11. November 2024Was wir am Martinstag feiern: Vom geteilten Mantel und verräterischen Gänsen
Mit einem Bettler teilte er seinen Mantel, er gilt als Wohltäter und soll Kranke geheilt haben. Er war römischer Soldat, dann Christ und Mönch, schließlich Bischof von Tours. Dorthin soll er nach seinem Tod mit einer großen Lichterprozession überführt und am 11. November 397 beigesetzt worden sein. Martinstag feiern heute katholische wie evangelische Gemeinden, wurde doch Luther einen Tag nach seiner Geburt am 11. November 1483 auf den Namen des Heiligen Martin getauft.
Inhalt des Artikels:
Der Martinstag ist immer am 11. November. 2024 fällt der Festtag auf einen Montag.
Christliche Gemeinden, Kindergärten und Schulen laden zum "Laternegehen" oder der katholischen Tradition folgend zum Sankt-Martinsumzug ein. Gesungen werden dazu Lieder wie "Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind" oder "Ich geh mit meiner Laterne". Oft enden die Umzüge, stilecht am besten angeführt von einem Reiter zu Pferde und im Mantel, beim Hörnchen-Teilen am Martinsfeuer. Denn darum geht es: ums Teilen, das verbindet. So gibt das Kindermissionswerk "Die Sternsinger" unter diesem Leitwort Vorlesegeschichte oder Bastelanleitung für Laternen heraus.
Martini in Erfurt: Ein besonderes Fest
Legende vom geteilten Mantel
Zurück gehen diese Bräuche am Martinstag auf eine Begebenheit, die sich im Jahr 334 im französischen Amiens ereignet haben soll: Ein junger römischer Soldat ritt auf das Stadttor zu. Dort saß ein frierender Bettler. Aus Mitleid teilte der junge Mann seinen Mantel mit dem Schwert, um dem Bettler eine Hälfte abzugeben. In der Nacht darauf erschien ihm Jesus Christus im Traum und gab sich als der Bettler zu erkennen, dem er seinen halben Mantel geschenkt hatte. Martin, der wohl als Sohn eines römischen Offiziers um das Jahr 316 im heutigen Ungarns geboren wurde, ließ sich daraufhin taufen und wurde Schüler des Bischofs Hilarius von Portiers.
Martin von Tours: Römischer Soldat, Bischof wider Willen und Heiliger
Dafür schied er aus dem Militärdienst aus und lebte fortan als Einsiedler, Mönch und Klostergründer, bis er gegen seinen Willen zum Bischof von Tours berufen werden sollte. Auch damit ist eine Legende verbunden. Sie erzählt, dass Martin sich in einem Gänsestall versteckte, um sich dem Amt zu entziehen, jedoch durch das Gänsegeschnatter verraten wurde. Als Bischof behielt er das asketische Leben bei, das er als Mönch geführt hatte. Er lebte demnach in einer Holzhütte vor der Stadt. Dort enstand später das Kloster Marmoutier. Er missionierte, kämpfte gegen keltische Kulte und fällte wie Bonifatius kultisch verehrte Bäume. Weil er Menschen heilte und Dämonen austrieb, wurden ihm außergewöhnliche Kräfte zugeschrieben. Am 8. November 397 starb Martin, am 11. November wurde er beigesetzt.
Der französische Aristokrat Sulpicius Severus schrieb die erste Biografie über Martin von Tours, sodass er über die Grenzen des Frankenreiches hinaus bekannt wurde. König Chlodwig bestimmte Martin zum Nationalpatron der Franken. Zudem gilt er als Schutzpatron der Winzer, Weber oder Schneider.
Martinsgans und Martinsminne
Neben der Legende von den schnatternden Gänsen, die Martin in seinem Versteck verrieten, gibt es noch einen anderen nahe liegenden Grund dafür, das Federvieh am Martinstag als Festmahl zu verspeisen: Der Martinstag war während vergangener Jahrhunderte besonders auf dem Land von Bedeutung. Die Ernte war eingebracht, der Wein gekeltert und die Knechte und Mägde bekamen ihren Lohn. Das Wirtschaftsjahr war abgeschlossen. Das bedeutete aber auch, dass Pacht und Zinsen fällig waren. Diese Abgaben wurden von den Bauern zum Teil in Naturalien bezahlt, auch in Gänsen.
Außerdem beginnt mit dem 11. November die vorweihnachtliche Fastenzeit. Der Beginn des Karnevals ist daher ursprünglich nicht aus der Zahlenkombination 11.11. zu erklären, sondern bezieht sich auf den Übergang zum Fasten. Davor wurde verzehrt, was dem Fastengebot unterlag, auch die übers Jahr gemästeten Gänse. Das gleiche gilt für den ersten Wein eines Jahrgangs, die sogenannte Martinsminne, der in der Regel um den Gedenktag herum fertig wurde.
Laternenumzüge
Die Laternenumzüge haben ihr Vorbild in der liturgischen Lichterprozession ("Luccernarium", d.h. die Zeit des Lampen Anzündens) während der ersten Vesper am Vorabend eines hohen Feiertages. Zur Überlieferung, dass eine Lichterprozession Martins letzten Weg zur Beisetzung am 11. November begleitete, kommt die Leseordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder im Ablauf des Kirchenjahrs. Für den 11. November heißt es darin, dass der Glaube nicht versteckt, sondern wie ein helles Licht in die Welt getragen und "nicht unter den Scheffel gestellt" werden soll. Da Luther die Perikopenordnung, also die Leseordnung beibehielt, bestanden das Martinbrauchtums mitsamt den Lichterumzügen auch nach der Reformation fort. Und so gibt es sowohl in katholischen wie evangelischen Gemeinden St.-Martins-Umzüge mit Lichtern und Lampions.
Auch spätherbstliche Licht- und Feuerbräuche spielen hinein: Kinder bastelten sich traditionell Fackeln aus Stroh und Laternen aus ausgehöhlten Rüben, mit denen sie umher zogen. Die Martinsumzüge mit St. Martin zu Pferd bürgerten um die die Wende des 19./20. Jahrhunderts ein.
Der andere Martin
In der evangelischen Kirche wird der 11. November auch als Namens- und Tauftag des Reformators Martin Luther gefeiert, der am 10. November 1483 das Licht der Welt erblickt hatte. Deswegen wird in Erfurt – der Stadt, in der Luther als Mönch lebte und studierte –, schon am 10. November "Martini" gefeiert. Seit 1972 organisieren katholische und evangelische Gemeinde das Fest gemeinsam auf dem Domplatz.
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Thüringen Journal | 10. November 2022 | 19:00 Uhr