30.05.2019 | 08:00 Uhr SPD und CDU brechen hunderte Mandate in den Kommunen weg

Die Kommunalwahlen in Sachsen sind durch, die Stimmen ausgezählt und aus vorläufigen werden endgültige Ergebnisse. Die zeigen deutlich: CDU und SPD müssen etliche Sitze räumen, die AfD gewinnt fast überall Sitze dazu.

SPD und CDU haben bei den Kommunalwahlen in Sachsen erheblich Federn gelassen. Das zeigt sich in einer Stichprobe von MDR SACHSEN, bei der die Wahlergebnisse der beiden Volksparteien mit dem Abschneiden der AfD verglichen wurde. Grundlage sind die Zahlen von 137 Stadt- und Gemeinderäten, die zufällig ausgesucht wurden sowie die Kreistage. Fazit: In den verglichenen Städte- und Gemeinderäten verlor die SPD 70 und die CDU 252 Mandate. Die AfD hingegen gewann 276 Mandate.

Bei den zehn Kreistagen sieht es ähnlich aus. Hier verlor die SPD insgesamt 32 Sitze, die CDU 130 Sitze. Bei der AfD steht ein Plus von 172 Sitzen. In Chemnitz, Leipzig und Dresden steht bei der SPD ein Minus von 12 und bei der CDU von 16 Sitzen. Die AfD verbucht 22 neue Sitze.

Grafik
Von den 416 Städte- und Gemeinderäten (ohne die drei kreisfreien Städte) in Sachsen, wurden 137 zufällig ausgewählt. Das Ergebnis ist nicht repräsentativ. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

SPD scheidet aus Städte- und Gemeinderäten komplett aus

Für die in Sachsen kommunalpolitisch ohnehin schlecht aufgestellte SPD bedeutet das: In einigen Gemeindevertretungen, wo sie zuvor noch ein oder zwei Sitze hatte, ist sie gar nicht mehr vertreten, zum Beispiel im Stadtrat von Meerane oder dem Gemeinderat von Mülsen. Besonders hart hat es die Sozialdemokraten im Gemeinderat von Niederwürschnitz im Erzgebirgskreis getroffen - dort verloren sie alle sieben Sitze.

Das Wahlergebnis vom Sonntag sitzt jetzt tief in den Knochen. Das ist eine Mischung zwischen Wut, Resignation, aber auch eine Trotzreaktion. Denn wir wollen ja Wahlen gewinnen. Wir haben sowohl am 1. September in Brandenburg und in Sachsen und im Oktober dann in Thüringen Wahlen und von daher heißt es jetzt: Ja, man darf auch mal traurig und wütend sein. Aber jetzt geht es auch darum, wieder nach vorne zu blicken.

Martin Dulig SPD-Landesvorsitzender und Vize-Regierungschef

Hoffnungsschimmer für die SPD im Landkreis Bautzen

Doch es gibt auch Hoffnung für die SPD. In der Gemeinde Großharthau im Landkreis Bautzen, hat sie 55 Prozent und somit 13 Prozentpunkte mehr Stimmen geholt als noch 2014. Bürgermeister Jens Krauße erklärt sich den Erfolg durch die feste Verankerung der Kandidaten im Gemeindeleben. Die Einwohner schätzten "die langjährige gute Arbeit der SPD" und vertrauten dieser, so Krauße.

Das Beispiel von der Insel Großharthau würde SPD-Landeschef Martin Dulig gern auf das ganze Land übertragen. Im Gespräch mit MDR SACHSEN sagte er: "Es ist wichtig, dass es Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gibt, die Verantwortung in diesem Land übernehmen. Wir werden zum 1. September deutlich machen, dass das Land bei uns in guten Händen ist."

Auch die CDU hat Rückschläge zu verbuchen

Doch nicht nur die SPD gehört zu den Verlierern der diesjährigen Kommunalwahl. Auch die CDU hat herbe Rückschläge zu verbuchen. Sowohl in Städte- und Gemeinderäten, als auch in Kreisräten und den Stadträten der drei kreisfreien Städte. So verliert die Partei in den zehn Kreistagen zusammen 130 Mandate - ein Rückgang um ein Drittel im Vergleich zu 2014. Zwei Kreistage - Bautzen und Görlitz - haben die Christdemokraten an die AfD verloren.

Grafik
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Gewinner der Wahlen: Die AfD

Und wie sieht es für die AfD aus? Nachdem die damaligen Politikneulinge 2014 nur vereinzelt zu den Stadtratswahlen angetreten waren, stellten sie nun flächendeckend in ganz Sachsen Kandidaten auf - und gewannen überall Mandate. Bis auf Flöha - hier mussten die Neulinge drei Sitze abgeben. In den drei kreisfreien Städten Leipzig, Chemnitz und Dresden konnte die AfD an der SPD vorbeiziehen, gemessen an der Anzahl der Sitze.

Grafik
Auch in den Stadträten in Chemnitz, Leipzig und Dresden hat es erhebliche Verschiebungen gegeben. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Manche Sitze bleiben dennoch leer

Problem: Viele Sitze in den Stadt- und Gemeinderäten bleiben leer, weil die AfD nicht genügend Kandidaten hat. So zum Beispiel in Reichenbach im Vogtland. Dort stand nur eine Person der AfD auf der Wahlliste, rechnerisch stünden ihr jedoch vier Sitze zu. Auch in Dohna, Lohsa, Bernsdorf, Großröhrsdorf, Torgau oder Stolpen gab es nicht genügend Kandidaten für die AfD. Weil Personen nicht nachnominiert werden können, entfallen die Sitze zu Ungunsten der Partei.

Wie sieht es bei Freien Wählern und der FDP aus? Weil für die Kommunalwahlen bislang keine abschließenden Zahlen vorliegen, haben Freie Wähler (FW) und FDP selbst nachgezählt. Die Freien Wähler sind eigenen Auszählungen zufolge in 217 von 419 Städten und Gemeinden - ohne Dresden, Leipzig, Chemnitz - stärkste Kraft vor der CDU. Mehr als 50 Prozent der Kommunen würden damit nicht mehr von Parteien dominiert, sagte der Landesvorsitzende Steffen Große und erklärte die Freien Wähler sowie die Wählervereinigungen zum Gewinner der Kommunalwahl.

Auch die FDP fühlt sich in Sachsen als Wahlgewinner. Nach eigener Zählung haben die Liberalen 6,0 Prozent bei den Kommunalwahlen in Sachsen erreicht, teilte die Partei auf Facebook mit. Spitzenreiter bei den Kreistagswahlen bzw. Stadtratswahlen der kreisfreien Städte sind demnach der Vogtlandkreis (9,8 Prozent) sowie Dresden (voraussichtlich 7,5) und Chemnitz (7,4). In Steina bei Bautzen holte die FDP 53,9 Prozent der Stimmen und in Deutschneudorf im Erzgebirge 40,4. Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow freut sich, dass er in seinem Wahlkreis zur Stadtratswahl in Dresden das beste Stimmergebnis aller Kandidaten holte und mit seiner Liste auf 19,8 Prozent kam.

Quelle: MDR/kh/dk

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 27.05.2019 | ab 05:00 Uhr in den Nachrichten
MDR SACHSENSPIEGEL | 29.05.2019 | 19:00 Uhr

Mehr aus der Landespolitik

Mehr aus Sachsen

Nachrichten

Ein Mädchen steht blickt in eine Kamera und lächelt. 1 min
Mädchen einer 9. Klasse besuchten das MDR-Landes-funk-haus Sachsen in Dresden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min 25.04.2024 | 20:15 Uhr

Zum heutigen Girls- und Boys-Day haben Jugendliche die Möglichkeit genutzt, in verschiedene Berufsfelder hineinzuschnuppern. So besuchten Mädchen einer 9. Klasse das MDR-Landesfunkhaus Sachsen in Dresden.

Do 25.04.2024 18:47Uhr 00:25 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/video-girlsday-boysday-dresden-mdr-geschlechterrollen-klischees-102.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video