Diskussionsrunde Harzklub Alpin-Ski im Harz? "Wintersport wird zur Sahne auf dem Kaffee"

13. Februar 2020, 17:46 Uhr

Es sind gerade Winterferien in Sachsen-Anhalt. Doch vom Winter ist in dieser Saison bislang nicht viel zu spüren. Die Frage, die sich besonders im Harz stellt: Soll weiter in den Wintersport investiert werden? Das Ergebnis der Diskussionsrunde in Braunlage fällt gemischt aus.

Lohnt es sich noch, in Ski und Rodel zu investieren, angesichts warmer Winter aber auch – siehe Schierke – angesichts unendlich langer und komplizierter Planungsverfahren? Wie soll mit den vorhandenen Liftanlagen umgegangen werden? Soll man sie modernisieren oder schließen? Der Harzklub hatte seine Mitglieder und Bürger des Oberharzes dazu aufgerufen, darüber zu diskutieren.

Diskussionsrunde in Braunlage

Skiwelt Harz
Der Harz als Wiege des Skisports in Deutschland Bildrechte: Carsten Reuß/MDR

"Alpin-Ski im Harz" hieß das Motto der Veranstaltung am Mittwochabend im Kurgastzentrum von Braunlage. Die Organisatoren hatten ein dickes Fragezeichen hinter die Aussage geschrieben – angesichts des frühlingshaften Wetters der vergangenen Wochen. Wie bestellt, gibt es aber frischen Schnee. Einige im Saal finden das Fragezeichen hinter der Überschrift des Abends nun nicht so gut, gerade hier, wo 1883 der Skisport in Deutschland begann.

Alpin-Ski im Harz – natürlich ohne Fragezeichen, findet zum Beispiel Hannes Westphal aus Braunlage. Der 79-Jähige hat früher in der Kurverwaltung gearbeitet, saß im Stadtrat des Ortes. Jetzt sagt er: "Wir sind in einer Destination, wo wir den Winter brauchen, wir leben davon. Die Wintersportgebiete müssen bestehen bleiben, zur Not auch mit Beschneiungsanlagen, wenn es nicht anders geht." Ludwig Wucherpfennig vom Alpenverein Hildesheim, der im Oberharz eine Skihütte betreibt, kontert: "Ich glaube nicht, dass auf Dauer die Zukunft des Skisports im Harz in künstlicher Beschneiung liegt."

Mitglieder mit unterschiedlichen Interessen

So gehen die Argumente hin und her. Der Harzklub hat die Diskussionsrunde veranstaltet. Präsident Oliver Junk sagt, er habe festgestellt, dass der Harzklub eine sehr heterogene Mitgliederschaft habe. Da gäbe es Mountainbiker und Wanderer, Nationalparkfans und andere, die dem Nationalpark kritisch gegenüber stünden. Und es gäbe eben auch Befürworter und Gegner des Alpinen Skifahrens. Er, so Junk, wolle einfach, dass auf der Grundlage vernünftiger Informationen miteinander diskutiert werde. In der Vergangenheit gab es bereits ähnliche Veranstaltungen zum Borkenkäfer, zum Nationalpark und auch zum Wolf.

Wie soll die Zukunft im Harz aussehen?

Kann und soll man nun weiter in den Skisport investieren und in Beschneiungsanlagen? Nein, findet Grünen-Politikerin Sabine Wetzel aus Wernigerode, die im Podium mit dem ehemaligen Skispringer und Vertreter des Skiverbandes Walter Lange diskutiert. Sabine Wetzel plädiert für den Erhalt der vorhandenen Anlagen, ist aber gegen die Ausweisung neuer. Stattdessen sollten alternative Konzepte entwickelt werden. Für Schierke, wo für eine alpine Skipiste gekämpft wird, fallen ihr ein Saal für Auftritte und Lesungen oder Lesecafés ein.

Die Liftanlage am Skigebiet Matthias-Schmidt-Berg in St. Andreasberg im Harz außer Betrieb
Die Liftanlage am Skigebiet Matthias-Schmidt-Berg in St. Andreasberg Bildrechte: picture alliance / Swen Pförtner/dpa | Swen Pförtner

Mit einem "Jein" beantwortet der einzige anwesende Skiliftbetreiber diese Frage. Karsten Otto betreibt die Liftanalgen am Matthias-Schmitt-Berg in Sankt Andreasberg. Seine Unternehmen hätte viel investiert, siebenstellige Summen, sagt er, doch in einem Winter wie diesem komme kein Geld zurück. Deshalb würde er nicht mehr in Erweiterungen investieren. Doch erhalten und regelmäßig warten will er die vorhandenen Anlagen. Die würden sowieso immer laufen, im Winter für Skifahrer und im Sommer für Mountainbiker, Sommerrodler und Wanderer. Er sehe keinen Grund, die Anlagen abzubauen. Am Ende müsse man so aufgestellt sein, dass es auch mal ohne Schnee gehe.

Bereits viele Millionen Euro investiert

Viel zu eng gefasst sieht hingegen Braunlages Bürgermeister Wolfgang Langer die Diskussion. Das, was die Planer der Schierke Seilbahn versprechen, ist in Braunlage Wirklichkeit geworden. Die Erweiterung des Skigebiets am Wurmberg und dessen Ausrüstung mit Beschneiungsanlagen vor gut sechs Jahren sei eine echte Initialzündung gewesen, gibt er zu bedenken.

Zwei Millionen Euro habe die öffentliche Hand investiert, der private Betreiber etwa zehn Millionen, rechnet Langer vor. An Folgeinvestitionen habe es seitdem allerdings rund 150 Millionen Euro gegeben. Es seien neue Hotels und Ferienwohnungen gebaut und vorhandene Anlagen modernisiert worden, so Langer. Die Übernachtungszahlen seien extrem angestiegen. "Wenn wir Investoren nach ihren Beweggründen gefragt haben, da war das für viele so, dass der Ausbau des Gebiets ein Signal gesetzt hat. Jetzt passiert was im Harz und wir wollen an der Entwicklung teilhaben."

Für den Bürgermeister von Braunlage sind auch Beschneiungsanlagen kein Problem. Hallenbäder, Hotels und Wellnessanlagen würden viel mehr Energie verbrauchen als die viel kritisierten Schneekanonen. Außerdem würden die sich auch technisch weiterentwickeln und dann weniger Energie- und Wasser verbrauchen. "Wenn es dann ein günstigeres Energielevel gibt, ich wüsste nicht, warum ich da nicht mittun sollte", so Langer.

Präsident setzt auf Ganzjahrestourismus

Fazit der Runde: Bestehende Anlagen sollen unbedingt erhalten bleiben und gepflegt werden, darin herrscht Einigkeit, sogar Grüne und Nationalparkvertreter befürworten es. Ob in neue Anlagen investiert werden soll, darüber gibt es aber sehr unterschiedliche Meinungen. Das Fazit von Harzklub-Präsident Oliver Junk: "Wir werden nicht mehr das Geld verdienen mit dem Wintersport, deshalb müssen wir uns hin zu einem Ganzjahrestourismus entwickeln. Das gelingt uns schon sehr gut. Überall steigen die touristischen Zahlen. In Zukunft wird der Wintersport immer öfter nur die Sahne auf dem Kaffee sein."

Aktuelle Themen im Harzklub

Der Harzklub hat 13.000 Mitglieder in 87 Zweigvereinen. Seit 2018 organisiert er Diskussionsrunden zu aktuellen Themen im Mittelgebirge – zum Beispiel "Nationalpark Harz – Was macht der Borkenkäfer mit unserem Wald?", "Dürrerekord und Jahrtausendhochwasser – wie sieht die Wasserversorgung der Zukunft aus?" und "Die Rückkehr des Wolfes in den Harz – Wanderer in Gefahr?". Dabei gab es jeweils mehr als 100 Gäste.

Quelle: MDR/ahr

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 13. Februar 2020 | 07:30 Uhr

3 Kommentare

HauRuck am 14.02.2020

Falls das nicht angekommen ist, Jahr für Jahr werden auch im Harz immer neue +Temp.-Rekorde aufgestellt, die Erwärmung ist real vorhanden, kaum ist etwas Schnee gefallen, taut es auch wieder und Schneekanonen brauchen unter -3°C, das wird es seltener geben, dazu kommen Stürme, wo dann kein Lift betrieben werden kann und auch im Schwarzwald wird behauptet, man habe den Ski erfunden und insbesondere Ältere scheinen wenig Verständnis für das veränderte Wetter zu haben. Nach der katastrophalen Forstpolitik mit der Fichte, der man spätestens vor 30 Jahren (siehe Bayrischer Wald) hätte den Laufpass geben müssen, wird der beste Weg einfach sein, zurück zur Natur, denn ein umgefallener Baum ist nicht schlimm, die Mondlandschaft macht erst der Harvester, man wird sich entscheiden müssen, einen Acker mit Bäumen, was dann vllt. nicht funktioniert oder man lässt es die Natur machen, höchstens mit Begleitung des Menschen, denn Wald gab und wird es wieder geben im Harz, auch ohne den Menschen!

August am 13.02.2020

Am 16 Februar soll es bis zu 18 Grad warm werden Winter sieht bei weitem anderst aus offenbar herrscht bei den Vordenkern für dieses Projekt immer die 5 Jahreszeit
Nahallamarsch. Das ist im Wahrsten Sinn Schnee von Gestern.

jackblack am 13.02.2020

Wozu Skipisten anlegen oder einen Sessellift bauen wenn kein Schnee mehr fällt oder es kaum Frost gibt ????

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