Analyse Kommunalwahl 2019: Das sind die 5 wichtigsten Erkenntnisse

26. Mai 2019, 16:19 Uhr

Die Kommunalwahl 2019 ist vorbei – und die CDU hat landesweit die meisten Stimmen bekommen. Die größten Zuwächse kann die AfD verbuchen. Auch die Grünen freuen sich, schlechte Stimmung herrscht dagegen bei der SPD. Fünf Erkenntnisse der Kommunalwahl – und was sie bedeuten.

Luca Deutschländer
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Die CDU gewinnt die Wahl – und ist zugleich die größte Verliererin

Die CDU ist laut vorläufigem Ergebnis mit 24,6 Prozent stärkste Kraft bei den Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt – und sie ist zugleich die größte Verliererin, sackt um knapp zehn Prozentpunkte ab. Und, nein: Die CDU kann mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein – auch, wenn Landeschef Holger Stahlknecht das so gesagt hat. Die deutlichen Verluste im Vergleich zur Kommunalwahl 2014 können eine Volkspartei wie die CDU nicht zufrieden stimmen.

Was Stahlknecht auch sagt – und zwar zu Recht: "Das Land muss moderner werden und wir müssen das auch." Seine Partei müsse sich mehr der Themen annehmen, die junge Menschen interessierten, findet er. Und das stimmt. Nicht nur die Debatte um das Video des YouTubers Rezo in der Vorwoche hat gezeigt, dass großen Teilen der CDU bundesweit das Gespür für einen angemessenen Umgang mit jungen Menschen fehlt.

Was bei aller Kritik nicht vergessen werden darf: Die Partei hat trotz ihrer Verluste den Großteil der Landkreise gewonnen, sie hat in den Landkreisen Harz (30,6 Prozent) und Börde (28,9) oder im Altmarkkreis Salzwedel (26,8) gute Ergebnisse eingefahren. Unterm Strich bleibt aber folgende Erkenntnis: Die Christdemokraten haben überall Stimmen verloren.

Die AfD legt zu – nun auch auf kommunaler Ebene

Die AfD war mit dem Anspruch in die Wahl gegangen, sich eine starke kommunale Basis in Sachsen-Anhalt zu erarbeiten. Der Blick auf die Wahlergebnisse zeigt: Das ist ihr gelungen – und zwar ausnahmslos. Dass die Partei sich bei der Kommunalwahl deutlich steigert, ist aber keine Überraschung. Bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren steckte die Partei noch in den Kinderschuhen, war längst nicht bei so vielen Menschen populär wie heute.

Das Logo der AfD auf einem Flyer
Auf dem Weg nach oben: die AfD (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Wer nach der Bundestagswahl 2017 den Eindruck hatte, die AfD würde in Sachsen-Anhalt schwächeln – sie hatte da verglichen mit der Landtagswahl knapp fünf Prozentpunkte verloren – der sieht sich nun eines Besseren belehrt. All die personellen Eskapaden und Skandale, vor allem im Landtag, haben der Partei offenbar kaum geschadet. Im Gegenteil. Unterm Strich steht ein landesweiter Zuwachs von gut 14 Prozentpunkten. Die AfD ist damit nun auch auf kommunaler Ebene zweitstärkste Kraft in Sachsen-Anhalt. In absoluten Zahlen wurde sie von 470.476 Menschen gewählt.

Die AfD wird als soziale Partei wahrgenommen.

Martin Reichardt, AfD-Landeschef in Sachsen-Anhalt

Ihr stärkstes Ergebnis fährt die Partei im Saalekreis ein, wo nach aktuellem Zwischenstand 21,2 Prozent der Menschen für sie gestimmt haben. Noch zufriedener dürften die Parteivertreter im Landkreis Mansfeld-Südharz sein: Dort fährt die AfD zwar "nur" 19,3 Prozent ein – ist kreisweit aber vor der CDU stärkste Kraft.

Die Grünen fahren ihr bestes Kommunalwahlergebnis ein

Im Bund kann die Grünen in diesen Monaten offenbar kaum etwas bremsen. In Sachsen-Anhalt tut die Partei sich dagegen traditionell schwer, bei der Landtagswahl 2016 etwa hatte sie es nur hauchdünn ins Parlament geschafft. Dennoch: Bei der Wahl am Sonntag fährt die Partei ihr bestes Kommunalwahlergebnis überhaupt ein: 8,4 Prozent stehen am Ende zu Buche – verglichen mit der Wahl vor fünf Jahren ist das ein Plus von 2,9 Prozentpunkten.

Besonders gut ist das Abschneiden der Grünen in den kreisfreien Städten. 16,3 Prozent in Halle, 15,4 Prozent in Magdeburg, 10,1 in Dessau-Roßlau – der bundesweite Aufwärtstrend der Grünen zeigt sich am ehesten in den urbanen Gegenden Sachsen-Anhalts. Im Wahlbezirk 2408 in Magdeburg-Stadtfeld liegt die Partei mit 25,0 Prozent der Stimmen auf dem ersten Platz, noch besser schneiden die Grünen im Paulusviertel in Halle ab: Dort bekommen sie 28,6 Prozent. Platz 1! Ganz anders dagegen in ländlichen Regionen. Im Landkreis Mansfeld-Südharz etwa schaffen die Grünen nur 3,3 Prozent.

Die Grünen – sie bleiben vorerst eine Partei, die in erster Linie Stadtmenschen anspricht. Alles in allem bewertet Parteichefin Britta-Heide Garben das Ergebnis aber trotzdem als gut – und betont, dass ihre Partei die einzige aus Sachsen-Anhalts Landesregierung ist, die Stimmen gewonnen hat.

Die SPD ist weiter im Tiefflug – wie tief sinkt sie noch?

Wahlschlappen sind für die SPD inzwischen nichts Neues mehr. Zur Kommunalwahl sinken die Sozialdemokraten weiter, fahren ihr schlechtestes Kommunalwahlergebnis überhaupt ein. Eine allzu große Schmach bleibt ihnen in Sachsen-Anhalt aber erst einmal erspart: 13,6 Prozent der Wähler haben ihr Kreuz bei der SPD gemacht – verglichen mit der Kommunalwahl vor fünf Jahren ist das ein Minus von 4,6 Prozentpunkten.

Da, wo die Grünen besonders stark sind, hat die SPD ihre Probleme: In den kreisfreien Städten verliert sie kräftig, in Dessau-Roßlau fahren die Genossen mit 9,1 Prozent (-4,9) ihr landesweit schlechtestes Ergebnis bei dieser Wahl ein. Einstellig sind die SPD-Ergebnisse in Magdeburg und Halle noch nicht: Hier muss die Partei aber die größten Verluste feststellen – Minus 8,5 Prozentpunkte in Magdeburg, Minus 7,9 Prozentpunkte in Halle.

Gute Laune macht der Partei allenfalls das Ergebnis im Jerichower Land: Dort haben 18,3 Prozent der Menschen SPD gewählt. Spitzenwert bei den Kommunalwahlen 2019.

Wir wirken gerade für junge Leute ein bisschen wie der angestaubte Betriebsrat Deutschlands.

Burkhard Lischka, SPD-Landeschef in Sachsen-Anhalt

Fragt sich: Wie lange bleibt die SPD noch im Tiefflug? Landeschef Burkhard Lischka sagt am Wahlabend, dass seine Partei Zukuntsthemen auf die höhe Zeit der Zeit bringen muss – den Klimaschutz zum Beispiel. Klar ist: Es wird allerhöchste Zeit.

Die deutlich gestiegene Wahlbeteiligung

Viele große Parteien haben bei der Kommunalwahl verloren – eine Zahl aber ist deutlich gestiegen: die der Wahlbeteiligung. Sie liegt nach aktuellem Zwischenstand bei 53,8 Prozent, ein Zuwachs von mehr als 10 Prozentpunkten. Das ist für sich genommen immer noch viel zu wenig, geht aber in die richtige Richtung.

War es die Tatsache, dass bei Kommunalwahlen Politik vor der Haustür entschieden wird? Oder war es Verägerung, die die Leute dazu bewegt hat, wählen zu gehen? Oder vielleicht etwas ganz anderes? Es ist müßig, über die Gründe zu spekulieren. Klar ist: Dass mehr Menschen zur Kommunal- und auch zur Europawahl gegangen sind, ist eine gute Nachricht.

Vor allem diese Erkenntnis sollte mitgenommen werden – für anstehende Wahlen in der Zukunft.

Luca Deutschländer
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Über den Autor Luca Deutschländer arbeitet seit Januar 2016 bei MDR SACHSEN-ANHALT – in der Online-Redaktion und im Hörfunk. Seine Schwerpunkte sind Themen aus Politik und Gesellschaft. Bevor er zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, hat der gebürtige Hesse bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine in Kassel gearbeitet. Während des Journalistik-Studiums in Magdeburg Praktika bei dpa, Hessischem Rundfunk, Süddeutsche.de und dem Kindermagazin "Dein Spiegel". Seine Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind das Schleinufer in Magdeburg und der Saaleradweg – besonders rund um Naumburg. In seiner Freizeit steht er mit Leidenschaft auf der Theaterbühne.

Quelle: MDR/ld

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 27. Mai 2019 | 19:00 Uhr

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