Eine Kriegsgräberstätte auf dem Neuen Friedhof.
Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Bernd Wüstneck

19. November 2023 Volkstrauertag: Erinnerung an Kriegstote und Opfer von Gewaltherrschaft

15. November 2023, 05:00 Uhr

Der Volkstrauertag findet jedes Jahr zwei Sonntage vor dem ersten Advent statt. Die zentrale Gedenstunde im Bundestag steht 2023 im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und des Terrors der Hamas gegen Israel. Wir erinnern an die Geschichte des Gedenktages. Zentrale Veranstaltung ist die Gedenkstunde am 19. November 2023 im Deutschen Bundestag.

Der Volkstrauertag geht auf das Gedenken an die getöteten Soldaten im Ersten Weltkrieg zurück. Nach Kriegsende 1918 setzen sich unter anderem der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Politiker und Vereine für das Gedenken an die gefallenen deutschen Soldaten ein. Die Motive dafür reichen von der Heldenverehrung bis zur Anteilnahme mit Angehörigen.

Andere am Krieg beteiligte Nationen wie Frankreich und Großbritannien erinnern an ihre Kriegstoten, indem sie den Tag des Waffenstillstands, den 11. November, zum Gedenktag erklären.  Rund 9,4 Millionen Menschen kommen damals binnen vier Jahren auf den Schlachtfeldern in ganz Europa um.

Reichstag begeht Volkstrauertag erstmals 1922

Im Deutschen Reich ist der Volkstrauertag zu diesem Zeitpunkt noch kein offizieller Gedenktag. 1922 erinnert der Reichtstag erstmals an die gefallenen Soldaten. Zu diesem Anlass sagt Reichstagspräsident Paul Löbe, die Trauer um die Toten sei die Abkehr von Hass und das Hinwenden zur Liebe: "Leiden zu lindern, Wunden zu heilen, aber auch die Toten zu ehren, Verlorene zu beklagen, bedeutet die Abkehr vom Hass, bedeutet die Hinkehr zur Liebe, und unsere Welt hat Liebe not."

Eine Botschaft, die nicht mehr durchdringt, als die Nationalsozialisten im März 1933 die Macht ergreifen.

"Heldengedenktag" in der NS-Zeit

Die NSDAP erklärt den Volkstrauertag im Jahr 1934 als "Heldengedenktag" zum gesetzlichen Feiertag. Zuständig für die Gestaltung ist Propagandaminister Joseph Goebbels und nicht mehr der Verein Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

Nur fünf Jahre später beginnt Hitler-Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg, der nach heutigen Schätzungen insgesamt 70 Millionen Opfer fordert, allein in der Sowjetunion 24 Millionen Menschen.

Erinnerungskultur in Ost und West

Nach dem Waffenstillstand im Jahr 1945 ist die Erinnerungskultur im geteilten Deutschland unterschiedlich ausgeprägt. Die Bundesrepublik knüpft neu an die Geschichte des Volkstrauertages an und verleiht ihm 1952 den Status eines gesetzlichen Gedenktags, mit dem an alle Kriegstoten und Opfer von Gewaltherrschaft erinnert werden soll.

In der DDR wird der Opfer des Faschismus gedacht. Dem Historiker Jan-Henrik Meyer zufolge ist der Unterschied zur BRD, dass zu den Opfern des Faschismus vor allem kommunistische Widerstandskämpfer zählen, nicht aber die getöteten deutschen Soldaten.

Seit der Wiedervereinigung gilt der Volkstrauertag bundesweit.

Zentrale Gedenkstunde 2023 als Appell gegen den Krieg

Der Volkstrauertag wird zwei Sonntage vor dem ersten Advent begangen. Damit fällt er zwischen die katholischen Gedenktage Allerheiligen/Allerseelen und den protestantischen Totensonntag.

Das Motto für den Volkstrauertag am 19. November 2023 lautet: "Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg." Verbunden damit sind für den Verein die Fragen: "Was ist ein guter Friede und wie können aus Feinden Freunde werden?" Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan erklärt dazu vorab: "Die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit ist eine elementare Voraussetzung für ein friedliches Miteinander." Außerdem richtet sich der Blick auf die deutsche Nachkriegsgeschichte, insbesondere die deutsch-französischen Beziehungen. Der Élysée-Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich, geschlossen vor 60 Jahren, gilt als Grundbaustein für die deutsch-französische Versöhnung.

Die zentrale Gedenkstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestages unter Schirmherrschaft der Bundestagspräsidentin wird live im Ersten übertragen. Im Besonderen soll der Opfer des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gedacht werden. Als Hauptrednerin wird Victoria, Kronprinzessin von Schweden und Herzogin von Västergötland sprechen. Zudem werden vier kurze Redebeiträge zum Thema "70 Jahre Jugendarbeit an Kriegsgräberstätten" von Personen aus der Zivilgesellschaft zu hören sein.