27.11.2019 | 20:10 Uhr Neue Soko in Görlitz soll Grenzkriminalität bekämpfen

27. November 2019, 20:10 Uhr

Mit der Sonderkommission "Argus" hat die Polizeidirektion Görlitz eine neue Organisationseinheit gebildet, die Ressourcen bündeln soll. Ihr gehören 59 Polizistinnen und Polizisten aus der Kriminalpolizeiinspektion und aus verschiedenen Revieren an. Polizeirätin Susanne Heise leitet die Einheit. "Neu an dieser Soko ist, dass die Ermittler - ich mag es mal als verschiedene Gewerke bezeichnen, aus denen sie kommen - jetzt unter einem Dach zusammenarbeiten", sagt die 38-Jährige.

Auch wenn die Kriminalitätsrate seit 2012 kontinuierlich zurückging, hätten die Grenzgemeinden zu Polen damit noch ein Problem, erklärt der Görlitzer Polizeipräsident Manfred Weißbach. Dort läge die Kriminalitätsrate dreimal höher als in Gemeinden im Landesinneren. Dazu komme eine gefühlte Unsicherheit der Menschen. Seit März 2019 habe die Polizei deshalb die Kontrollen im Grenzraum verstärkt, berichtet Weißbach. "Obwohl wir so massiv präsent waren, hat sich am Sicherheitsgefühl nichts geändert. Das stagniert oder ist schlechter geworden." Deshalb habe sich der Führungsstab der Polizeidirektion die Frage gestellt: Wollen wir weiter an einzelnen Stellschrauben drehen oder gehen wir einmal einen ganz anderen Weg, schildert Weißbach. Das Ergebnis der Beratungen ist die neue Soko.

Idee einer "All-in-One-Dienststelle"

Der Vorteil der Soko "Argus" sei nun, dass Anforderungswege wegfallen. "Wir sind agiler, können schneller reagieren und auch kurzfristig Einsatzbeamte auf die Straße bekommen - während im Hintergrund Ermittlungen laufen", erklärt Susanne Heise.

Manfred Weißbach verdeutlicht die bisherigen Abläufe: Die Kriminalpolizeiinspektion (KPI) legt ihre Ermittlungsergebnisse dem Führungsstab vor und fordert dort Kräfte für einen Zugriff an. Der Führungsstab prüfe dann, welche und ob überhaupt Beamte verfügbar sind, spreche dann mit der kräfteentsendenden Dienststelle und melde der KPI dann zurück. Diese Abläufe kosteten Zeit.

"Wenn ich jetzt etwas ermittle und in einer halben Stunde einen Zugriff starten möchte, dann würde das gar nicht funktionieren", räumt der Polizeipräsident ein. In der Soko "Argus" hätten die Ermittler aber einen direkten Draht zu den Einsatzkräften. Sie sitzen auf einer Etage. Weißbach nennt das eine "All-in-one-Dienststelle", die schnelleres Agieren ermöglichen soll.

Ein weiteres Ziel: Polizeiarbeit präsenter machen

Neben Ermittlern und Einsatzkräften sei die Soko "Argus" auch mit den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Prävention verzahnt. So will die Polizeidirektion der gefühlten Unsicherheit der Bürger begegnen. Die Polizeiarbeit solle sichtbarer werden, bekräftigt Soko-Leiterin Susanne Heise. "Wir werden mit unseren Ermittlern auch auf die Straße gehen. Wir werden aktiv nach Zeugen suchen, wir werden aktiv auf Geschädigte zugehen. Das ist alles auch vorher schon erfolgt. Wir wollen das Ganze noch intensivieren und forcieren und auch Präsenz zeigen in Form von uniformierten Kräften auf der Straße und im Grenzraum."

Die Soko "Argus" soll zunächst für ein Jahr bestehen. Danach will man deren Arbeit auswerten. Zeigt die Einheit die erhofften Erfolge, solle sie als Dauereinrichtung in die Aufbauorganisation der Polizeidirektion übernommen werden, erklärt Polizeipräsident Weißbach.

Soko reißt Lücken in Polizeirevieren

Erst dann könne die Polizeidirektion Görlitz auch mit zusätzlichem Personal rechnen. Die Lücken, die die Mitarbeiter der Soko in ihren Revieren zurücklassen, werden vorerst nicht nachbesetzt. "Jetzt müssen wir gucken, dass es in den Revieren weiterhin gut funktioniert. Wir sind eine relativ kleine Polizeidirektion mit 1.500 Bediensteten", sagt Manfred Weißbach. "Da sind 59 Bedienstete ein ganz schön großer Batzen. Aber das ist es uns einfach wert."

Sachsens Innenminister Roland Wöller lässt offen, ob diese Görlitzer Soko zu einem Modell für andere Polizeidienststellen werden könnte. "Wir konzentrieren uns auf den polnischen Grenzraum, weil dort die Herausforderungen besonders groß sind. Wenn es positive Effekte geben sollte, schließen wir allerdings nicht aus, das auch in andere Grenzregionen zu übertragen."

Aus der Kriminalstatistik Die durchschnittliche Zahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner lag im Jahr 2018 in Sachsen Grenzgemeinden zu Tschechien bei 3.741, in den Grenzgemeinden zu Polen dagegen bei 10.448. Besonders hoch war die Zahl der Straftaten in Görlitz. Dort wurden 12.256 Straftaten pro 100.000 Einwohner erfasst. Quelle: Sächsisches Innenministerium

Quelle: MDR/mk

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 27.11.2019 | 17:30 Uhr in den Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen

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