Entscheidung über Bundesverkehrswegeplan Bahnstrecken Dresden-Prag und Leipzig-Chemnitz hochgestuft

07. November 2018, 07:49 Uhr

Im sächsischen Bahnnetz gibt es an vielen Stellen Aufholbedarf. Jetzt sorgt eine Entscheidung des Bundesverkehrsministers für Freude, zumindest in Dresden, Leipzig und Chemnitz. In Ostsachsen ist weiter Geduld gefragt.

Das Bundesverkehrsministerium hat zwei wichtige sächsische Bahnprojekte im Bundesverkehrswegeplan in die Top-Kategorie mit gesicherter Finanzierung hochgestuft. Es handelt sich um die Neubaustrecke Dresden-Prag und die Verbindung Leipzig-Chemnitz, wie aus einer Liste des Ministeriums hervorgeht. Beide Bahnprojekte sind nun in den "vordringlichen Bedarf" aufgenommen.

 Jubel in Chemnitz

Für die geplante Neubaustrecke zwischen Dresden und Prag ist damit die Finanzierung des deutschen Teils - inklusive eines 26 Kilometer langen Tunnels im Erzgebirge - gesichert. Die Gesamtkosten werden mit gut 1,5 Milliarden Euro beziffert.

Auch die lange erhoffte Elektrifizierung auf der Strecke Leipzig-Chemnitz kann nun in Angriff genommen werden. Damit könnte Sachsens drittgrößte Stadt Chemnitz auch wieder an das Fernverkehrsnetz der Bahn angeschlossen werden. Die Wirtschaftsregion Chemnitz ist vom Fernverkehr auf der Schiene abgeschnitten. Um den Ausbau der Strecke wird seit Jahren gerungen.

"Chemnitz braucht Leipzig als Umsteigebahnhof in die 'Welt'"

Blick auf den Haupteingang eines Bahnhofsgebäudes
Von Chemnitz in die Welt - dieser lang gehegte Wunsch wird nun umgesetzt. Bildrechte: MDR/Matthias Vollmer

Der Chemnitzer Bundestagsabgeordnete Detlef Müller begrüßte die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums. "Jetzt endlich die Gewissheit mit Brief und Siegel zu haben, dass Ausbau und Elektrifizierung kommen werden, das ist schon etwas ganz Besonderes", so Müller. Auf Anfrage von MDR SACHSEN machte er jedoch klar, dass er mit einer Fertigstellung nicht vor 2025 rechnet. Mit möglichen Einsprüchen, beispielsweise von Anliegern, könnte es noch länger dauern. Und Müller rechnet auch nicht mit einem Stunden- oder Zweistundentakt für Fernzüge. Eher werden wahrscheinlich einzelne Züge über den Tag verteilt fahren. Wohin, das stehe jetzt noch nicht fest, so Müller weiter. Denkbar wäre eine Verlängerung der bisherigen IC-Züge Köln - Ruhrgebiet - Leipzig. Möglich wäre aber auch, einzelne ICE-Züge aus Wiesbaden/Frankfurt am Main nach Chemnitz zu leiten. In jedem Fall sei für die Chemnitzer aber der Anschluss nach Leipzig wichtig. "Chemnitz braucht Leipzig als Umsteigebahnhof in die 'Welt'", so der SPD-Politiker.

 Dulig setzt auf zügige Planungen

Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig erklärte am Dienstag in Dresden, die vielen Gespräche auf Bundes- und Landesebene hätten sich ausgezahlt, damit Chemnitz nun wieder an den Fernverkehr heranrückt. Er forderte, dass die Projektplanungen nun schnell fortgesetzt werden. "Wir erwarten in den kommenden Tagen nähere Ausführungen des Bundes, für welche Streckenführung er sich entschieden hat." Sachsen hat in die Planungen der Strecke Leipzig-Chemnitz bisher rund 2,4 Millionen Euro investiert. Nachträglich soll auch geprüft werden, ob der Streckenabschnitt Rochlitz-Narsdorf einbezogen werden soll.

 Bahnstrecken in Ostsachsen nicht im "vordringlichen Bedarf"

Nicht in den "vordringlichen Bedarf" wurde indes die Elektrifizierung der Strecken von Görlitz bis Cottbus und von Dresden bis zur polnischen Grenze bei Görlitz eingestuft. Allerdings teilte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ( CSU ) mit, dass beide Schienenwege von einem Elektrifizierungsprogramm des Bundes profitieren sollen. Auch das sei ein Erfolg, meinte Dulig. Beide Strecken müssten dringend elektrifiziert werden, um den bevorstehenden Strukturwandel in der Lausitz abzufedern.

Die Elektrifizierung der beiden Strecken ist dringend notwendig, um den anstehenden Strukturwandel in der Lausitz abzufedern, damit sich die Region positiv in der Zukunft entwickeln kann und neue Arbeitsplätze entstehen. Dieses klare Signal ist ein wichtiges Zeichen für die Lausitz.

Martin Dulig Verkehrsminister Sachsen

Linke: "CSU-Bundesverkehrsminister schiebt Lausitz aufs Abstellgleis"

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stephan Kühn monierte dagegen, das sei eine nicht hinnehmbare Verzögerung. Das Elektrifizierungsprogramm existiere bisher nur auf dem Papier und die genaue Ausgestaltung sei offen. Der ländliche Raum in Sachsen dürfe nicht weiter von den Metropolregionen abgekoppelt werden.

Die Linken haben zu "massiven Protest aus Sachsen" aufgerufen. Der mobilitätspolitische Sprecher im Landtag, Marco Böhme, erklärte am Dienstag, er könne die "Lobhudelei auf den CSU-Minister" nicht verstehen. Die Infrastruktur in der Lausitz müsse "ins 21. Jahrhundert" geholt werden. "Dass dies der CSU-Verkehrsminister nicht für nötig hält und Dulig ihm dabei auch noch dankt, ist für mich mehr als unverständlich. Es ist einfach das falsche Signal, das der Freistaat ins Bundesverkehrsministerium sendet - nämlich Zufriedenheit, wo man nicht zufrieden sein kann!" Böhme forderte die Landesregierung auf, selbst Eisenbahnstrecken auszubauen.

Hintergrund Im August 2016 wurde der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) vom Bundeskabinett beschlossen und im November 2016 vom Bundestag bestätigt. Der BVWP ist das zentrale Steuerungsinstrument bei der Planung, Finanzierung und beim Neu- oder Ausbau von Verkehrsinfrastrukturprojekten im Bereich Schiene, Bundesfernstraßen und Wasserstraßen.

Im Bereich Schiene wurden zehn der elf angemeldeten Vorhaben in den Plan aufgenommen, jedoch unter verschiedenen Prämissen. Die Elektrifizierung der Strecken Dresden - Görlitz, Cottbus - Görlitz und die Elektrifizierung der Strecke Leipzig - Chemnitz sind bisher im Potenziellen Bedarf enthalten, wurden aber (bis heute) noch nicht abschließend entschieden. Die Eisenbahn-Neubaustrecke von Dresden nach Prag ist inzwischen im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans ausgewiesen. Der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und sein tschechischer Amtskollege Dan Tok haben dazu im August 2017 eine Absichtserklärung für den Bau unterzeichnet.

Von den weiteren von Sachsen angemeldeten und heute bestätigten Projekten waren fünf bereits im BVWP 2003 enthalten (Dresden - Berlin; Leipzig - Dresden; Karlsruhe -Nürnberg - Leipzig/Dresden - Sachsen-Franken-Magistrale; Hof - Marktredwitz - Nürnberg; Knoten Dresden und Leipzig/Halle). Diese Projekte und die neu angemeldete Elektrifizierung der Strecke Hof - Marktredwitz - Regensburg sind alle im Vordringlichen Bedarf eingestuft.

Nicht geschafft hat es die ebenfalls von Sachsen angemeldete Elektrifizierung der Bahnstrecke Plauen - Bad Brambach - tschechische Grenze. In Abstimmung mit dem Vogtlandkreis lässt der Freistaat jedoch derzeit eine Wirtschaftlichkeits-/ Machbarkeitsuntersuchung für diese Strecke erarbeiten.
Quelle: Verkehrsministerium Sachsen

Quelle: MDR/dk/dpa

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSENSPIEGEL | 06.11.2018 | 19:00 Uhr

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