13.11.2019 | 12:19 Uhr | Update Buh-Rufe: Stadtrat Pirna schneidet Industriepark-Kritikern das Wort ab

13. November 2019, 12:19 Uhr

Einwohner der Stadt Pirna haben am Dienstagabend vor dem Rathaus gegen den geplanten Industriepark Oberelbe demonstriert. Der Stadtrat war danach zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Dabei ging es turbulent zu. Reporter Christof Stumpner hat sich für MDR SACHSEN die Debatte angehört.

IPO Protest Pirna
Rund 50 Menschen haben am Dienstagabend vor dem Rathaus in Pirna gegen den geplanten Industriepark Oberelbe protestiert. Bildrechte: MDR/André Liebscher

So eine Stadtratssitzung erlebt Pirna auch nicht jede Woche: Bereits eine Stunde vor Beginn der Sondersitzung standen 50 Bürger vor dem Rathaus und protestierten. Sie sind gegen den geplanten Industriepark Oberelbe (IPO). Darüber sollte in der Sitzung dann diskutiert werden. Viele Demonstranten gingen mit in den Ratssaal. In den ersten 20 Minuten sollten die Kritiker ihre Argumente gegen das Projekt vorbringen. Dazu kam es allerdings nicht: Die Räte stimmten gleich zu Beginn mehrheitlich für einen Antrag, der die Kritiker-Reden verhinderte. Buh-Rufe aus dem Zuschauerraum waren die Quittung dafür. Etwa die Hälfte der Gäste verließ daraufhin den Saal.

Ich bin entsetzt. In meiner langjährigen kommunalpolitischen Laufbahn habe ich es noch nie erlebt, dass man ein Rederecht verweigert.

Ralf Wätzig stadtrat (SPD)

Sondersitzung ohne Erkenntnisse

Nach diesen turbulenten Szenen diskutierten die Stadträte zwei Stunden lang. Vordergründig ging es um die Sinnhaftigkeit der Sondersitzung selbst. Neue Erkenntnisse zum Stand des Industrieparks unterschieden sich kaum von denen, die bereits Anfang Oktober präsentiert worden waren. Damals setzte sich eine Mehrheit der Stadträte für diesen Technologiepark Pirna ein - zur Not auch ohne die Beteiligung der Gemeinden von Dohna und Heidenau.

Was ist der IPO? - Die Städte Pirna, Heidenau und Dohna hatten sich im Jahr 2017 zusammengeschlossen, um am Feistenberg ein Gewerbegebiet zu erschließen.
- Das Areal entlang der B172a unter dem Namen IndustriePark Oberelbe soll 140 Hektar umfassen.
- Seit 2018 regt sich Widerstand. Kritiker sagen, das Projekt sei zu spät mit den Bürgern diskutiert worden, viel zu groß und zu umweltbelastend für die Anrainer. - Mehr als 6.000 Unterschriften wurden gegen das Großprojekt gesammelt.
- Auch in den beteiligten Kommunalparlamenten regt sich Widerstand.

Proteste gegen das Gewerbegebiet

Das Projekt polarisiert in der Region. Die Stadträte in Dohna hatten zuletzt ihren Austritt aus dem Zweckverband angekündigt. Der Beschluss wird noch rechtlich geprüft. Zuvor war ein Bürgerbegehren in allen drei Städten gescheitert. Laut den Stadtverwaltungen ist die Fragestellung nicht eindeutig gewesen. Aktuell werden die Unterschriftensammlungen geprüft.

Auch Pirna will eigenen Weg gehen

Einige Fraktionen im Pirnaer Stadtrat wollen nun selbst einen Technologiepark entwickeln. "Der Name Industriepark Oberelbe ist völlig verbrannt", erklärt André Liebscher von der Fraktion "Pirna kann mehr - Pirnaer Bürgerinitiativen". "Das Baby braucht einen neuen Namen und wir wollen den Reset-Knopf drücken", sagte Liebscher. Nach dem Willen einiger Fraktionen soll Pirna zur Not selbständig auf den eigenen, städtischen Flächen einen Industriepark entwickeln. Heidenau und Dohna könnten einsteigen, wenn ernsthaftes Interesse bestünde, meinte Liebscher. Ansonsten werde man sich in den Stadtparlamenten von Königstein oder Dresden nach Unterstützern umsehen, heißt es weiter.

Laut Antragstellern wäre die Entwicklung eines Gewerbegebiets von großer wirtschaftlicher Bedeutung für Pirna. Die Pläne sollen deshalb nicht eingefroren, sondern fortgeführt werden, betonte Liebscher. Zuvor muss die Stadtverwaltung in Pirna prüfen, ob ein derartiger Schritt rechtlich möglich wäre. Über den Antrag soll am 10. Dezember abgestimmt werden.

Dohna und Heidenau skeptisch

Die Bürgermeister von Dohna und Heidenau sind indes skeptisch. Man könne nur gemeinsam einen Industriepark entwickeln, sagten sie. Nach Wunsch von Heidenaus Bürgermeister Jürgen Optiz (CDU) sollten die Bürger entscheiden, wie es bei dem Projekt weitergeht. Dafür müsste allerdings ein Bürgerentscheid von den Stadträten angeschoben werden.

Quelle: MDR/fg/kk

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 12.11.2019 | 18:30 Uhr in den Nachrichten

5 Kommentare

Eulenspiegel am 14.11.2019

Hallo Dynamo
Ich denke es ist eine unschöne Sache das der Stadtrat Pirna den Industriepark-Kritikern das Wort abschneidet. Das ist aber im Grunde nicht weiter von Bedeutung.
Warum:
Wie haben in Deutschland ein gesetzlich garantiertes Mitbestimmungsrecht. Das heißt es gehört zum gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsverfahren so eines Industrieparks das jeder betroffene Bürger seine Einwände vorbringen kann. Und nicht nur das. Er hat dann auch die Möglichkeit gegen solch eine Genehmigung zu klagen. Und wenn sie jetzt vorbringen das hat doch keinen Sinn so könnte ich ihnen einige Beispiele nennen das so eine Klage durchaus Sinn haben kann wenn wenn man gute Argumente hat.

Dynamo am 14.11.2019

Danke MDR.de-Redaktion, dann bitte ich Sie, die Abgeordneten mit Namen und zugehöriger Partei zu nennen, auf die mein Kommentar nicht zutrifft. Ich erwarte mit Spannung Ihre konkrete Antwort. Sie pauschalisieren nämlich ebenfalls in Ihrer Antwort, da Sie auf Namen der Abgeordneten nicht eingehen, auf die mein Kommentar nicht zutrifft. Danke für Ihre Antwort. 14.11.2019, 11:48

Dynamo am 14.11.2019

"Seit 2018 regt sich Widerstand gegen dieses Objekt, jetzt haben wir fast Ende 2019. Und dann stimmen Mitte November 2019 die Stadträte (wieviel Prozent mit Ja ? ) gleich am Anfang einer Stadtratssitzung gegen die Zulassung von Reden gegen den Beschluss des Bau's Industriepark Oberelbe. Ich nehme mal an, dass (offiziell) ALLE Stadträte gegen die Zulassung der Reden gestimmt haben. Wenn es nicht so wäre, hätten Sie als MDR.DE bestimmt die genaue Anzahl der Ja- bzw. Nein-Stimmen im Bericht genannt. Bei anderen Wahlen ist das doch auch üblich. Ansonsten bleibt wie in diesem Fall ein "Geschmäckle" zurück. Veröffentlichen Sie einfach die offiziellen Zahlen, wenn Ihnen diese nicht genannt werden, "ist etwas faul im Staate … Deutschland". 14.11.2019, 09:55

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