Serie: Ein Jahr Corona in Sachsen-Anhalt Sportveranstaltung trotz Pandemie: Ein Stendaler im Wettkampf gegen das Virus

07. März 2021, 13:40 Uhr

Am 10. März 2020 wurden in Sachsen-Anhalt die ersten Corona-Fälle offiziell bestätigt. Ein Jahr danach startet MDR SACHSEN-ANHALT eine Reihe, in der Menschen zu Wort kommen, die wir schon zu Beginn der Pandemie sprachen. Wir wollen wissen, wie sich der Alltag seitdem verändert hat und wie die Menschen jetzt in die Zukunft blicken. Teil 4 mit Siggi Wille aus Stendal.

Ein junger Mann mit kurzem, dunkelblondem Haar steht lächelnd vor einer Betonwand.
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Wieder einmal sitzt Siggi Wille in seinem Organisationsbüro in einem Containergebäude auf dem Stadiongelände Stendal Galgenberg. Von seinem Schreibtisch aus organisiert er derzeit den 9. Stendaler Hansecup, eines der wenigen Seniorenleichtathletik-Mehrkampfmeetings der Welt in diesem Jahr. "Wir sind Optimisten und wir gehen davon aus, dass der 9. Stendaler Hansecup am letzten Maiwochenende hier im Stadion am Galgenberg stattfinden wird", gibt sich Cheforganisator Siggi Wille optimistisch.

Optimistisch – das waren der 70-Jährige und seine Mitstreiter auch vor einem Jahr bei der Planung des 8. Hansecups. "Am 11. März hatten wir hier das Spitzentreffen, da haben wir gesagt, dass der 8. Hansecup im Mai stattfinden wird. Eine Woche später hatten wir statt Spitzentreffen dann Krisensitzung. Da haben wir uns entschieden, den Wettkampf in den September zu verschieben", erinnert sich Wille.

Aus Liebe zum Sport

Welt- und Europameisterschaften waren da schon abgesagt. Doch Absagen war für Wille keine Option: "Die Verpflichtung hatten wir gegenüber den Seniorinnen und Senioren. Alleine die Freude bei den Athletinnen und Athleten nach einem erfolgreichen Wettkampf zu sehen, hat uns veranlasst zu sagen: 'Wir müssen das machen. Egal ob es am Ende ein Schuss in den Ofen wird und die Vorbereitung umsonst ist – wir bereiten alles vor, weil die Seniorinnen und Senioren es einfach verdient haben.'"

Genau diese Liebe zum Sport und seinen Athleten zeichnet Siggi Wille schon immer aus. Vor Jahren wurde er zum Ehrenmitglied des Kreissportbundes ernannt. In der Krise hat er einmal mehr bewiesen, dass das absolut gerechtfertigt ist.

Denn mit der Verschiebung des 8. Stendaler Hansecups auf das letzte September-Wochenende 2020 begann eine Flut an ehrenamtlicher Mehrarbeit. "Bis zum Hansecup und auch die Tage danach habe ich pro Tag 16 bis 20 Stunden gearbeitet, die Nächte waren sehr kurz", blickt der 70-Jährige lächelnd zurück. Athletenmeldungen stornieren, Startgelder zurückzahlen, neue Meldungen entgegennehmen und die Athletenhotels umbuchen. Siggi Wille musste den 8. Stendaler Hansecup zum zweiten Mal organisieren – erstmalig mit Hygienekonzept. "Das Schutzkonzept wurde fünf Mal überarbeitet. Wir haben es exakt auf die Veranstaltung und das Stadion am Galgenberg zugeschnitten."

Hansecup plötzlich Ersatz-WM

Somit gab es von den Behörden grünes Licht. Und auch sportlich versprach der 8. Hansecup echte Höhepunkte. Zwischenzeitlich musste Siggi Wille ein Anmeldestopp aussprechen – da hatten schon über 120 Athleten aus aller Welt für das Senioren-Mehrkampfmeeting in Stendal gemeldet. Aufgrund der ausgefallenen nationalen und internationalen Meisterschaften wurde der SHC zur Ersatz-WM. Die im Herbst steigenden Infektionszahlen traten dann etwas auf die Euphoriebremse. Vor allem die Über-80-jährigen Athleten sagten ihre Teilnahme kurzfristig ab. "Dafür hatte und habe ich aber absolut Verständnis", betont Wille.

Letztendlich waren knapp 70 Athleten aus zehn Nationen beim 8. Stendaler Hansecup am Start. Fast schon traditionell fielen diverse Rekorde – trotz des schlechten Wetters. Als am späten Sonntagnachmittag dann der letzte Zehnkämpfer die Ziellinie überquert hatte, konnte man einen Stein von Siggi Willes Herz fallen hören. "Tolle Sache, alles hat prima funktioniert. Wir können zufrieden sein und hoffen, dass alle gut nach Hause kommen und im nächsten Jahr wieder da sind", resümierte Wille unmittelbar nach den Wettkämpfen.

Als nach über einem Monat noch immer kein Teilnehmer oder Helfer positiv auf Corona getestet wurde, fiel ein weiterer Stein von Willes Herz. Die 800 Euro für das Hygienekonzept waren gut investiert.

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Auf zur nächsten Runde

Siggi Wille steht stellvertretend für die vielen ehrenamtlichen Helfer, die 2020 das einzige Mehrkampfmeeting für Seniorenleichtathleten weltweit auf die Beine gestellt haben. Den "Lohn" dafür gab es noch vor Ort im Stendaler Stadion.

Der Dank der Athleten war da und damit hat sich für mich alles gelohnt, was ich getan habe und ich werd's immer wieder tun.

Siggi Wille

Die Vorbereitungen für den 9. Stendaler Hansecup Ende Mai 2021 laufen derzeit auf Hochtouren. Das kleine Büro im "Stadioncontainer" ist wieder eine Art zweites Wohnzimmer für Siggi Wille. Unter anderem muss für die veränderte Pandemielage ein neues Schutzkonzept her. Doch es lohnt sich. Mittlerweile hat Siggi Wille schon über 50 Anmeldungen auf dem Tisch. Die Hoffnung ist groß, dass der 9. Hansecup nur einmal organisiert werden muss.

Ein junger Mann mit kurzem, dunkelblondem Haar steht lächelnd vor einer Betonwand.
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Über den Autor Jan-Malte Wagener ist seit Juni 2018 für MDR SACHSEN-ANHALT unterwegs. Seine Schwerpunkte sind Themen im Sport und im Bereich Stendal. Bevor er zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, studierte der gebürtige Prignitzer Journalismus an der Hochschule in Magdeburg. Während des Studiums absolvierte er Praktika beim NDR, bei der Fachzeitschrift "Leichtathletik" und bei der Tageszeitung "The Argus" in Brighton/England. Seine Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind der Wissenschaftshafen in Magdeburg und der Bürgerpark in Stendal. In seiner Freizeit guckt er gern jegliche Arten von Sport – egal ob live oder im Fernsehen. Selbst ist er viel mit dem Rad oder laufend im Park unterwegs.

MDR, Jan-Malte Wagener, Maria Hendrischke

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 10. März 2021 | 19:00 Uhr

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