Colbitz-Letzlinger Heide Aktivisten besetzen Bundeswehr-Standort in der Altmark – Lage "entspannt"

19. September 2020, 10:33 Uhr

Etwa 20 Aktivisten aus ganz Deutschland haben am Freitag Teile des Gefechtsübungszentrums der Bundeswehr bei Letzlingen besetzt. An dem Standort werden Soldaten für Auslandseinsätze vorbereitet. Die Bundeswehr beschreibt die Lage als "ruhig und entspannt".

Rund 20 Friedensaktivisten haben am Freitag Teile des Bundeswehr-Standortes in der Colbitz-Letzlinger Heide besetzt. Konkret geht es dabei um das Gefechtsübungszentrum (GÜZ) Heer bei Letzlingen. Nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT drangen die Aktivisten am Morgen mit bunter Kleidung und Transparenten auf das Gelände ein.

Bundeswehr: Lage ruhig und entspannt

Feldjäger der Bundeswehr griffen sie nach kurzer Zeit auf und begleiteten die Aktivisten auf ihrem Weg über das Gelände. Das bestätigte die Bundeswehr am Vormittag MDR SACHSEN-ANHALT. Die Truppe beschrieb die Lage als "ruhig und entspannt". Schäden gebe es nicht. Solange sich daran nichts ändere, sehe man keinen Grund, einzugreifen. Das Stichwort laute Deeskalation. Bis Freitagnachmittag hatte sich nichts an der Situation geändert.

Oberst Michael Knoke: "Grenze überschritten"

Bundeswehr-Übungsstadt Schnöggersburg in der Altmark
Blick auf die Bundeswehr-Übungsstadt Schnöggersburg (Archivfoto) Bildrechte: MDR/Andreas Müller

Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT hat der Kommandeur des Gefechtsübungszentrums Heer, Oberst Michael Knoke, am Freitagnachmittag das Grundrecht jedes Einzelnen auf friedliche Demonstrationen untermauert. Dazu gehöre allerdings, Gebiet und Eigentum anderer zu respektieren. Die Aktivisten hätten das mit ihrem Eindringen auf militärisches Gebiet nicht getan. "Für uns als Bundeswehr ist da eine Grenze überschritten", sagte Knoke. Der Kommandeur des GÜZ verteidigte, dass die Bundeswehr am Standort in der Altmark Soldaten für Auslandseinsätze vorbereitet. "So lange die Welt ist, wie sie ist, brauchen Staaten die Möglichkeit, sich zu schützen", sagte er.

Mit Blick auf die umstrittene Übungsstadt Schnöggersburg sagte Knoke, Krisen entstünden dort, wo Menschen seien – also in bebauten Gebieten. Es sei richtig, den Umgang mit solchen Krisen entsprechend üben zu können.

Die Aktivisten haben sich am Vormittag nahe der früheren Ortschaft Salchau niedergelassen. Das Dorf war in den 1930er Jahren geräumt worden, um Platz für den Truppenübungsplatz zu schaffen. In einer Pressemitteilung erklärten die Aktivisten, der Truppenübungsplatz sei neben seiner Rolle für das Militär einer der "größten Klimakiller". Ziel der Aktion sei, den Ort wieder "lebendig und schützenswert" zu gestalten. Deshalb gedenke man auch derer, die das Heidedorf Salchau in den 1930ern verlassen mussten. Eine Sprecherin der Initiative sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man sei bislang zufrieden mit dem Ablauf der Aktion. Die Bundeswehr könne keine Übungseinsätze fahren.

Aktuell ohnehin kein Übungsbetrieb

Die seien für Freitag ohnehin nicht geplant gewesen, sagte ein Sprecher des Bundeswehr-Landeskommandos am Vormittag MDR SACHSEN-ANHALT. Aktuell gebe es keinen Übungsbetrieb. Mit dem Betreten des militärischen Sicherheitsbereichs haben die Aktivisten nach Bundeswehr-Angaben eine Ordnungswidrigkeit begangen. Deshalb seien die Personalien der rund 20 Beteiligten aufgenommen worden.

Aktivisten wollen die Bundeswehr abschaffen

Die Aktivisten aus ganz Deutschland hatten sich am Mittwoch zu einem Friedenscamp im niedersächsischen Wendland getroffen. MDR SACHSEN-ANHALT sagten sie, sie wollten sich für eine Abschaffung der Bundeswehr einsetzen. Gegen das GÜZ in der Colbitz-Letzlinger Heide hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder Proteste gegeben. Mehrfach wurde das Gelände auch schon besetzt.

Die Bundeswehr bereitet Landstreitkräfte dort auf Auslandseinsätze vor. Das Gefechtsübungszentrum mit dem dazugehörigen Truppenübungsplatz zählt zu den modernsten Militär-Ausbildungsstätten in ganz Europa. Seit 2012 wird dort auch die Übungsstadt Schnöggersburg gebaut.

Die Bundeswehr argumentiert, sie werde benötigt, weil Kämpfe in Zukunft kaum noch in der freien Fläche, sondern in bebauten Gebieten ausgetragen würden.

Quelle: MDR/ld,tv

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. September 2020 | 19:00 Uhr

28 Kommentare

Simone am 20.09.2020

Wo wird denn die Bundeswehr im GÜZ bitte überrannt? Wenn diese Demonstraten die legitimen Interessen der Bw unangemessen beeinträchtigen würden, dann hätte man entsprechende Maßnahmen ergreifen können / lassen. In manche Hirne scheint nicht hinein zu gehen, dass es manchmal besser ist zu deeskalieren und einen Protest wie die Welle am Strand einfach auslaufen zu lassen.

eoopy am 19.09.2020

Zitat Simone: "1. Was haben deutsche Soldaten im Ausland zu tun?
Ich würde sagen sie setzen sich dort für legitime deutsche Sicherheitsinteressen ein. Die Sicherheitsinteressen eines Landes enden eben nicht an seiner Grenze sondern gehen weit darüber hinaus."

Die Sicherheitsinteressen mögen über die Landesgrenzen hinausgehen, das Militär allerdings nicht, solange dies ausschließlich zur Verteidigung dient.
Beim Fußball verteidigt man auch nicht im gegnerischen Strafraum.

eoopy am 19.09.2020

...und ich habe den Demonstrierenden auch keine Verbrechen unterstellt, sondern bezog mich lediglich auf 2013, als einige Miltärfahrzeuge durch Aktivisten abgefackelt wurden.

Wenn du die NATO als Verteitigungsbündnis siehst, nehme ich das zur Kenntnis. Ich sehe das anders.
Wenn du meinst, unsere Feiheit muss auch am Hindukusch verteidigt werden, kann ich dir ebenfalls nicht beipflichten.

Aprops UNO: Im Artikel 2 der UN-Charta steht:
„Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“

Wenn sich daran alle halten würden, gebe es mit Sicherheit mehr Frieden.

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