Auf ein Wahlplakat der Alternative für Deutschland in Magdeburg haben Parteigegner mit weißer Schrift "Alternative für Deppen" gesprüht.
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Vor der Landtagswahl In wenigen Wochen hunderte Wahlplakate beschädigt

29. Februar 2016, 09:17 Uhr

Im Wahlkampf gehören sie dazu wie der Dom zu Magdeburg: Wahlplakate. In der heißen Phase vor der Landtagswahl hat sich MDR SACHSEN-ANHALT in Magdeburg umgeschaut und festgestellt: Viele Wahlplakate sind beschmiert, beschädigt oder regelrecht zerstört. Die Parteien in Sachsen-Anhalt reagieren darauf fast schon gelassen - zu alltäglich scheint die Zerstörungswut geworden zu sein. Dabei ist klar: Wer beim Beschmieren oder Beschädigen eines Wahlplakats erwischt wird, dem droht eine saftige Strafe.

Seit Ende Januar sind bei den Polizeidirektionen in Sachsen-Anhalt hunderte Fälle von zerstörter oder beschmierter Wahlwerbung zur Anzeige gebracht worden. Das haben Recherchen von MDR SACHSEN-ANHALT bei den Polizeidirektionen ergeben. Demnach liegt die Zahl der angezeigten Fälle von Sachbeschädigung zwischen dem 26. Januar bis einschließlich 21. Februar bei rund 900.

Die Betroffenen, also die Parteien, kennen das Problem. Doch ihre Erfahrungen sind unterschiedlich: Während einige Parteien einen Anstieg bei der Zahl beschädigter Wahlplakate wahrgenommen haben, sieht es bei anderen genau umgekehrt aus. Auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT hat die CDU bekannt gegeben, in den verschiedenen Wahlkreisen sehr unterschiedliche Beobachtungen gemacht zu haben - von der "erheblichen Beschädigung" bis hin zu nahezu keiner Zerstörung. Die Linke hat den Eindruck, dass die Beschädigung ihrer Wahlwerbung in den vergangenen Jahren "massiv zugenommen" hat.

Beschädigung von Großflächenplakaten hat zugenommen

Seitens der SPD hat man regional sehr unterschiedliche Ausmaße der Beschädigung von Wahlwerbung registriert. Und die Grünen haben festgestellt, dass insbesondere die Beschädigungen an Großflächenplakaten im Vergleich zu vergangenen Wahlkämpfen zugenommen haben. Bei der FDP ist es umgekehrt: Die Liberalen teilen mit, dass die Zahl beschädigter Plakate bisher "spürbar geringer" als noch in den vergangenen Jahren sei. Die AfD berichtet von teils „massiven Plakatverlusten“. Insgesamt seien 30 Prozent der Wahlplakate zerstört worden – darunter mehr als die Hälfte aller Großflächenplakate.

Für die Polizeidirektionen in Sachsen-Anhalt ist das nichts Neues. Beatrix Mertens von der Polizeidirektion Nord in Magdeburg sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass zwischen Ende Januar und dem 21. Februar annähernd 450 zerstörte Wahlplakate bei der Polizei gemeldet worden sind - darunter mit fast 180 Plakaten viele von der AfD.

Erfahrungen mit zerstörten Wahlplakaten haben auch die Beamten der Polizeidirektion Süd in Halle gemacht. In ihrem Zuständigkeitsbereich sind in nicht einmal vier Wochen zwischen dem 30. Januar und dem 21. Februar 199 Fälle von beschädigten Wahlplakaten bei der Polizei zur Anzeige gebracht worden - "von den verschiedensten Parteien", wie Ulrike Diener aus der Pressestelle erklärt. Sie sagt, dass nicht nur die großen Plakate beschädigt würden.

Bei der Polizeidirektion Ost in Dessau sind im fast identischen Zeitraum 251 Beschädigungen von Wahlplakaten registriert worden. "Betroffen sind Wahlplakate aller Parteien", sagt Polizeisprecher Sebastian Opitz. Ob die Anzahl der angezeigten Zerstörungen von Wahlplakaten im Vergleich zur Landtagswahl vor fünf Jahren zu- oder abgenommen habe, lasse sich erst nach dem Wahltag mit Sicherheit sagen. Nur so viel: "Die Angriffe sind strafrechtlich überwiegend als Sachbeschädigung einzuordnen", so Opitz.

Kein Kavaliersdelikt

Apropos Sachbeschädigung: Das Beschmieren oder Beschädigen von Wahlplakaten ist kein Kavaliersdelikt. Wer von der Polizei erwischt wird, dem drohen eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Haft wegen des Straftatbestandes der Sachbeschädigung. So steht es im Strafgesetzbuch, Paragraph 303. Demnach ist schon der Versuch der Sachbeschädigung strafbar.

Besorgt über die Zerstörung von Wahlplakaten zeigt sich auch Landeswahlleiterin Christa Dieckmann. In einer Mitteilung betont sie, dass für Vandalismus in der politischen Auseinandersetzung kein Platz sei. "Die Mitwirkung der Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes und die freie Meinungsäußerung auch in Form von Wahlwerbung sind grundlegende Voraussetzungen in einer Demokratie und dürfen in keiner Weise behindert werden", so Dieckmann.

Die Parteien in Sachsen-Anhalt sind sich weitgehend einig, wie ihre Reaktionen auf zerstörte Wahlwerbung aussehen: In fast allen Fällen wird Anzeige erstattet. Unterschiedlich sind hingegen die Angaben, die die Parteien hinsichtlich der Zusatzkosten machen, die ihnen durch die Zerstörung und den Austausch entstehen. Deutlich wird aber, dass die meisten der Parteien von Beginn an ein Zusatzkontingent an Ersatzplakaten einplanen. Diese Tatsache ist neben der Polizeistatistik ein weiteres Indiz dafür, dass Vandalismus an Wahlplakaten inzwischen offenbar mit zum Wahlkampf gehört - fast, wie der Dom zu Magdeburg.

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