibt es noch immer nicht. Heute kämpfen Frauen um die Verwirklichung der Chancengleichheit, um gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben und an politischen Entscheidungsprozessen.

Auch wenn Frauenquoten in Politik und Wirtschaft so manchem männlichen Kollegen aufstoßen: Noch immer versuchen viele Frauen den Spagat zwischen Familie und Beruf, was oft einen beruflichen Aufstieg erschwert. Und noch immer verdienen Frauen in Deutschland deutlich weniger als Männer in gleichen Berufen, wie der "Equal-Pay-Day" oder "Tag der Entgeldgleichheit zwischen Frauen und Männern" auf das deutlichste zeigt. (Deutschland liegt mit 19 Prozent Unterschied noch immer über dem EU-Durchschnitt)

Auch die Offenlegung von Gewalt gegen Frauen durch die #MeToo-Debatte oder das Einfordern einer gendergerechten Sprache bestimmen in den letzten Jahren den gesellschaftlichen Diskurs. Es gibt noch viel zu tun in den nächsten Jahren. Denn erst wenn ein solcher Frauentag nicht mehr nötig sein sollte – wenn nicht nur an einem Tag im Jahr Frauenrechte explizit auf der Agenda stehen, wird man von wirklicher Gleichberechtigung sprechen können.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 03. Februar 2022 | 22:40 Uhr

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