"Integriert doch erst mal uns" Integrationsministerin Köpping stellt Buch vor

04. September 2018, 19:39 Uhr

In diesen Tagen fragen sich viele Menschen, was eigentlich im Osten Deutschlands und vor allem in Sachsen los ist. Wieder einmal ist es ein aktueller Anlass, der dazu führt, dass über die Ostdeutschen im Allgemeinen und im Speziellen in bundesweiten Talkshows diskutiert wird. Wie passend, dass ein Buch zum Thema erscheint. Der Titel  des Buches: "Integriert doch erst mal uns!". Autorin dieser "Streitschrift für den Osten" – wie es im Untertitel heißt – ist die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping.

Warum sind das Misstrauen und die Distanz zu Demokratie und Politik in Sachsen und Ostdeutschland so groß? Diese Frage ist der Leitfaden für das Buch von Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping. Ihre Antworten sind vielschichtig. Für die meisten Ostdeutschen allerdings wohl Selbstverständlichkeiten.

Die Menschen in Ostdeutschland haben den Niedergang eines Systems erlebt. Und deswegen haben sie Angst, wenn es um Veränderungen geht, um Zukunftsgestaltung, was mit ihnen passiert. Und ich glaube, dass das eine ganz wichtige Aufgabe ist, den Menschen zu sagen, wie es denn weitergeht in der Perspektive.

Petra Köpping Sächsische Integrationsministerin und Buchautorin

Als aktuelles Negativbeispiel führt Köpping den Kohleausstieg an. Für die Menschen in der Lausitz sei der extrem schwierig, weil niemand sagen könne, wie es danach für sie weitergehe. Doch die SPD-Ministerin und ehemalige Landrätin aus dem Leipziger Land blickt in ihrem Buch vor allem in die jüngste Vergangenheit. Immer wieder berichtet sie von konkreten Beispielen, wo den Menschen nach der Wende ihrer Meinung nach Unrecht geschehen sei. Beispielsweise im Elektro-Porzellanwerk in Großdubrau. Zu 70 Prozent sei dort für den Export produziert worden.

Petra Köpping
Bildrechte: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz

Dann ist 1990 die Treuhand gekommen und hat gesagt: 'Ihr seid total veraltet, unwirtschaftlich.' Und dann wurde gleich noch der Tresor mit allen Patenten und den letzten Gehältern über Nacht mitgenommen. Das haben mir zumindest die Leute erzählt. Dass dort ein riesiges Misstrauen ist gegenüber Politik, was ich auch nicht heilen kann, wenn ich einmal dorthin gehe und nett bin, das können Sie sich sicherlich vorstellen.

Petra Köpping Sächsische Integrationsministerin und Buchautorin

Kein Buch gegen den Westen

Deshalb gehöre die Arbeit der Treuhand, die in drei Jahren über 8.500 Betriebe geschlossen habe, auch unbedingt aufgearbeitet, sagt Köpping. Sie geht sogar so weit, eine Wahrheitskommission dafür zu fordern. Alle Ungerechtigkeiten könne man aber auch durch noch so viel zuhören nicht heilen, räumt Köpping auf Nachfrage ein. Ihr gehe es dennoch darum, den Ostdeutschen und ihrer besonderen Geschichte eine Stimme zu verleihen.

Es ist kein Buch, das sich gegen den Westen richtet, das will ich ganz ausdrücklich sagen. Aber dass im Westen kaum jemand diese komplexen Zusammenhänge, die wir Ostdeutschen seit der friedlichen Revolution erleben und erlebt haben, dass man über die nicht spricht, das möchte ich schon zum Ausdruck bringen.

Petra Köpping Sächsische Integrationsministerin und Buchautorin

Der Christoph Links Verlag, in dem Köppings Buch erscheint, war offenbar zunächst skeptisch, ob sich diese "Streitschrift für den Osten" gut verkauft. Für die erste Auflage sind nur 2.500 Exemplare gedruckt worden. Wohl aufgrund der aktuellen Ereignisse wird jedoch bereits jetzt schon nachgedruckt.

Quelle: MDR

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 04.09.2018 | 17:05 Uhr

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