Stadtratsbeschluss
Halle bekommt eine autofreie Altstadt
Soll Halles Innenstadt mehr Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer bekommen und weitgehend autofrei werden? Darüber hat der Stadtrat am Mittwoch abgestimmt und den Weg für die Planung einer autofreien Innenstadt freigemacht.
Auf dieser Seite:
Halle wird in Zukunft eine autofreie Innenstadt bekommen. Darüber hat der Stadtrat am Mittwoch in einer öffentlichen Sitzung abgestimmt. 29 Abgeordnete stimmten dafür, 20 dagegen, vier enthielten sich der Stimme. Damit kann die Stadt mit der Planung und Umsetzung des Konzeptes beginnen.
René Rebensdorf, Beigeordneter für Stadtentwicklung und Umwelt erklärte das Ziel des Konzeptes: "Uns geht es darum, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu verbessern. Die Erreichbarkeit ist gewährleistet." Parkhäuser, Grundstücke und alles was für den Einzelhandel notwendig sei, würden weiterhin erreichbar bleiben.
Der Vorteil einer autoarmen Altstadt sei, dass man Platz im öffentlichen Raum zurückgewinne. Ein wichtiger Punkt, in einer Stadt mit schmalen Gassen und mittelalterlicher Struktur.
"Das, was der Stadtrat heute beschließt, ist erstmal ein Konzept. Ein Konzept, mit dem dann weitergearbeitet wird. Der Stadtrat gibt uns eine Intention mit, wohin wir den öffentlichen Raum weiterentwickeln sollen", erklärte Rebensdorf den weiteren Weg.
Was das Konzept beinhaltet
Aus der Beschlussvorlage für eine autoarme Altstadt und dem entsprechenden Konzept:
- Verkehrsberuhigte Bereiche in der nordwestlichen und südlichen Altstadt
- Schrittweiser Wegfall der Pkw-Stellplätze am Fahrbahnrand in den Straßenzügen der historischen Altstadt
- Die Kapazität von Parkmöglichkeiten um den Altstadtring herum soll durch Neubau und Erweiterungen gesteigert werden.
- Der Radverkehrsring um die Altstadt wird zwischen Klausbrücke und Kreisverkehr Oper durch beidseitige Radfahrwege geschlossen. Der Kfz-Verkehr wird, vorerst im Rahmen eines einjährigen Versuchs, in diesem Abschnitt als Einbahnstraße geführt.
- Die Fußgängerachse vom Hauptbahnhof zum Markt wird bis zum Landesmuseum Moritzburg durch eine weitgehend durchgängige Fußgängerzone verlängert.
- Im Bereich der Altstadt ist das Angebot alternativer Mobilitätsformen zu erhöhen. Hierfür sind die Fußgängerzonen für den Radverkehr freizugeben, um die wichtigsten Radverkehrsachsen zu stärken und aufzuwerten.
- Mit dem Wegfall öffentlicher Pkw-Stellplätze sind vermehrt Fahrradabstellanlagen vorzusehen. Der Standort eines Fahrradparkhauses im Bereich der Universität ist zu prüfen.
Die Diskussion um die Pläne
Zuvor wurde teils heftige Kritik an dem Konzept geübt. Vertreterinnen und Vertreter des Handels befürchteten in einer Einwohnerfragestunde Umsatzeinbrüche, wenn das Konzept umgesetzt wird. Außerdem seien die Anwohnerinnen und Anwohner nicht ausreichend angehört worden. Auch die Frage nach dem Ersatz der Parkplätze für Menschen, die in der Innenstadt wohnen, wurde angesprochen.
Kritik an den Plänen kam unter anderem auch von der FDP. Torsten Schaper sagte im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT: "Wir sind gegen das Konzept, so wie es uns vorliegt. Mit dem Konzept wird nur erreicht, dass in der Innenstadt 500 Parkplätze alternativlos wegfallen. Auf einmal fahren Fahrradfahrer durch Fußgängerzonen. Das ist für uns kein Verkehrskonzept, sondern eine Überlastung der Situation, die wir jetzt schon vorfinden."
Man habe zwar keine fertige Lösung auf dem Tisch, aber bevor man über eine autoarme Innenstadt spreche, müssten erst einmal die Vorrausetzungen dafür geschaffen werden. "Das heißt, wir müssen Parkflächen schaffen, wir müssen Parkhäuser bauen, so dass wir rund um die Altstadt unser Auto abstellen können", so Schaper.
ADFC sieht wirtschaftlichen positiven Effekt
Begrüßt wurden die Pläne unter anderem von Volker Preibisch vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Sachsen-Anhalt (ADFC).
Er sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Als ADFC begrüße ich, dass die Stadt tatsächlich einen Paradigmenwechsel vornehmen und hier den Pkw den Vorrang nehmen will." Es sei offensichtlich, dass in der Innenstadt überall der Platz knapp sei. "Ich glaube, dass eine autoarme Altstadt für den Einzelhandel ein Gewinn wäre. Die Kneipen sind sowieso voller Fahrradfahrer. Es ist ganz offenkundig, dass das auch einen wirtschaftlichen positiven Effekt hätte", so Preibisch.
Auch die Idee, dass in den Fußgängerzonen künftig Fahrradfahrer zugelassen werden, sieht Preibisch positiv. "Radfahrer müssen hier den Fußgängern Vorrang lassen, dürfen auch nicht klingeln. Das wäre eine flexible Lösung, die auch in vielen deutschen Städten praktiziert wird, ohne dass Probleme bekannt geworden sind."
Auch Martin Ernst von der Stadtratsfraktion Hauptsache Halle sieht einen positiven Effekt durch eine autofreie Innenstadt. "Es steht außer Frage, dass etwas gemacht werden muss, um die Innenstadt wieder zu aktivieren, die Geschäfte zu beleben und auch touristische Ziele besser zu erschließen", erklärte Ernst MDR SACHSEN-ANHALT.
Die Initiative Scientists for Future Halle hatte den Vorschlag zuvor schon als einen Schritt hin zu einem nachhaltigen Verkehrskonzept der Saale-Stadt begrüßt.
Quelle: MDR/mp
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 25. November 2020 | 19:00 Uhr
Kommentare
{{text}}