Das große Zittauer Fastentuch von 1472 in der zum Museum umgebauten Kirche Zum Heiligen Kreuz in Zittau
Das Große Zittauer Fastentuch von 1472, zu sehen in der zum Museum umgebauten Kirche Zum Heiligen Kreuz in Zittau, zeigt biblische Szenen in 90 Feldern. Bildrechte: picture alliance / dpa

Stichwort Fastenzeit Fasten: Warum Verzicht heilsam sein kann

08. Februar 2024, 04:00 Uhr

2024 startet die Fastenzeit am 14. Februar unter dem Motto "Komm rüber! Sieben Woche ohne Alleingänge" und endet am 1. April. Sie währt 40 Tage lang von Aschermittwoch bis Ostern, die Sonntage sind von der Fastenzeit ausgeschlossen. Fastenzeiten gibt es in fast allen Religionen. Gläubige fasten, um die Seele zu reinigen und Buße zu tun.

Warum 40 Tage?

Die Dauer der Fastenzeit leitet sich vom biblischen Bericht über eine 40-tägige Gebets- und Fastenzeit her, die Jesus nach seiner Taufe im Jordan auf sich nahm. Die vorösterliche Fastenzeit meint nicht nur den Verzicht auf Genussmittel, sondern auch eine Unterbrechung von Gewohnheiten.

Start der Fastenzeit | 14. Februar - 1. April 2024 40 Tage - 40 Nächte: Auf was wir verzichten könnten

Schon einen guten Vorsatz für die Fastenzeit? Wie immer - kein Bier oder keine Süßigkeiten? Oder etwas, von dem auch andere Menschen oder die Umwelt profitieren? "Sieben Wochen ohne Alleingänge", heißt das Motto 2024!

Teller mit Gemüsebrühe
Wer sieben Wochen Verzicht übt, reinigt Seele und Geist, meinen Theologen. Deshalb ist das Fasten nicht nur eines der ältesten Naturheilverfahren, sondern auch elementar in vielen Weltreligionen. Beim klassischen Heilfasten wird auf feste Nahrung verzichtet. Stattdessen stehen Tee, Saft oder Gemüsebrühe auf dem Speiseplan. Dies sollte im besten Fall unter ärztlicher Aufsicht geschehen, um Mangelerscheinungen zu vermeiden.

Dabei sieht Wilhelm Imkamp, Wallfahtsdirektor im bayrisch-schwäbischen Maria Vesperbild den Brauch in der Krise: Heute werde nicht zu wenig, sondern zu viel und aus den falschen Motiven heraus gefastet. "Figurbewusstes Diäthalten ist noch nicht Fastenzeit!" Es ginge nicht darum, etwas Schädliches zu lassen, sondern etwas Gutes wirklich zu entbehren. "Asketische Übungen" wie das Fasten gehörten nicht ins "Schaufenster der Selbstvermarktung", sondern seien "Teil des religiösen Intimlebens, das nur "den lieben Gott und den Betreffenden" angehe.
Bildrechte: imago/Westend61
Zigarette wird in einem Aschenbecher ausdedrückt
Je nach Alter und Geschlecht wird der gesundheitliche Nutzen des Fastens unterschiedlich bewertet. Expertin Silke Willms von der DAK-Gesundheit sagt: "Wer eine persönliche Fastenzeit einlegt, sollte dies immer aus eigener Überzeugung tun. Wenn es mein eigener Wunsch ist, steigen die Chancen zum Durchhalten." Dies gilt vor allem für den Verzicht auf Zigaretten. Es kann ein Weg zu besserer Kondition, einem frischen Atem und mehr Geld auf dem Konto sein. Aus diesem Grund sind 40 Prozent der Befragten vom Fasten dazu inspiriert, die Finger vom Glimmstängel zu lassen - für viele der Einstieg in den Ausstieg. Bildrechte: Colourbox.de
Ein Handy steckt Sand
Neben den klassischen Möglichkeiten zum Verzicht haben sich auch neue Fasten-Trends entwickelt. So lassen knapp 30 Prozent der Befragten mittlerweile lieber das Handy, den Computer oder den Fernseher aus. Für das Ausklinken aus der Dauerkommunikation gibt es Unterstützung. Das Internetportal "handysektor" zum Beispiel rief Jugendliche auf, in der Fastenzeit bewusst auf das Smartphone zu verzichten. Die Teilnehmer sollten ihr Gerät komplett ausschalten und versuchen, so lange wie möglich ohne Handy und Apps auszukommen. Wie lange man mitmachte, entschied jeder selbst. Ziel sei vor allem die kritische Reflexion des eigenen Medienverhaltens gewesen, erklärten die Betreiber. Die Webseite ist ein gemeinschaftliches Projekt der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen und des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest.

Die Katholische Fernseharbeit lädt wieder zum Whatsapp-Fasten ein. Wer mitmacht, erhält in den 40 Tagen vor Ostern täglich prägnante Bibelverse aufs Smartphone! Na dann wird es aber nichts mit dem Handyfasten, oder?
Bildrechte: Colourbox.de
Teller mit Gemüsebrühe
Wer sieben Wochen Verzicht übt, reinigt Seele und Geist, meinen Theologen. Deshalb ist das Fasten nicht nur eines der ältesten Naturheilverfahren, sondern auch elementar in vielen Weltreligionen. Beim klassischen Heilfasten wird auf feste Nahrung verzichtet. Stattdessen stehen Tee, Saft oder Gemüsebrühe auf dem Speiseplan. Dies sollte im besten Fall unter ärztlicher Aufsicht geschehen, um Mangelerscheinungen zu vermeiden.

Dabei sieht Wilhelm Imkamp, Wallfahtsdirektor im bayrisch-schwäbischen Maria Vesperbild den Brauch in der Krise: Heute werde nicht zu wenig, sondern zu viel und aus den falschen Motiven heraus gefastet. "Figurbewusstes Diäthalten ist noch nicht Fastenzeit!" Es ginge nicht darum, etwas Schädliches zu lassen, sondern etwas Gutes wirklich zu entbehren. "Asketische Übungen" wie das Fasten gehörten nicht ins "Schaufenster der Selbstvermarktung", sondern seien "Teil des religiösen Intimlebens, das nur "den lieben Gott und den Betreffenden" angehe.
Bildrechte: imago/Westend61
Ein junger Mann trinkt aus der Wasserflasche.
Dennoch ist das Fasten auch für nicht-religiöse Menschen Trend geworden. Laut einer Forsa-Umfrage hat mehr als jeder zweite Deutsche schon einmal gezielt für mehrere Wochen auf bestimmte Genussmittel oder Konsumgüter verzichtet. Favorit beim Fasten ist dabei der Alkohol - 70 Prozent der Befragten könnten am ehesten davon absehen. Der Verzicht soll für einen klaren Kopf sorgen, zur Gewichtsabnahme beitragen und zum Überdenken der eigenen Trinkgewohnheiten anregen. Bildrechte: Colourbox
Eine Frau hält eine Kiste mit verschiedenem Obst und Gemüse
Dicht gefolgt wird das Alkoholfasten den Befragten zufolge vom Verzicht auf Süßigkeiten (64 Prozent). Wer Schokolade und Co. für mehrere Wochen widerstehen kann, hat nicht nur einige Pfunde weniger auf den Hüften in Aussicht. Es soll eine Erholung für die Zähne sein und die Geschmacksnerven schulen. Alternativen wie Trockenobst, süße Früchte oder Nüsse können die kulinarische Enthaltsamkeit erleichtern. Bildrechte: imago images/Westend61
Ein Frühstückstisch mit Müsli, Tee, Brötchen, einem Ei und Quark
Für viele ist ein Kaffee am Morgen ein festes Ritual. Rund um die Fastenzeit sind jedoch einige dazu bereit, auch ohne ihr Lieblingsgetränk in den Tag zu starten. Um in Schwung zu kommen, bieten sich als Alternative Grüner oder Schwarzer Tee an. Sie sind schonender für unseren Körper und wirken sich trotzdem positiv auf kleine Leistungstiefs aus. Doch es geht auch ohne Tee. Wer seinen Körper nicht mit belebenden Wirkstoffen belasten möchte, der verzichtet komplett auf koffeinhaltige Getränke. Bildrechte: colourbox.com
Radfahrer auf einer Straße
Mal das Auto stehen lassen und stattdessen mit Bus oder Fahrrad zur Arbeit oder zum Einkaufen – das ist das Ziel des kollektiven Autofastens. Umweltbewusste können auf diese Weise einen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten und gleichzeitig etwas Gutes für die eigene Fitness tun. Bildrechte: imago/Christine Roth
Ein Stoffbeutel
Das moderne Fasten beschäftigt sich zunehmend auch mit dem Thema Umwelt. Der Verbraucher Service Bayern hat mal berechnet: "Pro Kopf verbrauchen die Deutschen durchschnittlich 65 Plastiktüten im Jahr. Während der Fastenzeit fallen in einem 4-Personen-Haushalt rein rechnerisch 35 Tüten an." Als Alternative werden beispielsweise langlebige Tragetaschen empfohlen oder ein Einkauf auf dem Markt, um auf unnötige Produktverpackungen zu verzichten. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Alle (8) Bilder anzeigen
Teller mit Gemüsebrühe
Wer sieben Wochen Verzicht übt, reinigt Seele und Geist, meinen Theologen. Deshalb ist das Fasten nicht nur eines der ältesten Naturheilverfahren, sondern auch elementar in vielen Weltreligionen. Beim klassischen Heilfasten wird auf feste Nahrung verzichtet. Stattdessen stehen Tee, Saft oder Gemüsebrühe auf dem Speiseplan. Dies sollte im besten Fall unter ärztlicher Aufsicht geschehen, um Mangelerscheinungen zu vermeiden.

Dabei sieht Wilhelm Imkamp, Wallfahtsdirektor im bayrisch-schwäbischen Maria Vesperbild den Brauch in der Krise: Heute werde nicht zu wenig, sondern zu viel und aus den falschen Motiven heraus gefastet. "Figurbewusstes Diäthalten ist noch nicht Fastenzeit!" Es ginge nicht darum, etwas Schädliches zu lassen, sondern etwas Gutes wirklich zu entbehren. "Asketische Übungen" wie das Fasten gehörten nicht ins "Schaufenster der Selbstvermarktung", sondern seien "Teil des religiösen Intimlebens, das nur "den lieben Gott und den Betreffenden" angehe.
Bildrechte: imago/Westend61

"Heilsamer Verzicht und neue Sorge füreinander"

In der katholischen Kirche gibt es - neben den bekannten Fastenzeiten - so genannte verpflichtende Bußtage. Das sind in der Regel alle Freitage sowie Aschermittwoch. Früher galt an diesen Tagen strenges Abstinenzgebot. Die Gläubigen sollen an diesen Tagen kein Fleisch essen.

Die deutschen Bischöfe sehen den Sinn der Fastenzeit darin, sich selbst und den Lebensstil "so zu ändern, dass durch Besinnung und Gebet, heilsamen Verzicht und neue Sorge füreinander Christus wieder mehr Raum im Leben gewinnen kann".

Nicht nur die Katholiken fasten

Auch in anderen Kirchen gibt es verschiedene Buß- und Fastentage. In der evangelischen Kirche ist es zum Beispiel der Buß- und Bettag. Die Angehörigen der Ostkirchen befolgen vier Fastenzeiten im Kirchenjahr, die strenger gelebt werden als die Buß- und Fastentage in der katholischen Kirche. Im Islam gibt es u.a. den Fastenmonat Ramadan. Jüdinnen und Juden fasten an Jom Kippur, dem jüdischen Versöhnungstag im Herbst und vor anderen Feiertagen.

Zittauer Fastentuch

Detail aus dem Grossen Zittauer Fastentuch in der Kirche zum Heiligen Kreuz im saechsischen Zittau
Detail aus dem Grossen Zittauer Fastentuch in der Kirche zum Heiligen Kreuz im saechsischen Zittau: Leidensweg Jesu bis zur Kreuzigung auf Golgota. Bildrechte: imago/epd

Das Große Zittauer Fastentuch gehört mit 56 Quadratmetern zu den größten und ältesten Hungertüchern seiner Art und ist in Deutschland einzigartig. Etwa um das Jahr 1000 entstand die Tradition zur Fastenzeit, vor Ostern den Altar abzudecken. Die Gläubigen sollten nicht nur auf Fleisch, Alkohol und Sex verzichten, sondern auch auf den Anblick des Allerheiligsten. Zunächst wurden dafür schlichte, meist violette Tücher verwendet. Später wurden die Tücher aufwendig verziert, wie auch die "Zittauer Hungerlappen" beweisen.

Das Große Fastentuch wurde im Jahr 1472 angefertigt. 200 Jahre lang war im Gebrauch der Kirche Sankt Johannis in Zittau. Wie in einer Art Bilderbibel sind darauf in 90 Feldern angeordnet in zehn Reihen Szenen aus der Heiligen Schrift dargestellt. Deswegen wird diese Form des Fastentuchs als Feldertyp bezeichnet. Das Große Fastentuch in Zittau gilt als eine der bedeutendsten Textilarbeiten des europäischen Mittelalters.

Besucher betrachten das Große Zittauer Fastentuch
Es ist das einzig erhaltene Fastentuch des sogenannten bilderreichen Feldertyps in Deutschland und mit 8,20 Meter Höhe und 6,80 Metern in der Breite das drittgrößte überlieferte Fastentuch überhaupt. Bildrechte: picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB | Jens Kalaene

Angaben zum Museum Das Große und das Kleine Fastentuch sind im Museum der Kirche zum Heiligen Kreuz zu sehen.

Frauenstraße 23
02763 Zittau

Öffnungszeiten:
April bis Oktober: täglich von 10-17 Uhr
November bis März: Di bis So, von 10-17 Uhr
montags geschlossen

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 22. Februar 2023 | 18:50 Uhr

Mehr aus Religion und Gesellschaft im MDR

Das Asche-Kreuz steht für Buße, Reinigung und Vergänglichkeit, soll aber auch symbolisieren, dass Altes vergehen muss, damit Neues kommen kann. mit Video
Das Asche-Kreuz steht für Buße, Reinigung und Vergänglichkeit, soll aber auch symbolisieren, dass Altes vergehen muss, damit Neues kommen kann. Bildrechte: picture alliance / AP Images | Sean D. Elliot