Thema der Woche Kann Glaube heilen?

26. November 2015, 15:33 Uhr

Glaube kann Berge versetzen, sagt der Volksmund. Aber kann er auch Krankheiten heilen – tödliche Krankheiten wie Krebs oder Aids? Neueste Forschungen aus den USA scheinen die heilende Wirkung des Glaubens zu bestätigen, doch die Wissenschaftler, allen voran die Schulmediziner, sind sich uneins. Tina Murzik-Kaufmann über den Glauben als Medikament.

Kann Glaube heilen? Ja, er kann - zumindest kann er Warzen verschwinden lassen. Als Kind hatte ich sie an den Händen, und weil sie mir lästig waren, hat mir meine Mutter, die Ärztin ist, eines Tages eine Behandlung vorgeschlagen - eine ganz auf mich abgestimmte Warzentherapie. Ich habe zugestimmt und bin in den Wochen darauf immer wieder zu ihr in die Klinik gekommen. Dort bekam ich eine Schürze umgebunden, wie sie beim Röntgen verwendet wird, und dann wurden meine Hände - wie ich annahm - bestrahlt.

Die Kraft des menschlichen Organismus

Dass ich nie wirklich behandelt worden bin, ist mir erst Jahre später aufgegangen. Ein Fernsehbericht über die heilende Wirkung des Glaubens hat mir vor Augen geführt, dass meine Warzen allein aufgrund meiner Überzeugung, dass mir im Krankenhaus geholfen wird, verschwunden sind. Nun sind Warzen verglichen mit anderen Krankheiten ein eher geringes Übel. Und doch sind sie ein schönes Beispiel für die Kräfte, die der menschliche Organismus aufzubringen vermag. Die Faktenlage selbst ist schwierig. Gesicherte Erkenntnisse darüber, dass der Glaube einem Menschen tatsächlich helfen kann, eine Krankheit zu überwinden, gibt es nicht. Nur die Erkenntnis, dass der Glaube im weitesten Sinne, an Gott, an sich selbst, an die Person oder die Personen, die einen behandeln oder eine bestimmte Heilmethode, einen Menschen und damit auch seinen Krankheitsverlauf beeinflussen kann.

Aktivierung der Selbstheilungskräfte 

Erstmals beobachtet werden konnte das Phänomen der Selbstheilung im Test mit Schlaftabletten. Hierbei konnte bei rund 50 Prozent der Probanden, die statt einer Schlaftablette ein Placebo erhalten hatten, eine Besserung der Symptome festgestellt werden. Beim Versuch mit Schmerzmitteln hat allein der Glaube daran, eine Schmerztablette genommen zu haben, bei ca. 30 Prozent der Probanden zu einer Linderung der Symptome geführt.

Der Glaube an Gott verlängert die Lebenserwartung

Anders ist es mit dem Glauben an Gott. Zahlreiche Studien haben in den vergangenen Jahren belegt, dass Menschen, die an Gott oder eine andere höhere Macht glauben, über ein stärkeres Immunsystem verfügen, eine längere Lebenserwartung haben, besser mit Schicksalsschlägen zurechtkommen als ihre nicht-gläubigen Mitmenschen. Warum das so ist, weiß man nicht. Der Schlüssel zum Erfolg scheint in der Absichtslosigkeit zu liegen. Zu diesem Schluss kommen mehrere Untersuchungen u.a. mit christlichen und buddhistischen Probanden (Quelle: Michael Utsch, "Positive Psychologie"). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Studien, die sich mit der heilenden Wirkung von Optimismus beschäftigen (Quelle: "Bild der Wissenschaft"): Demnach haben Menschen, die eine gewisse Gelassenheit an den Tag legen, ein Grundvertrauen in das, was das Leben für sie bereithält, bessere Heilungschancen, als Menschen, die pessimistisch eingestellt sind.

Glaube, Religiosität und Spiritualität

Glaube, Religiosität und Spiritualität – diese alternative Medizin wird es wohl nie auf Rezept geben werden. Aber sie kann Hoffnung sein für Menschen, die schwer- oder gar todkrank sind. Den Besuch beim Arzt können sie trotzdem nicht ersetzen.