Gemeinschaft, Glaube und TraditionWelterbe-Titel in die Oberlausitz - Warum der Herrnhuter Stern in aller Welt leuchtet
Jedes Jahr zur Adventszeit erstrahlen rund um den Globus Herrnhuter Sterne in Straßen, Häusern und Kirchen. Seinen Namen verdankt der Stern der Herrnhuter Brüdergemeine. Deren Mitglieder kamen vor rund 300 Jahren als protestantische Glaubensflüchtlinge in die sächsische Provinz. Heute leuchtet der Exportschlager aus der Oberlausitz in Grönland genauso wie in einem Flüchtlingscamp in Malawi, im US-amerikanischen Bethlehem oder auf dem Sternberg in Palästina. Die UNESCO hat nun die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine in Ostsachsen als Welterbe ausgezeichnet.
Inhalt des Artikels:
- Exportschlager: Aus Herrnhut in die Welt
- 1722: Glaubensflüchtlinge unter des Herren Hut
- 1821: Legende vom ersten Stern
- Erster Großauftrag geht nach Bethlehem, Pennsylvania
- Mission bis in den hohen Norden nach Grönland
- Missionsarbeit heute: Nothilfe für Flüchtende in Malawi
- Star Mountain Center in Ramallah: Inklusion und Versöhnung
- "Die Botschaft ist klar"
Im Gotteshaus der Brüdergemeine in Herrnhut wird alljährlich kurz vor dem ersten Advent ein ganz besonderer Stern hervorgeholt. 110 gelbe Zacken hat er: "Nicht jede einzelne ganz perfekt, dafür ergeben sie zusammen ein sehr schönes Bild", freut sich Matthias Clemens.
"Viele haben daran mitgebaut: Kindergartenkinder, Zinsendorfschülerinnen, Förderschüler, Altenheimbewohner, ganze Familien", erzählt Katharina Cain. Beide gehören zum Team der Gemeine, das nochmal jeden Zacken prüft, bevor der Stern im Kirchensaal in einer aufwendigen Zeremonie gehangen wird. Für Katharina Coin symbolisiert der Stern die Weihnachtsgeschichte und erinnert zugleich an die Werte der Brüder-Gemeine, zu der sie erst seit kurzem gehört.
Ich habe das selber erlebt, wie herzlich man hier aufgenommen wird. Das warme, gelbe Licht des Sterns transportiert das für mich; dass man offen ist.
Katharina Cain | Mitglied der Brüder-Gemeine, Religionslehrerin
Wenn der gelbe Sterne von der Decke des Kirchensaals strahlt, dann beginnt die Advents- und Weihnachtszeit in dem kleinen Ort in der Oberlausitz – und nicht nur dort.
Exportschlager: Aus Herrnhut in die Welt
Jedes Jahr zur Adventszeit geht ein Leuchten durch die Welt. Denn der Stern aus Herrnhut ist schon lange ein Exportschlager. Mitten in der sächsischen Provinz steht die Manufaktur, die Herrnhut zu einer Marke gemacht hat. Mittlerweile werden dort 700.000 Sterne pro Jahr produziert, jeder einzelne von Hand. 165 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter falzen und kleben die traditionellen Modelle aus Papier. Lediglich die Fertigung der Kunststoff-Kreationen haben Maschinen übernommen. Bis jeder Handgriff sitzt, braucht es mindestens ein halbes Jahr lang Einarbeitungszeit.
Symbol für Gemeinschaft, Glauben und Tradition
Dass der Herrnhuter Stern bis heute nicht nur in der Oberlausitz leuchtet, sondern auch in Königsfeld im Schwarzwald, in Grönland genauso wie im US-amerikanischen Bethlehem, auf dem Sternberg in Palästina oder in einem Flüchtlingscamp im afrikanischen Malawi hat mit seiner Geschichte zu tun, die eng mit den Glaubensgrundsätzen der Herrnhuter Gemeine verbunden ist.
1722: Glaubensflüchtlinge unter des Herren Hut
Nikolaus Ludwig Reichsgraf von Zinzendorf gilt als Gründer der Gemeine, gab er doch protestantischen Glaubensflüchtlingen aus Böhmen und Mähren während der katholischen Gegenreformation im Habsburger Reich auf dem Boden seiner Gutsherrenschaft Berthelsdorf in der Oberlausitz 1722 Asyl. "Unter des Herrn Hut" sollten sie ein neues Zuhause und zusammen mit anderen Glaubensdissidenten eine ökumenische Gemeinschaft finden, in der Unität. Vereint in Vielfalt und Gleichheit, wie Pfarrerin Erdmute Frank betont: "Im Grunde verstehen wir uns wirklich als Brüder und Schwestern."
So gebe es in dem schlichten, weißen Kirchensaal von Herrnhut weder Kanzel noch Altar, denn es solle nicht von oben herab gepredigt werden, erklärt sie. Und:
Ich liebe den Ausspruch von Graf Zinzendorf, der meinte, wenn Menschen im Saal sind, dann ist der Saal geschmückt. Das heißt jeder Mensch, der hierher kommt, ist ein Schmuckstück.
Erdmute Frank | Pfarrerin
1821: Legende vom ersten Stern
Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts gingen die ersten Herrnhuterinnen und Herrnhuter weltweit auf Mission. Zurück blieben oft deren Kinder, die in Internaten aufwuchsen. Der Legende nach war es ein Mathelehrer aus Niesky, der sie mit dem Stern aus der Weihnachtsgeschichte trösten, aber auch geometrische Formen lehren wollte. Bildung war der Gemeine von Beginn an ein hohes Gut. So wurde also der erste Herrnhuther Stern gebaut: mit 25 Spitzen, 17 viereckigen und acht dreieckigen Zacken. Am 6. Januar 1821 soll er zum ersten Mal geleuchtet haben.
Erster Großauftrag geht nach Bethlehem, Pennsylvania
Eine robuste Version mit einem Körper aus Blech und Schienen zum Aufschieben der Papierzacken entwickelte 1897 der ortsansässige Buchbinder Pieter Hendrik Verbeek. Er begann, die zusammensteckbaren Sterne in Serie zu produzieren. Der erste Großauftrag ging in die USA, nicht von ungefähr. Noch heute gibt es fast in jedem Bundesstaat eine Gemeine, die größte in Bethlehem in Pennsylvania.
Mission bis in den hohen Norden nach Grönland
Die Herrnhuter Missionare, meist Handwerker, nahmen ihren Stern einst mit bis in den hohen Norden nach Grönland. Als Erinnerung an Zuhause und als Zeichen ihres Glaubens. In abgewandelter Form und Farbe bringt der Stern bis heute zur Adventszeit Licht und Wärme in die Häuser der Hauptstadt Nuuk. Dass diese Tradition überdauerte, obwohl die letzten Herrnhuter Missionare das Land um 1900 verließen, begründet Pfarrerin Erdmute Frank damit, dass nicht das Predigen, sondern Fürsorge, etwa Schulen und Gesundheitsvorsorge die Missionsarbeit bestimmt hätten. Der Geschichtsarchäologin Kirstine Møller zufolge lernten die Herrnhuter die Sprache und Gebräuche der Inuit, passten sich ihrer Lebensweise an. Dass sich ihr Alltag in der Gemeinschaft abspielte, "passte mehr zum Lebensstil der Inuits, während für die Dänen vor allem harte Arbeit wichtig war", so Møller.
Missionsarbeit heute: Nothilfe für Flüchtende in Malawi
Die Idee der Mission wandelte sich weiter, heute steht die soziale Arbeit im Fokus, auch die Flüchtlingshilfe. Vergessen ist nicht, dass die ersten Herrnhuter selbst als Migranten nach Sachsen kamen. So engagiert sich die Herrnhuter Missionshilfe im größten Refugee Camp Malawis. Für 10.000 Menschen konzipiert, leben heute 50.000 im Dzaleka-Flüchtlingslager, wie Projektmanagerin Belinda Gondle Mzembe erklärt:
"Die meisten kommen aus der Demokratischen Republik Kongo, aber auch aus Burundi, Ruanda oder Äthiopien. Die Hälfte von ihnen sind Kinder. Bisher gab es für sie nur eine Schule. Jetzt wird eine weitere für die größeren entstehen, auch eine Grundschule und ein Kindergarten sind geplant. Bildung ist wichtig, damit sie eine Zukunft haben."
Star Mountain Center in Ramallah: Inklusion und Versöhnung
Millionen Herrnhuter Sterne gibt es heute weltweit, ein großer leuchtet alljährlich auch in Ramallah, auf dem Sternberg, 25 km nördlich von Jerusalem, mitten im palästinensischen Autonomiegebiet.
Mit dem "Star Mountain Center" betreibt die Herrnhuter Missionshilfe dort ein Förderzentrum für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie christlichen oder muslimischen Glaubens sind. Sie lernen und arbeiten gemeinsam, um später ein möglichst selbständiges Leben zu führen. Das Star Mountain Center Zentrum soll ein friedensstiftender Ort sein, dort, wo ein Stern den Heiligen Drei Königen den Weg zur Krippe erleuchtet haben soll.
Der Stern ist ein Symbol für Hingabe, für Schutz und Hoffnung. Wir können es uns nicht leisten, nicht zu hoffen.
Sumaya Farhat-Naser | Palästinensische Christin und ehemalige Leiterin des Sternberg Centers
"Die Botschaft ist klar"
Das Förderzentrum in Ramallah arbeitet mit der Johann-Amos-Comenius Schule in Herrnhut zusammen, die sich ebenfalls um Kinder mit Behinderung kümmert. Katharina Cain unterrichtet dort Religion. Jedes Jahr zur Adventszeit erzählt sie ihren Schülern vom Ursprung des Herrnhuter Sterns und seiner Botschaft. In Herrnhut gehört sie wie Matthias Clemens, der Revierförster ist, mit zum Team, das sich um den großen Stern für den Kirchsaal kümmert. Jede Zacke wird noch einmal von Hand geprüft, bevor der Stern in einer aufwendigen Zeremonie gehangen wird – und die Advents- und Weihnachtszeit beginnt.
Der Stern ist erstmal ein Stück Heimat für mich. Aber die Botschaft ist ganz klar: Es ist die dunkle Jahreszeit und es kommt ein warmes Licht. Gerade in diesem Jahr haben wir so viel Frust und Streit durch Corona – und es wird trotzdem Weihnachten.
Matthias Clemens
Ein Herrnhuter Stern strahlt für alle Menschen. Egal, welcher Religion, Kultur oder Nation sie angehören. Die UNESCO hat nun die sächsische Kleinstadt Herrnhut als Teil der Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine als neues Welterbe ausgezeichnet. Das zuständige Komitee der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (UNESCO) gab die Entscheidung auf seiner 46. Sitzung im indischen Neu-Delhi bekannt.
"Die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine stehen für den kulturellen und geistigen Austausch über Ländergrenzen und Kontinente hinweg", sagte Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission. "Sie sind in Vielfalt vereint und damit ein Sinnbild für die Welterbe-Idee."
Stichwort: Brüdergemeine - Aus der Oberlausitz in die Welt
Die Herrnhuter Brüdergemeine hat ihre Vorläufer bereits im 15. Jahrhundert. Damals haben sich Gläubige von der Römisch- Katholischen Kirche abgespalten und als Brüder-Unität in Böhmen und Mähren niedergelassen. Während der Gegenreformation im Habsburger Reich wurden sie als christliche Minderheit verfolgt und mussten fliehen. So kamen sie 1722 als protestantische Glaubensflüchtlinge in die Oberlausitz, ins lutherische Sachsen. Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf bot ihnen Asyl und sie durften sich auf seinem Landbesitz ansiedeln.
Bis heute ist Herrnhut der Stammsitz der evangelischen Brüdergemeine.
In Deutschland ist die Herrnhuter Brüdergemeine mit etwa 6.000 Mitgliedern in 16 Gemeinden präsent, in Herrnhut gehören ihr 570 Menschen an.
Unter dem englischen Namen "Moravian Church", der zurückgeht auf die mährischen Anfänge, gibt es noch heute in fast jedem Bundesstaat Gemeinen. In Malawi gibt es neun Brüdergemeinen, die ihre Wurzeln in der einstigen Missionsarbeit der Herrnhuter haben
Fakten rund um den Herrnhuter Stern
*Jeder Stern ist individuell. Doch eines muss das Original immer haben: 25 Sternspitzen mit 17 viereckigen und acht dreieckigen Zacken.
*Seinen Ursprung und seinen Namen verdankt er der Herrnhuter Brüdergemeine, einer evangelischen Glaubensgemeinschaft. Deren Mitglieder kamen vor 300 Jahren als Glaubensflüchtlinge in die sächsische Provinz.
*Hergestellt wird der Stern seit 1897 in einer Manufaktur, die den Ort bald zu einer Marke machen sollte, rund um den Globus.
*Das kleine Unternehmen überstand einige wirtschaftliche und politische Turbulenzen. Zu DDR Zeiten wurde der Betrieb erst verstaatlicht, 1968 dann reprivatisiert und an die Brüder-Unität zurück übertragen. Ein einmaliger Vorgang. 90 Prozent der Produktion gingen gegen Devisen in den Export. Damals wie heute gehört die Manufaktur der Herrnhuter Brüdergemeine, die mit einem Teil der Gewinne Hilfsprojekte in der ganzen Welt unterstützt. Gefertigt wird auch in Kooperation mit mehreren Werkstätten für Menschen mit Behinderung aus der Region, die Komponenten zuliefern.
*Mittlerweile produziert die Manufaktur 700.000 Sterne pro Jahr. Die ersten waren Weiß und Rot, als religiöses Symbol für die Reinheit und das Blut Christi. Doch schon bald gab es Modelle in mehreren Farbvarianten und Größen. Die Form ist jedoch geblieben.
110 Zacken: Der erste seiner Art 1821
Wenige Jahre nach Gründung der Brüder-Unität begann Mitte des 18. Jahrhunderts die Missionsarbeit. Die Kinder im schulfähigen Alter besuchten Internate, beispielsweise die Knaben- und Mädchenanstalt in der Kolonie Kleinwelka oder das Pädagogium im Niesky. Zum 50. Jubiläum der Unitäts-Knabenanstalt in Niesky soll erstmals ein beleuchteter Stern mit 110 Zacken im Hof gehangen haben, nicht im Advent, sondern zum Dreikönigsfest am 6. Januar 1821. Später soll das Sternebasteln in den Internaten angefangen haben.
Traditionell leuchtet der Herrnhuter Stern vom ersten Advent bis zum 6. Januar. Nicht nur in Kirchen. Seit 2010 schmückt ein 2,50 Meter großer den Berliner Dom und das Bundeskanzleramt. Die Sterne in der Dresdner Frauenkirche sollen Frieden, Hoffnung, Versöhnung und Zukunft am weihnachtlichen Abendhimmel stiften. Auch in der größten Kathedrale Englands in Liverpool leuchtet seit 2010 ein Herrnhuter Stern.
Das Patent: 1897
Der Geschäftsmann Pieter Hendrick Verbeek war dann der erste, der in seinem Herrnhuter Buch-, Kunst-, Musikalien- und Papiergeschäft einen Modellbogen zum Zusammenbauen eines Sternes anbot. 1897 ließ er sich die Idee zu einer robusteren Version, mit einem Körper aus Blech und Schienen, patentieren. Er schloss ein Vertrag mit der Brüder-Unität, gründete eine Papierwaren- und Kartonagenfabrik und begann die Original Herrnhuter Sterne zu produzieren und zu vertreiben. Nach einer Verbesserung der Konstruktion kamen nicht mehr Metall-, sondern Papprähmchen zum Einsatz.
Wie damals muss auch noch heute ein echter "Herrnhuter" mindestens 25 Zacken haben, 17 viereckige und acht dreieckige, und von seinem Besitzer selbst zusammengebaut werden.
Tröstlich? Mathe im Advent
Die Kinder der Missionare erhielten eine theologische Grundausbildung und lebten in Internaten. Dort war zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Sternebasteln zur Weihnachtszeit eine feste Tradition geworden. Ein Mathematik-Lehrer in Niesky hatte der Legende nach die Idee dazu und ließ seine Schüler die ersten Sterne basteln, um ihnen geometrische Formen beizubringen. So zeigte er ihnen, wie man Flächen räumliche Körper macht, nämlich pyramidenförmige, die aneinander gereiht einen Stern ergaben. Gegen das Heimweh im Advent half der fertige, leuchtende Stern dann sicher auch.
Mission Grönland: Von Sprache und Musik
Graf von Zinzendorf (1700-1760) war verwandt mit dem dänischen König und wollte ihn bei der Mission der Kolonie Grönland unterstützen. Laut dem Historiker Thorkild Kjaergard stand dann im Alltag aber weniger die Bekehrung im Mittelpunkt.
Einer der Missionarssöhne, Sebastian Kleinschmidt (1814-1886), war fasziniert von der Sprache der Inuit und der erste, der sie erforschte. 1863 publizierte er eine Grammatik der grönländischen Sprache, so Kjaergard: "Ein absolutes Meisterwerk der Sprachwissenschaft. Und das ist hier entstanden, in diesem Haus." So habe Kleinschmidt geholfen, die Sprache der Inuit zu bewahren. Gemeinsam mit dem dänischen Kolonialinspektor Hinrich Johannes Rink, so Kjaergard, gehörte Kleinschmidt zu den ersten Reformatoren des Kolonialsystems.
Die sächsischen Missionare hinterließen den Inuit nicht nur ein Regelwerk ihrer Sprache, sie brachten auch Trompeten und Geigen mit. Kirchenmusik war ein wesentlicher Grund, warum sich die Grönländer fürs Christentum begeistern ließen. Ihre eigenen Instrumente, etwa die Trommel als Teil ihrer spirituellen Kultur, wurde allerdings unterdrückt.
Täglich eine "Losung"
Genauso weltberühmt wie die Sterne sind die "Losungen", die die Herrnhuter Brüdergemeine jedes Jahr in über 50 Sprachen herausgibt. Sie bestehen aus jeweils zwei Bibelversen, einem aus dem Alten und einem aus dem Neuen Testament. Ergänzt werden sie durch einen Liedtext oder ein Gebet. Die alttestamentliche Losung wird "ausgelost", also per Zufall generiert, dann werden die anderen Texte dazu thematisch passend ausgesucht.
Graf Zinzendorf hatte nach einem Gottesdienst, der aus Liedern zu einem christlichen Thema bestand, den Gläubigen eine "Losung" mit auf den Heimweg gegeben. Seitdem hatte jeder Tag eine "Losung", die Halt im Alltag geben sollte und zum Glauben inspirieren.
1731 gab er das erste "Losungsbuch" heraus. Im Archiv der Brüderunität finden sich viele historische Exemplare.
Konfessionelle Vielfalt in der Oberlausitz
Herrnhut liegt im Gebiet des so genannten Oberlausitzer Sechsstädtebundes, der von 1346 bis 1815 bestand und die Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau umfasste. Diese und die Rittergutsbesitzer konnten in Religionsangelegenheiten weitgehend eigenständig entscheiden. Martin Luther ist zwar dort nie gewesen, doch setzten sich seine reformerischen Vorstellungen in der gesamten Region früh durch. Schon 1521 und 1540 wurden dort lutherische Prediger angestellt.
Nur die Zisterzienserinnenklöster St. Marienstern und St. Marienthal, das Kloster der Magdalenerinnen in Lauban und das Domstift Bautzen widersetzten sich der Reformation und konnten auch ihre Untertanen überwiegend beim katholischen Glauben halten.
Das bedeutete auch, dass sich in der Oberlausitz eine außergewöhnlich aufgefächerte konfessionelle Vielfalt entwickelte. Nach der Teilung der Oberlausitz 1815 folgte die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens der Lehre Luthers
Stichwort: Zinzendorf und Herrnhut
Der Zimmermann Christian David ersuchte den vom Pietismus geprägten, ehemaligen Schüler August Hermann Franckes, Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, 1721 um die Aufnahme von zehn mährischen Glaubensflüchtlingen auf seinem Gut im sächsischen Berthelsdorf.
1727 lebten dort schon fast 300 Menschen. Nur die Hälfte von ihnen waren mährische Exulanten, die andere Hälfte setzte sich zusammen aus Separatisten und protestantischen Außenseitern, was auch zu Spannungen führte. Dennoch kam es am 13. August 1727 zur "Verbrüderung" bei einem gemeinsamen Gottesdienst. Noch heute feiert die Gemeine diesen Tag als Gründungsdatum der erneuerten Brüder-Unität.
Ausgleichend auf die gegensätzlichen Glaubensanschauungen haben auch die Statuten gewirkt, welche Zinzendorf kurz zuvor erlassen hatte: "Weil es nicht zu vermuten ist, daß alle Einwohner in Herrnhut einerlei Sinn nach Christo haben, so wird davon nur ein redlich Bekenntnis verlangt, und alsdann einem jeden von den Statuten soviel zu unterschrieben gegeben, als sich für ihn schickt."
Seit der Gründung der Herrnhuter Gemeine widmete sich Zinzendorf fast ausschließlich der Gemeindearbeit. Nachdem er seine Anstellung im Dienste Sachsens aufgegeben hatte, trat der theologische Autodidakt 1734 in den geistlichen Stand ein. 1737 empfing er in Berlin die Bischofsweihe.
Ein Jahr zuvor war er aufgrund seiner beständigen Aufnahme von Exulanten aus Kursachsen verbannt worden. Zinzendorf begann ausgiebig zu reisen. Neben einem Aufenthalt bei Friedrich Wilhelm I. in Preußen führten ihn seine Fahrten bis in die Neue Welt.
(Redaktionelle Bearbeitung: Katrin Schlenstedt)
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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 24. Juli 2024 | 08:53 Uhr