29.03.2020 | 07:00 Uhr Lange Staus vor Ostern an der deutsch-polnischen Grenze erwartet
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Seit Freitag gelten in Polen verschärfte Einreiseregeln. Auch Pendler sind betroffen. Nach dem Mega-Stau Mitte März drohen Ostern erneut kilometerlange Staus an den Grenzübergängen.

In Polen gelten seit Freitag neue Bestimmungen im Grenzverkehr. Unter anderem müssen Reisende nach der Rückkehr nach Polen eine vierzehntägige Quarantäne in der Heimat absolvieren. Damit ist das Pendeln über die Grenze nahezu ausgeschlossen. Betroffen sind beispielsweise rund 800 polnische Beschäftigte des Schuhherstellers "Birkenstock" und 32 polnische Mitarbeiter des Görlitzer Klinikums. Bisher haben sich laut Klinikleitung 17 Beschäftigte entschieden, wegen der neuen Bestimmungen vorübergehend in Deutschland zu bleiben. Neben Berufspendlern treffen die Regeln aber auch viele kranke Menschen oder schwangere Frauen, die auf medizinische Versorgung in Görlitz angewiesen sind.
Bürgermeister bittet um Sonderreglungen
Der seit Jahren gelebte Gedanke der Europastadt Görlitz-Zgorzelec werde durch die Grenzschließung in Frage gestellt, meint der Zgorzelecer Bürgermeister Rafał Gronicz. Die Verschärfung der Bestimmungen bedeute für viele unserer Bewohner nicht nur den Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Kranke Menschen, die schon vor der Epidemie in polnischen Krankenhäusern niemand mehr aufnehmen wollte, müssen ihre Chemotherapie unterbrechen. Frauen können nicht mehr zu ihrem Arzt, der ihre Schwangerschaft begleitet.
"Was in Warschau seltsam erscheint, ist hier Alltag", kritisiert der Zgorzelecer Bürgermeister die Entscheidung der Zentralregierung und hat sich deshalb an die Woijewodschaft in Breslau gewandt, die besondere Situation in den Grenzregion zu überdenken.
Bis Ostern lange Staus erwartet
Mit Blick auf das Osterfest drohen die Grenzübergänge zum Nadelör zu werden. In Polen hat Ostern traditionell nicht nur als kirchliches Fest eine hohe Bedeutung, sondern auch als Familienfest. Im Ausland lebende Familienangehörige kommen zurück in die Heimat, bleiben dann meist bis zum nächsten Wochenende oder länger. Das wird auch in diesem Jahr nicht viel anders sein, meinen Passanten in Zgorzelec.
Auch viele osteuropäische Fernfahrer wollen Ostern in der Heimat verbringen. Sie sind bislang von den Quarantäneregelungen ausgenommen. Aber auch eine mögliche Quarantäne schreckt einige Fahrer nicht ab. "Wer soll das kontrollieren", winkt ein Brummifahrer aus Wałbrzych, dem einstigen Waldenburg in Niederschlesien ab. Auch er rechnet mit Stau in den nächsten Tagen. "Durch die Kontrollen an den Grenzen aufgrund der Corona-Epidemie wird es zu langen Wartezeiten kommen", meint der Fernfahrer und verweist auf den 60 Kilometer langen Stau nach der Schließung der Grenze vor knapp zwei Wochen. "Das blüht uns vor Ostern."
Bislang nur Beobachtung, keine Vorkehrungen
Der Verkehr nach Osteuropa könnte in den nächsten Tagen in Görlitz im Verkehrschaos enden. Wenn die Lkw den Autobahngrenzübergang Ludwigsdorf verstopfen, weichen Autofahrer wie vor zwei Wochen auf die Stadtbrücke aus. Doch bislang scheint sich in Görlitz niemand auf einen möglichen Ansturm auf die Grenzübergänge vor Ostern vorzubereiten. Aus dem Görlitzer Rathaus heißt es auf Anfrage von MDR SACHSEN: "Grundsätzlich beobachten wir das und die Stadtverwaltungen stehen im engen regelmäßigen Kontakt, u.a. durch Telefongespräche der Bürgermeister. Entschieden wird im Anbetracht der Lage!"
Stadt setzt auf Notfallplan
Schon jetzt stört das Hupen der wartenden Lkw am Autobahngrenzübergang Ludwigsdorf die Nachtruhe im Görlitzer Stadtteil Königshufen. Bauern an der Autobahn beschweren sich über Müll und andere Hinterlassenschaften der Reisenden nach Polen.
Auch Anwohner in Görlitz machen ähnliche unangenehme Erfahrungen, weil auch rings um die Stadtbrücke Sanitäreinrichtungen fehlen. Ob mobile WCs für den Osterreiseverkehr aufgestellt werden, ist noch nicht bekannt. Ebenfalls ist unklar, ob der Grenzübergang in Hagenwerder für den Grenzverkehr geöffnet werden kann, um ein Verkehrschaos in der Görlitzer Innenstadt zu vermeiden.
Einen Notfallplan gibt es von allen Beteiligten, diese haben auch eine tägliche Lagebesprechung.
Dieser Notfallplan kam beim Rekordstau Mitte März zwischen Burkau und Ludwigsdorf auf der A4 bereits zum Einsatz. 15.000 Reisende und Brummifahrer am Grenzübergang Ludwigsdorf mussten versorgt werden. Mehr als 1.000 Liter Kaffee und Tee gab der Görlitzer Katastrophenschutz aus. Fast 3.000 Suppen oder warme Speisen wurden für die Wartenden gekocht und mithilfe der Bundeswehr verteilt.
Mit den Kameraden vom Katastrophenschutz hat bislang noch niemand gesprochen, damit sie sich auf einen möglichen Einsatz in den nächsten Tagen vorbereiten können. Wahrscheinlich werden die Kameraden vom Piepser aus ihren Ostervorbereitungen oder aus der Familie gerissen, um wieder die Not an den deutsch-polnischen Grenzübergängen zu lindern.
Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 27.01.2020 | 00:01 Uhr