Unterschriftensammlung "Mohren-Apotheke" in Magdeburg, soll der Name bleiben oder nicht?

20. Juli 2020, 14:51 Uhr

In ganz Deutschland wird darüber diskutiert, ob rassistisch geprägte Namen geändert werden sollen. In Magdeburg wurden Unterschriften gesammelt. Die Initiatorin will erreichen, dass die "Mohren-Apotheke" sich umbenennt. Der Eigentümer lehnt dies aber ab. Auch der Apothekerverband wies darauf hin, dass eine Namensnennung gar nicht so einfach ist.

Studentin setzt sich für Umbenennung der "Mohren-Apotheke" ein

Die "Mohren-Apotheke" in Magdeburg soll umbenannt werden – zumindest, wenn es nach Hannah Mugaragu geht. Die Medizin-Studentin sagt, der Name des Geschäfts ist rassistisch. Sie wandte sich deshalb an den Inhaber, zunächst per Mail, dann am Telefon. Der Inhaber habe abgelehnt. Er fände das Wort nicht rassistisch und eine Namensänderung entsprechend nicht nötig.

Hannah Mugaragu sagte MDR SACHSEN-ANHALT, spätestens mit der Sklaverei und der Rassentheorie sei der Begriff negativ besetzt. Schon vorher habe es aber "Kammermohren" als Diener in europäischen Häusern gegeben. Mohren-Darstellungen seien zudem oft stereotypisch und in unterwürfiger Haltung. Und: "[Der Begriff] ist einfach keine Eigenbezeichnung von Schwarzen, sondern eine Fremdbezeichnung."

Auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT verwies der Apotheker, Andreas Wallbaum, auf einen Artikel in der Volksstimme und sagte, dass er sich weitergehend nicht äußern wolle. Die Zeitung zitiert ihn: Der Name sei nicht abwertend gemeint, sondern gehe darauf zurück, dass Kaspar von den Heiligen Drei Königen Myrrhe als Heilkraut mitbrachte. Der Offene Brief sei zwar Anlass, nachzudenken. Eine Änderung sei aber auch mit enormen Kosten und Aufwand verbunden.

Offener Brief an Apotheke

Für Hannah Mugaragu zählt dieses Argument nicht. Sie schreibt in einem Offenen Brief an die Apotheke: Dass Apotheken nach den Mauretaniern benannt sein sollen, die pharmazeutisches Wissen und medizinischen Fortschritt nach Europa brachten, sei in diesem Fall irrelevant, "weil der Fakt in der breiten Bevölkerung weitestgehend unbekannt ist und nichts an der negativen, rassistischen Konnotation des Wortes ändert."

Mehr als 350 Unterschriften hat Hannah Mugaragu innerhalb weniger Tage gesammelt. 20 Organisationen und Vereine unterstützen das Anliegen, darunter das "Netzwerk für Women* of Color Magdeburg", der Flüchtlingsrat sowie die Partei "Die Linke". Die Unterschriftensammlung habe sie dem Apotheken-Inhaber persönlich übergeben. Es habe ein ruhiges und freundliches Gespräch gegeben.

Wie geht es weiter?

"Es geht auf jeden Fall weiter", sagte Mugaragu MDR SACHSEN-ANHALT. Sie habe bereits weitere Ideen. Spruchreif sei davon aber noch nichts. Die Apotheke hält sich bedeckt.

Der Vorsitzende des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt Mathias Arnold sagte: "Die gesellschaftliche Diskussion finde ich ganz ganz wichtig – an allen Punkten, wo uns Rassismus begegnet. Aber ich weiß eben nicht , ob es alleine mit der Mohren-Apotheke getan ist. Meine Angst wäre, dass wir uns alle schlafen legen, wenn wir den Namen geändert haben."

Woher kommt der Name "Mohr"? Es ginge um Kaspar von den Heiligen Drei Königen, sagte Andreas Wallbaum. Die Apotheke am Reileck in Halle, die den gleichen Namen trägt, schreibt auf ihrer Webseite: Der Name ginge zurück auf den "Heiligen Mauritius" – aber warum dann nicht Kaspar-Apotheke oder Mauritius-Apotheke?

Die Germanistin Dr. Ursula Föllner sagte MDR SACHSEN-ANHALT, in der Fachliteratur hieße es im Allgemeinen, dass das Wort "Mohr" seit dem 8. Jahrhundert im Deutschen verwendet wird, "also bereits in vorkolonialer Zeit." Es habe zunächst die Bewohner Nordafrikas bezeichnet, zum Beispiel aus Mauretanien – heute Marokko – und Äthiopiens. Später habe das Wort dann "die weitere dunkelhäutige Bevölkerung Afrikas" bezeichnet. Zwar soll das Wort zunächst wertneutral gewesen sein, ab dem 16. Jahrhundert hätten aber Stereotype eine Rolle gespielt. Das Wort sei ab dem Ende des 17. Jahrhundert veraltet – seitdem im Französischen eine heute noch bekannte, abschätzige Bezeichnung für afrikanische Sklaven aufkam.

Im Zusammenhang mit der Benennung von Apotheken sagte Mathias Arnold: Die moderne Heilkunde sei von Mauretanien nach Europa gekommen. "Da war damals State of the Art – das Moderne kam aus Mauretanien." Inhaber hätten so ihre Apotheken in modernen Kontext stellen wollen, so Arnold. "Kein Apotheker hat seine Apotheke mit einem Schimpfwort benannt – man benennt eine Apotheke nach etwas, auf das man stolz ist."

Kosten- und Aufwand für eine Umbenennung

Matthias Arnold erklärte MDR SACHSEN-ANHALT zudem den nötigen Aufwand und die Kosten, würde man eine Apotheke umbenennen wollen: Man müsse vor allem zahlreiche Einträge und Genehmigungen ändern lassen: Betriebserlaubnis, Handelsregistereintragungen, Zulassungen und Genehmigungen, Verträge mit Krankenkassen und weitere rechtliche Schriftstücke müssten geändert werden. Eigene Druckwerke – Briefpapier, Visitenkarten, Stempel und ähnliches – müssten neu erstellt und eingekauft werden. Zudem sei die Frage, ob die Kunden den Namenswechsel wahrnehmen würden.

Quelle: MDR/jh

47 Kommentare

Harri am 18.07.2020

Warum will sich die Studentin mit solch einer Aktion in Szene setzen? Kein Mensch setzt die Mohren-Apotheke mit rassistischen Gedankengut gleich. Was geht in solchen Menschen vor die andere unschuldig an den Pranger bringen. Mein Großvater hieß Adolf und verteufelte den 2.Weltkrieg, der Kampfhund meines Nachbarn ist der liebste Familienhund. Es ist nicht immer so wie es aussieht, nur was man daraus macht. Ich habe immer die Sarottischokolade und das Zigeunerschnitzel geliebt. Ich liebe auch Multikulti, wenn alle sich an Regeln halten. Jeder kann sich positiv in die Gesellschaft einbringen,aber die Mohren Apotheke sollte bleiben was sie ist. Eine Apotheke die allen in der Not mit Medikamenten hilft.

Mikro am 17.07.2020

350 Unterschriften ist ja armselig.Wir sind mehr,wir sind die,die möchten,das diese Apotheke ihren Namen behält.Die Tante soll sich um das Studium kümmern und die Menschheit mit ihrem Unsinn verschonen.Alles Gute dem Inhaber der MOHRENAPOTHEKE.

Wachtmeister Dimpfelmoser am 17.07.2020

Hinzu käme, dass ein solcher Stand im Umfeld der Apotheke mit Sicherheit attackiert würde und die Organisatoren wahrscheinlich auch noch tätlich angegriffen würden.

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