27.05.2020 | 21:45 Uhr Geflüchtete demonstrieren in Leipzig gegen Situation in Einrichtungen
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Auf dem Leipziger Wilhelm-Leuschner-Platz demonstrierten am Mittwochabend rund 100 Menschen unter Einhaltung der Corona-Vorschriften gegen die Zustände in sächsischen Aufnahmeeinrichtungen. Mit einem Eilantrag beim Leipziger Verwaltungsgericht wollen viele Bewohner ihre Verlegung erwirken.

Mit Transparenten und Redebeiträgen in Deutsch und in Englisch haben die Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtungen in Leipzig und Dölzig auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Die Einrichtungen seien völlig überfüllt, die Bedingungen gerade in der Corona-Pandemie untragbar. Viele von ihnen sagten, sie seien bereits seit mehr als einem Jahr in der Einrichtung, die eigentlich nur für einen Aufenthalt von sechs Monaten vorgesehen ist.
Keine Reaktion der Landesdirektion
Wie der sächsische Flüchtlingsrat berichtet, haben die Bewohner bereits Anfang April einen Brief an die Landesdirektion verfasst, der aber unbeantwortet blieb, berichtet der sächsische Flüchtlingsrat. Am 11. Mai demonstrierten daher einige Bewohner vor der Einrichtung in Dölzig. "Es sind hier fünf bis sechs Leute in einem Raum untergebracht. Trotz der Corona-Vorschriften sitzen wir wie Hühner in einem Käfig", sagt einer von ihnen. "Die Einrichtung ist zu klein für die Anzahl der Bewohner. Wir haben etwa acht Toiletten für rund 300 Bewohner", erzählt ein anderer.
Die Kritik und die Forderungen der Menschen sind vollkommen legitim. Die sächsischen Verwaltungsgerichte hatten kürzlich in vier Fällen entschieden, dass in den sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen kein ausreichender Schutz vor Infektionen durch Corona gegeben ist. Auch das Verwaltungsgericht Münster erließ nun einen ähnlich lautenden Beschluss.
Verwaltungsgericht bestätigt Anträge auf Verlegung
Raik Höfler, der die Geflüchteten vor den Verwaltungsgerichten vertrat, ergänzt: "Der Tenor bei allen drei Verwaltungsgerichten in Chemnitz, Leipzig und Dresden ist derselbe: in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko." In einem fünften Fall entschied das Leipziger Verwaltungsgericht zuletzt aber gegen eine Verlegung.
Hohes Infektionsrisiko
Die Kundgebung am Mittwoch sei deshalb auch dafür da, um Solidarität für den Antrag zu erklären, sagt Mark Gärtner vom Sächsischen Flüchtlingsrat.
Die sanitären Einrichtungen sind ein hohes Infektionsrisiko. Die Abstandsregeln sind nicht einhaltbar. Masken können nicht ausreichend desinfiziert werden. Dort sind Menschen Gewalt ausgesetzt. Dass die Gesundheit der Menschen gefährdet wird, wussten wir auch schon vor Corona.
Hoffnung auf Kurswechsel
Im Anschluss an die Kundgebung reichten einige ihren Antrag auf Verlegung persönlich bei der Landesdirektion ein. Gärtner hofft nun auf Gehör. "Wir nehmen wahr, dass die Landesdirektion zunehmend Menschen verlegt. Morgen sollen in Dölzig 65 Personen rausgelassen werden und auch in Schneeberg und Dresden sind es immer mehr." Die Bewohner würden dann in die Kommunen überführt und dezentral untergebracht, statt weiter in den Unterkünften leben zu müssen, erklärt Gärtner. Er hoffe, dass der Druck den die Bewohner ausüben, nun dazu führe, dass die Landesdirektion ihre Strategie ändere.
Quelle: MDR/lt