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WerksschließungDulig zu Haribo-Aus in Wilkau-Haßlau: Osten nur preiswerte Werkbank von Westunternehmen?

02. März 2021, 18:45 Uhr

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) hat das endgültige Aus für das Haribo-Werk in Wilkau-Haßlau kritisiert. Er schrieb auf Twitter, die Menschen hätten eine kooperative und lösungsorientierte Haltung von Haribo erwartet. Hier sei eine Chance vertan worden. "Das Ergebnis der Verhandlungen ist enttäuschend", so Dulig. Haribo habe sich seiner sozialen Verantwortung nicht gestellt.

Dulig hatte sich für eine Übernahme des Werkes durch den Konkurrenten Katjes eingesetzt. Das Unternehmen habe sich auch ernsthaft für den Standort interessiert, betonte Dulig. "Es bestand berechtigte Hoffnung, dass die Produktion fortgesetzt werden kann", sagte er. Die Schließung des Werks wurde von Haribo mit hohen Investitionen begründet, die am Standort nötig seien. "Es zeigt sich leider erneut, dass der Osten offenbar jahrelang nur die verlängerte und preiswerte Werkbank von Westunternehmen ist und beim kleinsten wirtschaftlichen Gegenwind hier die Segel gestrichen werden, ohne Rücksicht auf Verluste", sagte Dulig.

Katjes war der Hoffnungsträger, weil das ist ein Unternehmen, was soziale Verantwortung hat, was gut bezahlt hätte und was an diesen Standort gepasst hätte. Und Haribo musste einfach auch diesen öffentlichen Druck erfahren, dass sie überhaupt auch nachdenken, an einen Konkurrenten zu verkaufen. Die Größe hatten sie jetzt nicht. Und das ist bitter.

Martin Dulig | Wirtschaftsminister Sachsens

Zwei von drei Beschäftigten mit neuen Jobs

Der Zwickauer CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Körber warf Dulig dagegen vor, mit seinen Äußerungen zu Katjes Anfang Februar falsche Erwartungen geweckt zu haben. "Etwa zwei von drei Beschäftigten arbeiten bereits in neuen Jobs", sagte er. "Und ich bin zuversichtlich, dass wir nun auch für die verbliebenen bis zu 39 Mitarbeiter, deren Verträge Ende März und Ende Juni auslaufen, ein gutes Angebot in der Region finden werden."

Mit Haribo geht größter Arbeitgeber der Stadt

Stefan Feustel, Bürgermeister von Wilkau-Haßlau, zeigt sich ebenfalls enttäuscht vom Ausgang der Verkaufsverhandlungen. "Uns verlässt nicht nur der größte Arbeitgeber, sondern auch der größte Gewerbesteuerzahler", sagte er MDR SACHSEN. "Der Stadt Wilkau-Haßlau fehlt im Haushalt im Durchschnitt eine Million in Zukunft pro Jahr."

Haribo will zwei Jahre für Gewerbesteuerausfälle zahlen

Nach Angaben des Zwickauer CDU-Bundestagsabgeordneten Körber erklärte sich Haribo bereit, zwei Jahre lang die Gewerbesteuerausfälle auszugleichen. Der Bürgermeister befürchtet noch weitere Folgen der Werksschließung für den Ort. "Zwei Drittel der Beschäftigten waren Einpendler. Dort geht natürlich auch Kaufkraft verloren", sagte er. "Das ist gerade für die kleinen Gewerbetreibenden, für Händler und Geschäfte problematisch."

Linke im Landtag: Verhandlung mit Katjes nur Taktik?

Für Rico Gebhardt, den Vorsitzenden der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, ist es eine Schande, wie Haribo mit den ostdeutschen Beschäftigten umgeht. "Die Ausrede für die Schließung haben die Eigentümer durch tätiges Unterlassen von Investitionen selbst geschaffen", so Gebhardt. Der Verdacht liege nahe, dass nur aus taktischen Gründen mit einem Mitbewerber verhandelt wurde, damit der Proteststurm abflaue. "Die Eigentümer wären gut beraten, auch die Reputation ihres Unternehmens im Blick zu behalten, deren Beschädigung sich durchaus in betriebswirtschaftlichen Zahlen niederschlagen kann", sagte Gebhardt.

Haribo hatte am Montag erklärt, es habe sich kein Käufer für sein einziges Werk in Ostdeutschland gefunden. Deswegen wurden die Verkaufsverhandlungen beendet. Zuletzt hatte es Übernahmegespräche mit dem Konkurrenten Katjes gegeben. Von der Schließung sind rund 120 Mitarbeiter betroffen.

Quelle: MDR/al/dpa

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSENMDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 02.03.2021 | 10:00 Uhr in den Nachrichten

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