XXL-Experiment Foucault-Pendel schwingt im Schulhaus in Auerbach
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In der Geschwister-Scholl-Oberschule im vogtländischen Auerbach ist seit einigen Tagen ein außergewöhnliches Physik-Experiment zu beobachten. Im Treppenhaus der Schule hängt ein riesiges sogenanntes Foucault-Pendel. Mit dem XXL-Experiment kann die Erdrotation veranschaulicht werden. Der Versuchsaufbau - als Ergänzung des Unterrichts gedacht - ist fast schon ein Kunstwerk. Entstanden in hunderten Stunden akribischer Arbeit.
Kay Herrman ist Physiklehrer an der Oberschule und hatte die Idee, den Versuch des französischen Physikers Foucault aus dem Jahre 1850 nachzubauen. "Ein Pendel behält, wenn es schwingt, seine Richtung bei. Die Erde wird sich unter dem Pendel hinwegdrehen." Da das Haus aber mit der Erde fest verbunden sei, schiene es so, als würde sich das Pendel drehen. Sichtbar wird das, weil die polierte Messingkugel am Ende eines 17 Meter langen Stahlseils im Treppenhaus langsam aber stetig über eine kunstvoll gestaltete Kompassrose von rund einem Meter Durchmesser schwingt.
Ein Jahr Präzisionsarbeit
Etwa ein Jahr haben Herrmann und seine Helfer, meist in ihrer Freizeit, an der Umsetzung im Schulhaus getüftelt. Auch für Feinmechaniker Dietrich Roßbach war es eine echte Herausforderung. "Es gibt keinen Bauplan für so etwas. Wir haben nur einige Handzeichnungen gehabt." Außerdem sei er Perfektionist. "Ich habe manche Sachen zweimal gemacht, weil ich gesagt habe, es muss auch optisch etwas bringen."
Technische Daten zum Foucault-Pendel in Auerbach
Pendellänge: 17,144 Meter (bis Mitte Kugel: 16,940 Meter)
Pendelkörper: Messingkugel mit einer Masse von 36,042 kg
Seil: Stahlseil mit 3 Milimeter Durchmesser
Auslenkung: 46,0 Zentimeter in beide Richtungen
Schwingungsdauer: 8,26 Sekunden (theoretisch), 8,22 Sekunden (gemessen)
Drehung der Schwingungsebene: 11,6 Grad pro Stunde (theoretisch), 11,3Grad pro Stunde (gemessen)
Geographische Lage: Breitengrad: 50,5079692°, Längengrad: 12,3981373°
Quelle: Geschwister-Scholl-Oberschule Auerbach/Vogtland
Unterstützung von der Westsächsischen Hochschule und dem Fraunhofer Institut Zwickau
Um das Experiment dauerhaft aufrechterhalten zu können, ist eine aufwendige elektronische Steuerung notwendig, die Reibungsverluste ausgleicht. Dazu sei man auf Hilfe angewiesen gewesen, sagt Kay Hermann. "Wenn wir dafür die Unterstützung vom Fraunhofer Institut Zwickau nicht gehabt hätten, hätten wir das nicht leisten können." Nun sorgt die Steuerung dafür, dass das Pendel ständig in gleichmäßiger Schwingung bleibt.
Wer den Effekt der Erdrotation optisch beobachten möchte, braucht ein wenig Geduld, sagt Herrmann. "Wir haben eine Drehung von 11,6 Grad pro Stunde, das heißt also, das Pendel wird in etwa 31 Stunden einen vollen Umlauf machen."
Mehr als nur ein wissenschaftlicher Versuchsaufbau
Neben dem wissenschaftlichen Aspekt könnte man jungen Menschen anhand des Pendels aber noch viel mehr veranschaulichen, schwärmt Kay Herrmann.
Das Pendel steht für Dinge wie Ausgleich, Stabilität, Gleichgewicht, Maß, Toleranz und Harmonie. Das sind Dinge, die kann man Kindern damit auch sehr gut vermitteln.
Stadt Auerbach hat das Projekt unterstützt
Für Sachsens Schullandschaft ist das Projekt einmalig. Nicht nur deshalb hat die Stadt Auerbach die Umsetzung finanziell unterstützt, sagt Oberbürgermeister Manfred Deckert. "Die Stadt hat sich mit 12.500 Euro beteiligt. Wenn man hier die Tür aufmacht und sieht dieses imposante Pendel, wie es sich im Licht hin und her bewegt - da gibt es in Deutschland sehr wenige. Und diese Qualität der Ausführung, das muss man erstmal finden." Deckert hofft, dass die Schüler der Oberschule ähnlich begeistert sind - und am ersten Schultag nach dem Lockdown staunend die schwingende, goldene Kugel im Treppenhaus beobachten.
Quelle: MDR/tfr/bs
Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio |29.12.2020 | 14:30 Uhr im Regionalreport aus dem Studio Chemnitz
Lothar Thomas vor 9 Wochen
Die Schule in Auerbach/Vogtl. kann man zu diesem außergewöhnlichen gelungenen Physikexperiment nur beglückwünschen.
Ein Lehrer, der sich dafür engagiert seinen Schülern im Unterricht nicht nur trockenes Wissen einzuhämmern, sondern auch in anschaulicher Weise vorgeführt, wie die Welt in ihrem Gefüge funktioniert.
Danke aber auch Allen, die ansonsten noch mit am Gelingen des Experimentes beteiligt waren.
Heutzutage ist es doch nicht nur wichtig eine Idee zu haben, da hängt ja immer noch die Ausführung und die Finanzierung des Ganzen mit dran.
Auf jeden Fall wäre es wichtig, solche Art von Projekten nicht nur an einer Schule im Freistaat zu haben, so etwas sollte auch an anderen Schulen Gang und Gäbe sein.
Dabei ist dann jedoch der Freistaat gefragt und sollte die Finanzierung übernehmen.
Es gibt schließlich genug sinnlose Projekte, wo sich nur jemand >Nichtssagend< verewigen will und das Geld regelrecht "verbrannt" wird.
Hier bei Sowas wäre dieses Geld sinnvoller angewendet.
Britta.Weber vor 9 Wochen
Glückwunsch zu diesem tollen Projekt, das sicher manche für Physik und Naturwissenschaften begeistern wird!
Ich habe vor einiger Zeit das Foucaltpendel in der Isaakskathedrale in Sankt Petersburg bewundert- schön, dass es ein solches Pendel mit dieser wunderbaren Äthestik auch hier in Sachsen gibt.
Gabor vor 9 Wochen
Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Ich finde es wunderbar, dass ist erlebbare Physik für die Schüler. Ein großer Dank an die Erbauer und Unterstützer dieses Projektes.
Ein vergleichbares Pendel habe ich auch schonmal in Wiener Technik Museum gesehen und war begeistert.
Ich wünsche den Lehrern und Schülern viel Mut und Kreativität für weitere Projekte.
Mit freundlichen Grüßen
Gabor