Neue Folge! Der Trocken-Doc - Alkoholfrei leben

21. März 2019, 11:18 Uhr

Der Einstieg in die Droge Alkohol ist sehr leicht. Überall gibt es ihn zu kaufen, überall wird er getrunken. Doch dauerhaft dem Alkoholkonsum zu entsagen, ist schwierig. Die Entgiftung geht schnell, die Entwöhnung dauert lange. Das Problem: Viele der Alkoholiker werden rückfällig, sind in einem Teufelskreis aus Abhängigkeit und Abstinenz.

Dieser Stoff hat es in sich: Er verschönert unser Leben, regt an und löst Hemmungen. Er ist überall präsent. Im Restaurant, bei Familienfeiern, auch im Arbeitsleben. Alkohol gehört hierzulande wie selbstverständlich dazu und ist nebenbei auch ein gutes Geschäft. Ein ganzer Industriezweig lebt davon und der Staat profitiert von den Steuern. Aber das hat seinen Preis.

Wie wird aus Genuss Missbrauch und Sucht?

Alkoholabhängigkeit gehört in Deutschland zu den häufigsten Suchterkrankungen. Knapp zwei Millionen Menschen kommen nicht ohne aus - egal ob Gärtner, Ingenieur oder Zahnärztin. Die meisten führen scheinbar ein ganz normales Leben: Sie haben Familie, gehen arbeiten. Doch sie trinken zu viel, aus ganz verschiedenen Gründen, irgendwann rutschen sie in die Sucht und über kurz oder lang in die private Katastrophe. Sie verlieren unter Umständen alles - ihre Gesundheit, den Job, den Partner, die Familie. Versuche, der Sucht zu entkommen, scheitern oft viele Male. Zum Absturz kommt das Abgestempelt-Werden als charakter- oder willensschwach. Doch ist dieser Vorwurf überhaupt berechtigt? Inzwischen ist es wissenschaftlich unumstritten, dass Alkoholabhängigkeit eine Krankheit ist und keine Frage der Intelligenz oder des sozialen Standes Aber: Wie wird man abhängig? Wie wird aus Genuss erst Missbrauch und dann Sucht? Und wie findet man wieder heraus aus? Es gibt Auswege - doch welcher ist der jeweils richtige?

Der Trocken-Doc | Statistik Daten & Fakten

1,8 Mio. Deutsche sind alkoholabhängig. Täglich sterben 200 Menschen an den Folgen, weit mehr als durch illegale Drogen. Auch wenn der Alkoholkonsum seit Jahren rückläufig ist, gibt es also keinen Grund zur Entwarnung.

Szene aus "Trocken-Doc - Alkoholfrei leben".
Alkohol - Kein Thema? 1,8 Millionen Menschen in Deutschland gelten als alkoholabhängig. Nur etwa zehn Prozent von ihnen unterziehen sich einer Therapie - und das oft erst spät nach zehn bis 15 Jahren Abhängigkeit. Täglich sterben 200 Menschen in Deutschland an den Folgen von Alkoholmissbrauch. Das sind übrigens 100 mal mehr als durch illegale Drogen. Noch gibt es also keinen Grund zur Entwarnung, auch wenn die Zahlen für den Alkoholkonsum in Deutschland insgesamt seit Jahren rückläufig sind. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Szene aus "Trocken-Doc - Alkoholfrei leben".
Alkohol - Kein Thema? 1,8 Millionen Menschen in Deutschland gelten als alkoholabhängig. Nur etwa zehn Prozent von ihnen unterziehen sich einer Therapie - und das oft erst spät nach zehn bis 15 Jahren Abhängigkeit. Täglich sterben 200 Menschen in Deutschland an den Folgen von Alkoholmissbrauch. Das sind übrigens 100 mal mehr als durch illegale Drogen. Noch gibt es also keinen Grund zur Entwarnung, auch wenn die Zahlen für den Alkoholkonsum in Deutschland insgesamt seit Jahren rückläufig sind. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Szene aus "Trocken-Doc - Alkoholfrei leben". - Statistik Alkoholsucht
9,5 Millionen Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol in riskanter Form. Der Weg in die Sucht beginnt mit einem riskanten Trinkverhalten. Was riskant heißt, ist genau definiert: Wenn Männer etwa mehr als einen halben Liter Bier täglich trinken, was 24 g Alkohol entspricht. Bei Frauen, die empfindlicher auf Alkohol reagieren, bedeutet riskant schon mehr als ein kleines Glas Wein täglich, das sind mehr als 12 g Alkohol. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Trockendoc Statistik Alkoholsucht
Was ist ein problematisches Trinkmuster? Aus riskantem Alkoholkonsum kann sich ein problematisches Trinkmuster entwickeln. Professor Seitz, Direktor des Alkoholforschungszentrums Heidelberg erklärt es so: "Ein problematisches Trinkmuster besteht, wenn Sie jeden Tag Alkohol trinken müssen, wenn ihr Körper danach giert. Wenn sie aufhören wollen und das nicht können, weil ihr Körper den Alkohol braucht. Und wenn Sie Ihre Dosis jeden Tag etwas steigern müssen. Das machen ja Leute, die im Grenzbereich sind und dann in die Sucht abgleiten, die trinken immer ein bisschen mehr." Bildrechte: MDR FERNSEHEN
Szene aus "Trocken-Doc - Alkoholfrei leben". - Statistik Alkoholsucht
Alkohol unter Jugendlichen Ob als Mutprobe oder weil es der Freundeskreis oder die Clique so will, oder sogar, weil die Eltern es vorleben, für Jugendliche gibt es genügend Anlässe, Alkohol zu trinken. Im Durchschnitt ist ein Jugendlicher 14 einhalb Jahre alt, wenn er das erste Mal Alkohol trinkt. Den ersten Vollrausch gibt es mit gut 16 Jahren. Vorbilder wirken, denn es ist eine Zeit, in der oftmals Weichen fürs Leben mit oder ohne Alkohol gestellt werden. Je früher der Einstieg erfolgt, desto größer ist die Gefahr, dass der Alkoholkonsum später zu einem Problem werden kann. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Szene aus "Trocken-Doc - Alkoholfrei leben".
Alkoholiker-Kinder 2,6 Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Familien mit mindestens einem alkoholkranken Elternteil auf. Das ist immerhin jedes sechste Kind in Deutschland. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Szene aus "Trocken-Doc - Alkoholfrei leben". - Statistik Alkoholsucht
Wege aus der Sucht In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es mehr als 630 Selbsthilfegruppen für Alkoholerkrankte und deren Angehörige. Sie können auch in den 180 Suchtberatungsstellen der Länder Hilfe suchen. Angebote gibt es genug. Doch oft dauert es Jahre, bis Erkrankte diesen Weg aus der Sucht suchen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Szene aus "Der Trocken-Doc" - Folge 2
Entzug reicht nicht Statistiken besagen, dass sich nur zehn bis 20 Prozent der Alkoholiker überhaupt professionelle Hilfe suchen. Doch auch 70 bis 90 Prozent der Alkoholabhängigen, die einen Entzug machen, werden binnen Jahresfrist wieder rückfällig. Denn das körperliche Entgiften allein reicht nicht aus. Nach einer kombinierten Entwöhnungstherapie bleiben immerhin 50 bis 60 Prozent abstinent. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Der Trocken-Doc, Folge 3, Statistik
Ambulant brechen über 30 Prozent der Patienten den Entzug ab ab. Stationär sind es etwa 15 Prozent, sagt eine aktuelle Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Bildrechte: Mia Media Leipzig GmbH
Szene aus "Der Trocken-Doc" - Folge 2
Apropos "workaholics" Alkoholsucht ist keine Frage der Intelligenz oder des sozialen Standes, es gibt konkrete Umstände, die einen in die Abhängigkeit führen können. So trinken laut einer europaweiten Studie "workaholics" im Durchschnitt 13 Prozent mehr Alkohol, als jene, die eine 40-Stunden-Woche haben. Als Vielarbeiter gilt, wer auf mehr als 55 Stunden in der Woche kommt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Szene aus "Der Trocken-Doc" - Folge 2
Von Männern und Frauen Rund 70 Prozent der Alkoholabhängigen sind Männer, viele in mittleren Jahren und gehobenen Positionen. Ähnlich gefährdet sind Frauen zwischen 45 und 64 Jahren mit akademischer Ausbildung oder in Führungspositionen. Jede dritte von ihnen konsumiert Alkohol so, dass ihre Gesundheit gefährdet ist. Bei allen anderen Frauen ist es  jede fünfte, die riskant Alkohol trinkt, sagt eine Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Der Trocken-Doc, Folge 3, Statistik
Alkohol ist immer noch salonfähig Innerhalb der vergangenen 40 Jahre sind Wein, Bier und Schnaps im Vergleich zur sonstigen Lebenshaltung immer billiger geworden. Der Direktor des Heidelberger Alkoholforschungszentrums, Prof. Helmut Seitz kritisiert: "Die Gesellschaft macht zu wenig. Es wird zu sehr akzeptiert, die Alkoholwerbung ist ein Problem, die irgendwann verboten werden wird. Die Verfügbarkeit von Alkohol ist ein
Problem. (...) Alkohol ist salonfähig. Und es wird zu wenig darauf hingewiesen, dass wir im Jahr 30.000 Tote haben (...), das sind allein nur die, die an der alkoholischen Leberzirrhose gestorben sind - das darf eigentlich in einer modernen Gesellschaft durch eine Droge wie Alkohol nicht sein."
Bildrechte: Mia Media Leipzig GmbH
Der Trocken-Doc, Folge 3, Statistik
Die Kosten Der Staat bezieht aus dem Verkauf von Alkohol rund 3,2 Mrd Euro Steuern jährlich. Dem stehen gegenüber die Folgekosten des Alkoholkonsums:
40 Milliarden Euro werden für Kosten durch Krankheitsfälle, Frühverrentung und Arbeitsausfälle ausgegeben.
Bildrechte: Mia Media Leipzig GmbH
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Bernd Thränhardt ist selbst trockener Alkoholiker. Er arbeitet seit über 10 Jahren als Coach und Lotse und hilft anderen Menschen, aus der Sucht herauszukommen und dauerhaft trocken zu bleiben. Als "Trocken-Doc" hat er schon vor über zwei Jahren Menschen in Mitteldeutschland begleitet, die gegen ihre Alkoholsucht kämpfen. Eins hatten sie alle gemeinsam: Sie hätten nie gedacht, dass sie einmal alkoholabhängig werden könnten. Wann und warum haben sie die Grenze zwischen Genuss und Missbrauch überschritten? "Der Trocken-Doc" ging damals in drei Folgen im MDR FERNSEHEN dieser und anderen Fragen nach, um so für den Umgang mit Alkohol zu sensibilisieren. Denn ausweichen können wir ihm kaum. Müssen wir auch nicht. Die Frage ist nur, welchen Platz räumen wir dem Alkohol in unserem Leben ein, ohne dass er uns beherrscht?

Nun will "Trocken-Doc" Bernd Thränhardt noch einmal seine Protagonisten Dirk, Annette und Peter wiedersehen und mit ihnen über ihre Erfahrungen mit der Alkoholkrankheit reden. Haben sie einen Weg raus aus der Sucht gefunden?

Zur Person: Bernd Thränhardt Als erfolgreicher Filmemacher hatte Bernd Thränhardt einen 17-Stunden-Tag und stand ständig unter Strom. Für eine TV-Dokumentation begleitete er Boris Becker ein Jahr lang um den Globus. Der Alkohol wurde zum steten Lockerungs- und Entspannungsmittel, nicht zum einzigen, in einem Leben auf der Überholspur mit ausschweifenden Partys, Bordellbesuche und Linienziehen auf der Herrentoilette inklusive. Der Bruder des bekannten Weltklasse-Hochspringers wurde zum Grenzgänger. Sein Leben kippte über zehn Jahre immer tiefer in die Sucht. Getrieben von Größenwahn und Versagensängsten, zermürbt von immer schwereren Abstürzen, die wieder Lügen nach sich zogen - und am Ende die schmerzhafte Einsicht: Leben oder Weitertrinken. Mit 2,5 Promille checkte Bernd Thränhardt in einer Privatklinik zur stationären Entgiftung ein. Weitere Rückfälle folgten, bis er endlich einsah: "Ich muss mein Leben komplett ändern." Heute arbeitet er als Suchtberater und Therapeut in Köln.