Abgeordnete des Landtages von Sachsen-Anhalt sitzen im Plenarsaal an ihren Plätzen.
Mehr Mitbestimmung für Parlamente? Darum drehte sich unsere aktuelle Frage der Woche. Bildrechte: picture alliance/dpa

Frage der Woche zur Landtagswahl MDRfragt: Viele verlangen mehr Mitspracherechte für Parlamente in der Corona-Pandemie

19. Februar 2021, 14:19 Uhr

Die Parlamente sollten über den politischen Kurs in der Corona-Pandemie abstimmen. Das finden 65 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer MDR-Umfrage. Gegner argumentieren: Das dauert zu lange. Die Ergebnisse im Detail.

Braucht es mehr Mitspracherechte aller gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter – sollten die Parlamente über die Corona-Maßnahmen abstimmen? Das war in dieser Woche Thema einer gemeinsamen Befragung von MDRfragt – dem Meinungsbarometer für Mitteldeutschland und MDR SACHSEN-ANHALT. Seit Freitag liegen die Ergebnisse vor: Zwei Drittel der gut 5.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (65 Prozent) haben sich demnach für eine stärkere Mitbestimmung des Parlaments beim politischen Kurs in der Pandemie-Bewältigung ausgesprochen, 31 Prozent dagegen. Fünf Prozent der Frauen und Männer machten keine Angaben. Das Ergebnis ist nicht repräsentativ, aber gewichtet.

Ein Blick auf die Altersgruppen zeigt, dass vor allem jüngere Teilnehmerinnen und Teilnehmer bis 49 Jahre für eine Beteiligung des Parlaments sind. Danach nimmt die Zustimmung ab. In Zahlen: Während von den 16- bis 29-Jährigen 74 Prozent eine Mitbestimmung der Landtage in Fragen der Corona-Politik forderten, waren es bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ab 65 Jahren nur noch 55 Prozent.

Die Debatte: Das steckt hinter unserer Frage der Woche

Regelmäßig beschließen Bund und Länder, welche Maßnahmen ergriffen werden zur Eindämmung der Corona-Pandemie – zuletzt bis 7. März. Ein Großteil der gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter in den Parlamenten wird dabei für gewöhnlich nicht gehört. Abstimmungen über die nächsten politischen Schritte zur Pandemie-Bewältigung gibt es in kaum einem Landtag. Die Rufe danach werden aber lauter, vor allem von Seiten der Opposition. Sie verlangt, stärker einbezogen zu werden.

Der Landtag in Sachsen-Anhalt war deshalb am Donnerstag sogar zu einer Sondersitzung zusammengekommen, die die AfD und der fraktionslose Abgeordnete André Poggenburg beantragt hatten. Tenor dort war von Linken, AfD und auch Grünen: Das Parlament muss stärker beteiligt werden. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) lehnte das ab – auch mit dem Verweis auf Länder wie Tschechien, in denen wegen fehlender Einigungen im Parlament wertvolle Zeit verloren gegangen sei.

Ja: "Die Frage dürfte sich gar nicht stellen"

Eine deutliche Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat sich in der Umfrage also dafür ausgesprochen, Parlamente stärker in die Corona-Politik einzubeziehen. Hier exemplarisch einige Meinungen dazu:

Ja, aber kein Palaver machen! Einmal eine Grundsatzentscheidung treffen reicht. Den weiteren Rest legt die Regierung in Berlin fest!

Teilnehmer, Jahrgang 1948, Magdeburg

Mir persönlich ist der entscheidende Personenkreis viel zu klein, insbesondere das Expertengremium. Es gibt ja durchaus Epidemiologen etc. mit abweichender Meinung z.B. zu den Herren Lauterbach, Drosten etc.

Teilnehmerin, Jahrgang 1973, Dessau-Roßlau

Ja, aber nur wenn die Entscheidung innerhalb von fünf Tagen getroffen werden kann.

Teilnehmer, Jahrgang 1930, Magdeburg

Dafür wählen wir alle 4/5 Jahre!

Teilnehmer, Jahrgang 1970, Landkreis Börde

Die Frage dürfte sich gar nicht stellen. Das jetzige Vorgehen, Grundrechtseingriffe (zudem in einem bisher nie dagewesenen Umfang) allein der Exekutive zu überlassen, widerspricht elementar der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Wesentlichkeitstheorie, wonach alle Entscheidungen mit weitergehenden Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft, allein der Parlamenten obliegen, die sich dieser Verpflichtung auch nicht selbst entäußern dürfen.

Teilnehmer, Jahrgang 1962, Stendal

Nein: In diesen Zeiten ist schnelles Handeln gefragt!

Gut 30 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage sieht das anders. Sie stimmten dafür, den Parlamenten keine weitere Mitbestimmung beim Kurs der Pandemie-Bewältigung zu geben. Ein dafür immer wieder genanntes Argument: die fehlende Zeit.

Es gibt eine gewählte Regierung und dieser muss die Kompetenz der Entscheidung zugetraut werden.

Teilnehmer, Jahrgang 1965, Landkreis Anhalt-Bitterfeld

Es ist in dieser Pandemie sicher auch notwendig, schnelle Entscheidungen zu treffen. Je mehr mit diskutieren, um so länger dauert alles. Viel wichtiger fände ich, dass, wenn eine Entscheidung getroffen wurde, diese einheitlich und nachvollziehbar ist. Das fehlt meiner Ansicht nach.

Teilnehmerin, Jahrgang 1969, Halle

Manche Maßnahmen müssen schnell durchgeführt werden. Da stören langatmige Diskussionen erst im Bundestag, danach in den Landtagen und schließlich in den Stadtvertretungen. Bis die sich alle geeinigt haben, ist die Hälfte der Bevölkerung gestorben.

Teilnehmer, Jahrgang 1953, Altmarkkreis Salzwedel

Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Die Corona-Pandemie ist eine Ausnahmesituation. Hier sollten Entscheidungen nur von Experten wie Virologen bzw. Ärzten empfohlen und getroffen werden. Unsere Kanzlerin ist mit dem aktuellen Beratungsteam (Wissenschaftler) bestens aufgestellt. Ich glaube nicht, dass Abgeordnete mit medizinfremden Berufen hier kompetente Entscheidungen treffen könnten. Außerdem würde die Dauer bis zur Beschlussfassung erheblich verlängert werden. Ich vertraue unserer Kanzlerin, die ja auch Wissenschaftlerin ist, bei ihren Entscheidungen in jeder Hinsicht.

Teilnehmerin, Jahrgang 1956, Dessau-Roßlau

Weder noch: MDRfragt-Mitglieder für Kommission aus Spezialisten

Vielleicht ist die Lösung am Ende aber eine ganz andere: Mehrere MDRfragt-Mitglieder haben sich dafür ausgesprochen, dass eine Kommission aus Spezialisten über die Maßnahmen zur Pandemie-Bewältigung entscheiden sollte. Hier exemplarisch zwei Stimmen dazu:

Es muss eine Kommission geben, bestehend aus Spezialisten aus Wissenschaft (Medizin, Psychologen, Pädagogen, Logistikern), die für ganz Deutschland die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie entscheiden. Das Parlament ist zu schwerfällig und behindert sich aus parteipolitischen Gründen nur gegenseitig.

Teilnehmer, Jahrgang 1950, Saalekreis

In einer derartigen Situation können nicht alle mitreden, es kann und muss durch ein fachkundiges Gremium beschlossen, umgesetzt und kontrolliert werden. Regionale Abweichungen kann es nicht geben.

Teilnehmer, Jahrgang 1946, Magdeburg

Andere sind der Zahl der öffentlichen Debatten ohnehin überdrüssig – und wünschen sich, dass die Pandemie mit all ihren Auswirkungen nicht konsequent die mediale Berichterstattung dominiert.

Es wird viel zu viel diskutiert. In jedem Fenseh-, Radiosender, in Printmedien, überall Virologen, Epidemiologen, Psychologen, Soziologen, Wirtschaftsfachleute, und und und. Alle haben ihren Ansichten und Meinungen. Es würde uns, den Bürgern, die Krise etwas leichter machen, wenn wir nicht von morgens bis abends von sogenannten 'Experten', egal über welche Medien, berieselt werden.

Teilnehmerin, Jahrgang 1951, Salzlandkreis

Auf einer Grafik zeigen drei verschiedenfarbige Balken das Ergebnis einer Befragung an.
Bildrechte: MDRfragt | Manuel Mohr

Frage der Woche zur Landtagswahl geht weiter

Die Befragung ist Teil unseres neuen Formats, der "Frage der Woche zur Landtagswahl", die wir Ihnen seit diesem Monat nun wöchentlich stellen. Wenn Sie an den nächsten Befragungen teilnehmen möchten, müssen Sie nur Teil der MDRfragt-Community werden. Die Anmeldung geht einfach und schnell unter www.mdrfragt.de. Dort finden Sie auch weitere Infos. Die jeweilige "Frage der Woche zur Landtagswahl" bekommen Sie danach immer automatisch per Mail zugeschickt. Und über das Ergebnis berichten wir zuerst jeden Freitagabend in #LTWLSA – unserem Update zur Landtagswahl.

Die Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl, von links nach rechts: Eva von Angern (Die Linke), Cornelia Lüddemann (Grüne), Katja Pähle (SPD), Reiner Haseloff (CDU), Lydia Hüskens (FDP), Oliver Kirchner (AfD)
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDRfragt, Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 19. Februar 2021 | 17:00 Uhr

2 Kommentare

Mike.... am 20.02.2021

Am Wochenende dicht an die 20 Grad, da werden einige Erkältungen kommen und das Virus hat neue Angriffspunkte. Könnte sein,, das am Mittwoch neue Beschränkungen diskutiert werden. Und schnell umgesetzt. Wenn jetzt erst die ganzen Gremien diskutieren. AfD gegen jegliches, FDP öffnen für Industrie, SPD für den Betrieb von Schulen und Grüne für alles dicht. 6 verschiedene Meinungen 100 verschiedene Charaktere, wie lange will man da diskutieren um den einzig richtigen weg zu finden.

Realist62 am 19.02.2021

+Manche Maßnahmen müssen schnell durchgeführt werden. Da stören langatmige Diskussionen erst im Bundestag, danach in den Landtagen und schließlich in den Stadtvertretungen. Bis die sich alle geeinigt haben, ist die Hälfte der Bevölkerung gestorben.

Teilnehmer, Jahrgang 1953, Altmarkkreis Salzwedel+

DIE VIREN KENNEN KEINE DEMOKRATIE:

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