Sachsen Koalition legt neuen Schulgesetzentwurf vor

09. Februar 2017, 19:20 Uhr

Die Regierungskoalition in Sachsen hat am Donnerstag einen neuen Entwurf für das Schulgesetz vorgelegt. Wie die Fraktionen von CDU und SPD mitteilten, wurde der bestehende Regierungsentwurf an zahlreichen Stellen ergänzt. Das Schulgesetz soll zum 1. August 2018 in Kraft treten. Einzelne Regelungen werden vorab wirksam.

Verzicht auf Schulschließungen

Nach dem Willen der Koalition wird Sachsen auf absehbare Zeit keine Schulen mehr schließen. Das derzeit geltende "Schulschließungsmoratorium" werde eins zu eins umgesetzt und ins Gesetz geschrieben, kündigten die Fraktionen von CDU und SPD an. Schulen auf dem Lande sollen nicht nur erhalten bleiben, sondern wie alle anderen auch besser planen können.

Ganztagsangebote und Schulsozialarbeit

Auch Ganztagsangebote seien nun gesetzlich verbrieft, so die Koalitionspartner. Die Verantwortung des Freistaates bei der Mitfinanzierung der Angebote werde festgeschrieben. Mehr Gewicht legt Sachsen in Zukunft auf Schulsozialarbeit. Außerdem soll die Eigenverantwortung der Schulen gestärkt werden, hieß es weiter.

Christian Piwarz
Bildrechte: CDU

Das neue Gesetz stabilisiert unser bisher sehr erfolgreiches sächsisches Schulsystem in seiner Struktur und entwickelt es qualitativ weiter für die Zukunft. Wir modernisieren das bisherige Schulgesetz aus dem Jahr 2004 und passen es den Anforderungen von heute an. Das neue Schulgesetz ist keine Revolution sondern eine Evolution.

Christian Piwarz Stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag

Kritik von Linken und Landeselternrat

Als "faulen Koalitions-Kompromiss" und "Totalausfall" beim Thema längeres gemeinsames Lernen bezeichnete Cornelia Falken, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, den Entwurf von CDU und SPD. Die Vorlage werde den Anforderungen an ein zeitgemäßes neues Schulgesetz nicht gerecht. Falken kritisierte, dass Inklusionsbemühungen der Freiwilligkeit der Schulen überlassen werden. Außerdem würden den Schulen viele Aufgaben übertragen, ohne dass ihnen die dafür benötigten finanziellen und personellen Mittel bereitstehen.

Der Landeselternrat Sachsen sprach sich dagegen aus, den Gesetzentwurf im April ins Parlament einzubringen. Vorstandsvorsitzender Michael Becker sprach von einer "Hauruckaktion". Der LER habe über die Presse von dem Vorhaben erfahren.

Sollte sich herausstellen, dass wesentliche Forderungen des LER nicht ins Gesetz aufgenommen wurden, gehen wir auf die Straße.

Michael Becker Vorstandsvorsitzender Landeselternrat

Wichtige Eckpunkte des Schulgesetzentwurfs im Überblick:

Entscheidungen für Schulen im ländlichen Raum

  • Das derzeit geltende Schulschließungsmoratorium wird ohne Abstriche umgesetzt und ins Gesetz geschrieben.
  • Grundschulen können Klassen mit zwölf Schülern führen, wenn die Gesamtschülerzahl mindestens 60 Schüler beträgt.
  • Oberschulen können mit nur 20 Schülern in einer einzigen Klasse einen Jahrgang bilden.
  • Gymnasien können in einem Jahrgang vorübergehend zwei statt bisher drei Klassen mit 20 Schülern pro Klasse bilden.

Entscheidungen für die berufliche Bildung

  • Die Schulnetzplanung im Bereich der beruflichen Bildung wird zentralisiert und vom Kultusministerium durchgeführt.
  • Für Berufsschulzentren wird eine Mindestschülerzahl von 550 Schülern festgeschrieben. Ausnahmen sind aufgrund überregionaler Bedeutung des Ausbildungsberufes oder aus regionalplanerischen Gründen möglich.

Entscheidungen zu Ganztagsangeboten und Schulsozialarbeit

  • Die Ganztagsangebote werden im Schulgesetz verankert. Der Freistaat ist für die Mitfinanzierung verantwortlich.
  • An jeder der 283 staatlichen Oberschulen wird es ab 1. August 2018 einen Schulsozialarbeiter geben, der durch den Freistaat finanziert wird.

Entscheidungen zum Bildungssytem

  • Auf der Basis einer Bildungsempfehlung der Schule entscheiden die Eltern über den weiteren Bildungsweg ihres Kindes.
  • An Oberschulen kann auf die Unterscheidung zwischen Haupt- und Realschulbildungsgang verzichtet werden.
  • Ein Übergang von der Oberschule ans Gymnasium ist nach jedem Schuljahr möglich.
  • Klassen bleiben erhalten, auch wenn die Mindestschülerzahl unterschritten wird.
  • Mit "Campuslösungen" können verschiedene Schularten örtlich zusammengefasst werden (beispielsweise Grundschule und Förderschule, Grundschule und Oberschule, Grundschule und Gymnasium).
  • Die Leipziger Nachbarschaftsschule und das Chemnitzer Schulmodell werden als "Schulen besonderer Art" gesetzlich verankert und in ihrem Bestand gesichert.

Schulen erhalten mehr Freiheiten und Eigenverantwortung

  • Schulen können für die Verwaltung eingezahlter Gelder (z.B. für Klassenfahrten) im Namen des Freistaates ein eigenes Schulkonto eröffnen.
  • In einzelnen Fächern können Schulen auch in der Sekundarstufe 1 Jahrgangsübergreifenden Unterricht anbieten.
  • Grundschulen können über den Einsatz zusätzlicher Mittel für Inklusion frei entscheiden und etwa zusätzliches Personal oder Projekte finanzieren.

Entscheidungen zur Inklusion

  • Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf können an einer Förderschule oder inklusiv an der Regelschule unterrichtet werden. Die Entscheidung obliegt den Eltern. Es gibt einen Rechtsanspruch auf beide Schularten.
  • Es werden Kooperationsverbünde gebildet, die inklusive Unterrichtung bei zumutbaren Schulwegen ermöglichen.
  • Die Einführung der Inklusion wird gestreckt – die Verbünde werden bis 2022/23 auf freiwilliger Basis gebildet.
  • Grundschulen innerhalb dieser Verbünde erhalten zusätzliche Resourcen je nach Größe der Schule. Das Geld kann von der Schule eigenverantwortlich für Personal oder Sachmittel eingesetzt werden.

Über dieses Thema berichtete MDR SACHSEN auch im Radio und Fernsehen MDR 1 RADIO SACHSEN | 09.02.2017 | Nachrichten | 19:00 Uhr

MDR SACHSENSPIEGEL | 09.02.2017 | 19:00 Uhr

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