Unsere OsterbräucheOstern: Wieso legt der Hase Eier?
Zu den Merkwürdigkeiten im Brauchtumskalender zählt die Eiersuche am Ostersonntag. Den Kleinen erzählen wir, dass der Osterhase die bunten Eier früh am Morgen gelegt hat, um unerkannt zu entkommen. Doch wie wurde der Hase bzw. sein Kaninchen-Double eigentlich zum Osterboten?
Die Geschichte mit dem Eier legenden Hasen ist den Leuten wohl schon immer ziemlich seltsam und erklärungsbedürftig vorgekommen. Der Dichter Eduard Möricke jedenfalls schrieb um 1850:
Die Sophisten und die Pfaffen stritten sich mit viel Geschrei
was hat Gott zuerst erschaffen, wohl die Henne? wohl das Ei?
Wäre das so schwer zu lösen? Erstlich war ein Ei erdacht
doch weil noch kein Huhn gewesen, Schatz, so hats der Has gebracht.Eduard Möricke
Das Ei war zuerst da – viele Eier
Wir wollen uns also daran festhalten, dass bei den Osterbräuchen zuerst das Ei da war – viele Eier: Denn während der 40 Tage Fastenzeit vor Ostern zählten sie zu den verbotenen Fastenspeisen – und das ausgerechnet im Frühling, wo die Hühner wieder anfangen zu legen. Die Erzählforscherin Kathrin Pöge-Alder erklärt, was mit all den überzähligen Eiern gemacht wurde: "Über die Fastenzeit wurden die gesammelt und gesegnet. Die farbigen Eier sollten zur Unterscheidung sein. Denn neben den Eiern zum Segnen musstest Du als Bauer auch so und so viel an deine Grundherrschaft abgeben und da eigneten sich die Eier, auch weil es gerade so viel gab."
Gesundheitlich bedenklich: Haseneier
Die Eier mussten lange gekocht werden, damit sie über die Fastenzeit nicht verderben und so ist es kein Wunder, dass der erste Beleg sogenannter Haseneier auch von deren gesundheitlichen Tücken handelt. Vom Heidelberger Arzt Georg Frank ist dazu ein Text von 1682 überliefert, wie Pöge-Alder weiß: "Also die Leute haben sich ihren Magen verdorben, weil sie zu viele Eier gegessen haben. Und bei Frank heißt es dazu: Man mache einfältigen Leuten und kleine Kinder glauben, dass der Osterhase die Eier ausbrüte und sie im Garten verstecke."
"Der Osterhase ist eine Zwischenfigur – wie der Nikolaus"
Warum aber der Hase? Das führt uns in den österlichen Brauchkomplex. Hier begegnet die biblische Erzählung von der Auferstehung Jesu mit der geradezu kreatürlichen Freude darüber, dass der Winter endlich vorbei ist, dass Licht und Sonne wiederkehren, dass auch die Natur gewissermaßen eine Auferstehung erfährt: "Wir sind im Frühjahr – Fruchtbarkeit ist ein Stichwort und der Hase ist ein Tier, das sich sehr vermehrt – bis zu 26 Nachkommen kann so eine Häsin haben, übers Jahr verteilt, das ist schon recht fruchtbar", so Pöge-Alder.
Hinzu kommt, im Frühling sind die Hasen draußen in der Natur gut zu sehen. Während sie sich später im Jahr in die hohe Vegetation ducken, kann man die Jungtiere aus dem erste Wurf – die Märzhasen – dabei beobachten, wie sie über die noch nicht so hoch bewachsenen Wiesen springen und grasen. Und mitunter kamen sie eben auch in die Gärten am Haus, um dort das erste Grün abzufressen – eben dorthin, wo die Eier versteckt wurden, in aller Frühe vom Osterhasen, der immer unerkannt entkam: "Der Osterhase ist eine Zwischenfigur – zwischen der Gabe und dem Beschenkten. Und es ist auch typisch, dass die Gabe am Morgen einfach da ist, wie beim Nikolaus."
Osterhase trendet erst im 19. Jahrhundert
Der Hase als Überbringer der österlichen Geschenke hat sich erst in der 2. Hälfte 19. Jahrhunderts durchgesetzt. Dazu gibt es die These, dass sich zum einen in dieser Zeit die Kleinfamilienkultur durchsetzte. Und das es zum anderen auch schon Mechanismen zu einer Kommerzialisierung der Festbräuche gab, erklärt Pöge-Alder weiter: "Zur Popularisierung des Osterhasen hat bestimmt auch die Mode beigetragen, dass man die Osterhasen gebacken hat. Es gibt da Back- und Butter-Förmchen – für die Tafel nach der Ostermette war das eine schöne Sache."
Nicht überall ist der Hase der Frühlingsbote
Nicht überall ist der Hase der Frühlingsbote. Die Wenden zum Beispiel fertigen zwar kunstvoll bemalte Eier, aber die liegen dann einfach im Korb. Manchmal bringt der Kranich die Eier, der Storch oder der Kuckuck, mitunter sogar der Fuchs. Nur in Kärnten und Tirol, da hat alles seine Richtigkeit, da hat die Himmelshenne die Eier gebracht.
BuchtippWilhelm Bode, Judith Schalansky (Hg.)
Hasen
Ein Portrait
159 Seiten, gebunden
Illustration: Falk Nordmann
Matthes & Seitz Verlag
Wilhelm Bode, 1947 geboren, ist Jurist und Forstakademiker, hat hier sein ganz persönliches Hasen-Porträt vorgelegt. Bode leitete die Landesforstverwaltung und später die oberste Naturschutzbehörde des Saarlandes. Er führte 1987 erstmals in einem Bundesland die kahlschlagfreie Dauerwaldwirtschaft flächendeckend ein. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und Beiträge zur Zukunft des Waldes, der Jagd und der Forstwirtschaft, unter anderem Die Waldwende (zusammen mit Martin von Hohnhorst), Naturnahe Waldwirtschaft (Deukalion), sowie bei Matthes & Seitz in der Reihe Naturkunden "Hirsche" und "Tannen".
Ostern 2023
Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 09. April 2023 | 09:15 Uhr