Azubis aus Vietnam Hotel sucht Nachwuchs am anderen Ende der Welt
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Für das Gasthaus "Zur Henne" in Naumburg wird die Suche nach Auszubildenden immer schwieriger. Seit drei Jahren findet das Hotel seine Lehrlinge in Vietnam. Doch jetzt sitzt die kommende Generation wegen Corona in Südostasien fest.
Johannes Hurt isst für sein Leben gern. Aber gut muss das Essen sein, deshalb will der 17-Jährige Koch werden. Den guten Geschmack hat er von seiner Mutter geerbt, denn die führt eine Gaststätte in vierter Generation. "Irgendwann einmal will ich die fünfte Generation sein", sagt Johannes. Deshalb lässt er sich seit zwei Jahren im Gasthaus "Zur Henne" in Naumburg zum Koch ausbilden.
In der Henne ist er einer von acht Azubis, die zu Köchen, Hotel- oder Restaurantfachmännern ausgebildet werden. Unter seinen Mit-Azubis ist er der Exot, denn er ist der einzige Deutsche. Es ist ein Problem, mit dem die gesamte Hotel- und Gastronomiebranche seit Jahren zu kämpfen hat: Kaum jemand ist noch bereit, an Wochenenden und an Feiertagen hinter dem Tresen zu stehen. "Meine Freunde würden das nicht machen, aber ich bin damit aufgewachsen", erzählt Johannes.
Azubis aus Vietnam
Auch Michael Schmidt, der Chef von Johannes, sieht sich jedes Jahr von neuem mit dem Problem konfrontiert. "Dabei ist das ein Beruf, mit dem man überall auf der Welt arbeiten kann, da wo andere Urlaub machen", erzählt der Hotelier. Seit drei Jahren nimmt er deshalb am Vietnam-Projekt des DEHOGA Sachsen-Anhalt teil. Zusammen mit Sprachschulen vor Ort werden junge Vietnamesen auf die Ausbildung in Deutschland vorbereitet.
Hoang Long Tran ist der neueste Azubi, der in der Henne im letzten Jahr seine Ausbildung zum Restaurant-Fachmann begonnen hat. Der 24-Jährige aus der Stadt Hai Duong hat eine Tante in Weißenfels. Sie brachte ihn auf die Idee, sich für das Projekt zu bewerben. "Ich bin noch jung und ich wollte das deutsche Leben erleben", sagt Long.
Kulturelle Unterschiede
In nur sechs Monaten hat er die Sprachschule in Vietnam durchlaufen und kam im vergangenen Februar nach Deutschland. Michael Schmidt holt seine Lehrlinge aus Fernost gern ein halbes Jahr vor Beginn der Lehre nach Deutschland, damit sie auch im Alltag mit der Sprache konfrontiert sind: "Was nützt es, wenn sie 90 Minuten in der Schule deutsch lernen und dann 22,5 Stunden des restlichen Tages vietnamesisch sprechen?"
So können sie sich auch langsam an das Klima und die kulturellen Unterschiede gewöhnen. "Viele haben noch nie eine Garküche im Inneren eines Hauses gesehen, in Vietnam wird meistens an der frischen Luft gekocht", erzählt Michael Schmidt. Long hatte Glück, dass seine Tante schon seit 1987 hier lebt. Sie betreibt einen Imbiss in Weißenfels und konnte ihm alles zeigen und erklären.
Kaum Kontakt zu Gästen
Auch mit seinen Landsleuten in der Henne spricht Long meistens deutsch. "Nur manchmal sprechen wir vietnamesisch, damit wir es nicht vergessen", erzählt Long und lacht. Das schätzt Michael Schmidt am meisten an seinen vietnamesischen Lehrlingen. "Sie haben immer ein Lächeln auf den Lippen und sie sind sehr freundlich und höflich", schwärmt der Gastronom.
Long ist enttäuscht, dass es wegen der Pandemie im Restaurant gerade kaum etwas für ihn zu tun gibt. Da aber seine Kollegen aus dem zweiten und dritten Lehrjahr gerade in der Berufsschule sind, wird er im ganzen Hotel eingesetzt und lernt alle Bereiche kennen. So kümmert er sich auch um die Zimmer und freut sich, wenn er Kontakt zu den Gästen hat. "Die Deutschen sind sehr nett", findet Long.
Für Michael Schmidt nähert sich die Zeit, da die nächste Lehrlings-Generation aus Vietnam in Naumburg eintreffen sollte. Doch die weltweiten Reisebeschränkungen verhindern ihre Ankunft. Noch bleibt Michael Schmidt gelassen. "Es ist ja noch jede Menge Zeit bis zum Ausbildungsbeginn und das Gute ist ja, dass man jederzeit in die Ausbildung starten kann, dann machen sie eben im Winter ihre Prüfung."
Quelle: MDR/mx
REXt vor 6 Wochen
Das nennt man eine sinnvolle Zuwanderung, denn diese Menschen strotzen nur vor Fleiß.