Second-Hand in Magdeburg Das Leben Ihrer Altkleider endet eventuell nicht da, wo Sie denken

26. September 2020, 18:49 Uhr

Während der langen Zeit zuhause haben viele Menschen Schränke und Kommoden ausgemistet: Die Zahl der Altkleiderspenden hat zugenommen. Die romantische Vorstellung, dass die alte Winterjacke nun Bedürftige wärmt oder dass das kaum getragene T-Shirt doch noch Wertschätzung findet, sind nicht unbedingt realistisch. Denn die Altkleiderlager sind voll.

Julia Heundorf
Bildrechte: MDR/Kevin Poweska

Unterhosen für Obdachlose sind in der Bahnhofsmission in Magdeburg eher Mangelware. Vor allem Boxershorts sind gefragt. Gabriele Bolzek, die in der Einrichtung arbeitet, erzählt mit einem Zwinkern: Wenn nur noch Slips verfügbar sind, würde der eine oder andere die alte Boxershorts lieber noch ein paar Tage länger tragen.

Die Bahnhofsmission sammelt alle Art von Spenden – Geld natürlich, aber auch Lebensmittel, Hygieneartikel und eben Kleidung. Fast täglich gibt das Team der Einrichtung frische Kleidung raus. Vier- bis fünfmal die Woche kleiden sie jemanden komplett neu ein, von der Socke bis zur Jacke.

Weil die Obdachlosen in Magdeburg und die Gäste der Bahnhofsmission vor allem Männer sind, liegen in der Bahnhofsmission nur Männersachen bereit. Abgelehnt werden Frauenkleider aber nicht. Sie werden weitergegeben an die Deutsche Kleiderstiftung.

Von der Bahnhofsmission in die Kleiderstiftung

Die Kleiderstiftung sammelt Altkleider, sortiert sie. Einige werden als Spenden ins Ausland transportiert, andere werden in Deutschland in den Läden der Stiftung verkauft, um mit dem Erlös wohltätige Zwecke, wie die Obdachlosenhilfe, zu unterstützen. Einer dieser Läden ist das "Zweimalschön" am Magdeburger Ulrichsplatz.

In Magdeburg nimmt der wohltätige Laden Kleiderspenden direkt entgegen und sortiert sie dann. Das erzählt die Filialleiterin Sibylle Eikel. Sehr gut erhaltene und schöne Kleider würden im Laden zum Verkauf angeboten. Der Rest komme nach Helmstedt, wo sich das Hauptwerk der Stiftung befindet.

Viele Menschen hätten während der Coronakrise die Zeit zuhause zum Ausmisten genutzt. Der Second-Hand-Laden hatte wochenlang geschlossen. Im Anschluss kamen dann überdurchschnittlich viele Spenden.

Die Lager in Helmstedt sind derzeit sehr, sehr voll.

Sibylle Eikel "Zweimalschön" Charity-Shop Magdeburg

Nicht gut genug für Putzlappen

Das Problem sei auch die Fast-Fashion-Mentalität. Teilweise seien Produkte so minderwertig, dass sie nicht verkauft und nicht gespendet werden können. Die würden dann an Sortierbetriebe verkauft, die daraus Dämmmaterial und Putzlappen herstellen.

Manchmal sei noch nicht mal mehr das möglich: Kleidung werde schlecht hergestellt und für Schnelllebigkeit produziert. Die synthetischen Fasern seien nicht saugfähig und damit nicht als Dämmung oder für Putzlappen geeignet. "Die müssen dann aufwändig, mit Kosten verbunden, verbrannt werden", so Sibylle Eikel.

Gespendet wird vor allem Frauen- und Kinderkleidung. Und die Zweimalschön-Filialleiterin sagt, dass Frauen dem Second-Hand-Prinzip aufgeschlossener seien als Männer. Trotz des Überflusses im Lager freue sich der Laden immer über Spenden. Ebenso wie die Bahnhofsmission, die – sofern in gutem Zustand – auch gebrauchte Boxershorts annimmt.

Julia Heundorf
Bildrechte: MDR/Kevin Poweska

Über die Autorin Julia Heundorf arbeitet seit Februar 2020 für die Online-Redaktion von MDR SACHSEN-ANHALT. Sie ist im Landkreis Harz aufgewachsen und hat ihren Bachelor in Halle und Bologna gemacht, den Master Medien, Kommunikation und Kultur in Frankfurt (Oder), Sofia und Nizza.

Nach Magdeburg kam sie für einen Job an der Uni. Zu ihren Lieblingsorten in Sachsen-Anhalt gehören die Dörfer westlich von Osterwieck, der Heinrich-Heine-Weg zum Brocken und das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle.

Quelle: MDR/jh

2 Kommentare

Lothar Thomas am 26.09.2020

Meinen Respekt für ALLE, die sich für Bedürftige in diesem Land aufopfern.

Da gehört auch Mut dazu, jeden Tag sich immer wieder das gleiche Elend anzusehen.

Angeblich ist dieses Land so unermesslich Reich, an Geld.

An Mitgefühl für Bedürftige (im eigenen Land), da hapert es jedoch bei vielen.

MORIA ist nicht nur auf Lesbos, sondern auch hier vor unseren Augen.

Weiteres verkneife ich mir hier, sonst wird dieser Kommentar auch nicht veröffentlicht.

Aber noch einmal DANKE für das Engagement bei "Zweimalschön" und auch bei der Bahnhofsmission.

BITTE MACHEN SIE AUCH IN ZUKUNFT SO WEITER ! ! !

Ihre Arbeit wird gebraucht und ist unendlich wichtig.


D A N K E ! ! !


wwdd am 28.09.2020

Keine Sorge, arme Menschen gehen weniger zur Wahl und werden dadurch in unseren Parlamenten unterdurchschnittlich repräsentiert

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