19.03.2020 | 21:03 Uhr | Update Grenzstau auf der A4 nach Polen verkürzt sich auf 20 Kilometer
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Der Stau auf der A4 in Richtung deutsch-polnische Grenze hat sich am Donnerstag weiter verkürzt. Wie die Polizei mitteilte, stauen sich Lastwagen und Pkw am Abend rund 20 Kilometer ab dem Grenzübergang Ludwigsdorf bei Görlitz zurück bis hinter Weißenberg. Der polnische Grenzschutz hatte am Morgen das Kontrollverfahren beschleunigt. Lastwagenfahrer und Berufspendler müssen am Grenzübergang nun kein Formular mehr mit Daten zu ihrer Erreichbarkeit ausfüllen.
Die Polizei bittet, eine Rettungsgasse für THW und DRK freizuhalten. Zwischen Burkau und Ludwigsdorf sind die Auffahrten weiter gesperrt. Am Mittwochabend hatte der Stau noch eine Länge von etwa 60 Kilometern.
30 Stunden Wartezeit für Lkw
Viele Trucker stecken seit 30 Stunden fest. Nach Informationen von MDR-Reportern sind die Wartenden frustriert und übermüdet. Andere Lkw-Fahrer wiederum ertragen ihr Los mit Gelassenheit. Ein betrunkener Trucker versuchte am Mittwochabend, im Stauchaos auf dem Standstreifen weiterzukommen. Die Polizei holte den Fahrer an der Ausfahrt Bautzen-Ost von der Autobahn und zog seinen Führerschein ein.
Es hätten sich auf der Autobahn aber auch Dramen abgespielt, berichtet Björn Miersch, Leiter des Amtes für Brand und Katastrophenschutz. Die Helfer hätten weinende Menschen angetroffen.
Es gab heulende Personen, die Angst hatten vor der Situation, die waren überfordert.
Mitarbeiter des Brand- und Katastrophenschutzes haben Pkw, in denen kleine Kinder mit drin saßen, rausgelotst und separat zur Grenze geschafft. Dort seien die Fahrzeuge dann zuerst abgefertigt worden, so Kreisbrandmeister Miersch. "Das hat auch gut funktioniert, hier noch mal ein Dankeschön an die polnischen Kollegen."
Soldaten helfen bei Versorgung der Menschen
Neben der Polizei sind das Technische Hilfswerk (THW), das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Bundespolizei und 50 Bundeswehrsoldaten aus Frankenberg im Einsatz. DRK-Sprecher Kai Kranich sprach am Mittwoch von einer humanitär bedenklichen Situation, die sich auf der A4 abspielt. Soldaten der Bundeswehr sollen nach Polizeiangaben am Donnerstag verstärkt eingesetzt werden, um das DRK zu entlasten. Mitarbeiter der Landratsämter seien ebenfalls vor Ort, um die Menschen im Stau zu verpflegen. Bauern boten die Versorgung betroffener Tiertransporte an.
Wir tauschen am Freitag die Einsatzkräfte aus und schicken etwa 50 Panzergrenadiere aus Gera auf die A4.
Stau an der Stadtbrücke in Görlitz
Auch am Grenzübergang Görlitz-Stadtbrücke leisten Anwohner den Wartenden Hilfe. Die Brücke wird zur Entlastung der A4 seit Mittwochvormittag als Übergang für Pkw und Kleintransporter genutzt. Hier hat sich am Mittwoch ebenfalls ein Riesenstau gebildet. Dadurch kämen Rettungswagen kaum durch die Stadt und zum Klinikum, berichtet der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU). "Das muss sich unbedingt wieder ändern", so der OB.
Polen kontrolliert jeden Einreisenden
Polen hat wegen der Corona-Pandemie seine Grenzen geschlossen. Grenzschützer kontrollieren jeden Einreisenden und messen seine Temperatur. Seit Donnerstag hat Polen die Vorschriften für die Kontrollen von Lastwagenfahrern und Berufspendlern gelockert. Wie eine Sprecherin des polnischen Grenzschutzes sagte, müssen diese beiden Gruppen bei einem Grenzübertritt kein Formular mehr mit Daten ihrer Erreichbarkeit ausfüllen. Damit lasse sich viel Zeit bei der Abfertigung sparen.
Um die überfüllten Autobahnen zu entlasten, wurden am Mittwoch weitere Übergänge für den Autoverkehr geöffnet. Pkw, Transporter, Kleinbusse und kleine Laster bis 7,5 Tonnen könnten ab sofort die bislang nur für Fußgänger gedachten Grenzübergänge in Frankfurt/Oder-Slubice, in Kietz-Kostrzyn nad Odra und in Görlitz-Zgorzelec nutzen, teilte der Grenzschutz mit.
Trotz der Verringerung der Staulänge auf der A4 rät die Polizei bis auf Weiteres allen Fahrzeugfahrern, die in Richtung Görlitz unterwegs sind und nicht über die Grenze wollen, die Autobahn ab Dresden zu meiden.
Baltische Staaten Litauen, Lettland und Estland holen Bürger zurück
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin", er sei wegen der Staus im nahezu täglichen Austausch mit den Behörden in Polen. Die Situation sei "wirklich dramatisch". Mit der polnischen Regierung sei abgesprochen worden, dass diejenigen Fahrzeuge, die Polen nur als Transitland etwa Richtung Lettland nutzen wollten, separate Spuren nutzen dürften und nicht weiter eingeklemmt blieben zwischen den Lastern.
Maas hofft, "dass sich das in den nächsten Tagen entspannt". Die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland haben selbst damit begonnen, Staatsbürger zurückzuholen, die inmitten der Coronakrise an der deutsch-polnischen Grenze feststecken. Polen hatte am Sonntag wegen der Coronakrise die Grenze für Ausländer geschlossen.
Quelle: MDR/ma/dpa
Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSENSPIEGEL | 19.03.2020 | 19:00 Uhr