Energiewende Zwickau wird Vorreiter für Klimaschutz
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Der Zwickauer Stadtteil Marienthal ist Versuchsfeld für die Zukunft. Hier soll erforscht und erprobt werden, wie energieeffizientes Wohnen in die Praxis umgesetzt werden kann. Erste Veränderungen sind schon sichtbar: viele Dächer der Häuser aus den 1960er-Jahren wurden mit Solarpaneelen ausgestattet und zwischen den Blocks steht ein großer Energiespeicher. In den nächsten Jahren sollen nach und nach Ladesäulen für Elektrofahrzeuge in dem Wohngebiet aufgestellt werden.
Ziel: Ein Null-Emissions-Quartier
"Rein technisch ist das Nullemissionsquartier schon heute möglich, das Konzept dazu steht", sagte Tobias Teich, Professor für Vernetzte Systeme an der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Teich ist der wissenschaftliche Leiter des Forschungsprojekts "Zwickauer Energiewende demonstrieren", kurz ZED und hält somit die Fäden in der Hand für die Energiewende in Marienthal. Das Projekt ist eine von bundesweit sechs Initiativen und wird mit mehr als 16 Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium gefördert.
Um die Auswirkungen energetischer Maßnahmen nachzuweisen, sammeln die Wissenschaftler Messdaten in sogenannten intelligenten, also technisch aufgerüsteten, Wohnungen. Der Vorteil: Weil diese bewohnt sind, könnten sie den Wärmeverbrauch im realen Betrieb untersuchen, erläutert Projektkoordinator Sven Leonhardt. 35 Prozent des Energieverbrauchs gehen laut Bundesforschungsministerium in Wohn- und Nichtwohngebäude. Drei Viertel davon werden für die Heizung verbraucht.
Unsere Grundidee ist es, mit derselben Technik im Winter zu heizen und im Sommer zu kühlen.
Neben der Beheizung von Räumen spielt aber auch das Thema Kühlung eine immer größere Rolle. Bereits heute, so haben die Forscher herausgefunden, sind während der Sommermonate signifikant höhere Raumtemperaturen nachweisbar - gerade in den im Osten weit verbreiteten Altneubauten. Man kann entweder kosten- und ressourcenintensiv baulich umrüsten - oder das bestehende Heizsystem zukunftsfähig zu machen. Entsprechende Lösungen gebe es bereits, so die Forscher.
Ladesäulen für E-Scooter und Lastenfahrräder
Ein wichtiger Baustein beim Projekt klimaneutrale Stadt sind die Bewohner. Deshalb will das ZED-Projekt die Energiewende und den Klimawandel für die 8.000 Marienthaler greifbar machen. Ein Baustein dafür ist die sogenannte Mikromobilität: Fünf E-Scooter und zwei Elektro-Lastenräder sollen den meist älteren Bewohnern des Quartiers Lust machen auf kleine, aber wirksame Veränderungen. Haushaltsbefragungen, Diskussionsrunden und diverse Veranstaltungsformate haben gezeigt: Viele Marienthaler finden das Projekt gut. Aber wenn es an die eigene Bequemlichkeit geht, wird es schwierig.
Energiekosten anders aufteilen
Deshalb müsse es ein Ziel sein, die Energieversorgung der Zukunft nicht nur klimaneutral, sondern auch sozialverträglich und bezahlbar zu machen, sagt Projektleiter Teich. "Wenn wir auch in 200 Jahren noch einen lebenswerten Planeten wollen, wird es unter dem Strich darauf hinauslaufen, für weniger Energie mehr zu bezahlen. Dafür müssen wir die Kosten anders aufteilen", so der Professor. Wie das genau aussehen könnte, daran wird in Zwickau-Marienthal getüftelt. Eine Zwischenbilanz wird es dann im Frühjahr geben.
Quelle: MDR/dpa/mwa