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ZusammenhaltWas tun, wenn Corona Freundschaften und Beziehungen spaltet?

14. März 2022, 13:28 Uhr

Am 20. März sollen viele Regeln, die uns seit Beginn der Coronavirus-Pandemie begleiten, gelockert werden. Gleichzeitig erreichen die Infektionszahlen neue Höchstniveau. Die Coronavirus-Pandemie sorgt auch zwei Jahre nach Beginn für Konflikte unter Freunden und in der Familie und entzweit die Gesellschaft. Wie geht man damit um?

Richard Z. ist mit Verschwörungsmythen aufgewachsen. Es dauert Jahre, bis er sich vom Weltbild seines Vaters lösen kann. Den Weg aus den Verschwörungen hinaus hat ihm ein befreundeter Kollege bereitet. Er konfrontierte Richard immer wieder mit seinen Ansichten. 

Mein Kollege hat angefangen, alles zu hinterfragen: 'Wie meinst du das?' Da schafft man es nicht, sinnvoll zu argumentieren. Ich musste am Ende mein ganzes Weltbild hinwerfen.

Richard Z.

Argumentieren teils unmöglich

Das Verhältnis zu Richards Vater und zu seinem Bruder, der ebenfalls Verschwörungs-Mythen anhängt, verschlechterte sich zunehmend. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie eskalierte der Konflikt, erzählt Richard Z.: "Überall war Hass, jeder wusste alles besser. Bei meinem Bruder und Vater herrschte Einigkeit: Wir werden auf jeden Fall verarscht."

Auch Richards Mutter ist davon überzeugt, dass die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie zu radikal sind, dass die Menschen zu sehr darunter leiden. Doch mit ihr gelingt es Richard Z., trotz unterschiedlicher Ansichten im Gespräch zu bleiben.

Was heißt "querdenken"?

Marcus Fuchs auf einer Demonstration von "Querdenken Dresden" Bildrechte: MDR/Dirk Heth

Marcus Fuchs lebt in einem Dorf in der Nähe von Dresden. Der 32-Jährige arbeitet als IT-Experte. Vor der Coronavirus-Pandemie bezeichnete er sich selbst eher als "unpolitischen" Menschen. Seit Pandemiebeginn hater aber das Gefühl, dass im Staat etwas grundliegend etwas schief laufe. Deswegen gründet er "Querdenken Dresden".

Marcus Fuchs leugnet nicht die Existenz des Coronavirus. Aber er glaubt, dass die Gefahren überschätzt werden, die Maßnahmen der Regierung zu radikal sind und die Demokratie beschädigen.

Wir wollen den Diskurs in der Gesellschaft ermöglichen. Das bedeutet, dass wir niemanden ausgrenzen dürfen, sonst erzeugen wir wieder eine Spaltung.

Marcus Fuchs | Querdenken Dresden

Ein Hauptkritikpunkt an der "Querdenker"-Bewegung ist, genau diese Spaltung zu betreiben. Seit sich Marcus Fuchs für "Querdenken" engagiert, haben sich viele seiner alten Freunde von ihm abgewandt, erzählt er: "Zwei Drittel meines vorherigen Freundeskreises, zu denen habe ich kaum oder keinen Kontakt mehr. Ich bin etwas enttäuscht, dass die die Kehrseite der aktuellen Politik nicht sehen."

Verschwörungsmythen verschwinden nicht

Tobias Meilicke ist Leiter der Veritas, einer Beratungsstelle für Betroffene von Verschwörungserzählungen in Berlin. Er rät dazu, den Kontakt zu den betroffenen Personen so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. "Je mehr wir uns von diesen Personen lossagen, desto mehr treiben wir sie die Isolation. Das heißt, sie sind nur noch Teil der verschwörungsgläubigen Szene. Das macht den Ausstieg sehr schwer, weil es keine Brücken mehr ins alte Leben gibt."

Tobias Meilicke befürchtet, dass Verschwörungserzählungen eine langfristige Herausforderung für Familien, Freundinnen und Freunde bleiben: "Verschwörungserzählungen werden uns langfristig beschäftigen, weil es sehr viele Informationen gibt, die wir nicht schnell überprüfen können. Und es gibt inzwischen sehr viele Menschen, die an Verschwörungen glauben."

BuchtippWoher kommt die Vehemenz in der Auseinandersetzung? Wie gehen wir damit um, als Einzelne, als Gesellschaft? Welche Strategien gibt es, wieder ins Gespräch zu kommen oder soll man es einfach lassen?

Pia Lamberty, Katharina Nocun:
Fake Facts: Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen
Quadriga, 2020
ISBN 978-3-86995-095-2

Pia Lamberty, Katharina Nocun:
Gefährlicher Glaube: Die radikale Gedankenwelt der Esoterik
Quadriga; 25. Februar 2022
ISBN: 978-3869951119

Mehr zum Thema: Verschwörungserzählungen

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Nah dran - Beziehungskrisen: Wie Corona spaltet | 17. März 2022 | 22:40 Uhr