Landtag und Staatsregierung gedenken Appell zum Holocaust-Gedenktag: Kein Vergessen - auch 76 Jahre danach

27. Januar 2021, 12:25 Uhr

Der Sächsische Landtag und die Staatsregierung haben am Mittwochmorgen an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Landtagspräsident Matthias Rößler appellierte: "Lassen wir nie wieder zu, dass die Katastrophe einen neuen Anfang nimmt."

Akzeptieren wir als Gesellschaft nicht, dass Verschwörungsideologen aller Couleur ihren Judenhass wieder 'unters Volk bringen'. Lernen wir immerfort aus den Katastrophen unserer Geschichte!

Landtagspräsident Matthias Rößler

Noch heute sei jüdisches Leben in Gefahr. "Mich beschämt das", so Rößler. Er erinnerte dabei unter anderem an den Anschlag auf eine Synagoge in Halle im September 2019.

Verantwortung auch 76 Jahre danach

Ministerpräsident Michael Kretschmer lobte das Bürgerengagement beim Aufbau der Gedenkstätten Sachsenburg bei Frankenberg und Großschweidnitz. Nur so sei es möglich, die geschichtliche Verantwortung in die Zukunft zu tragen. "Ja, wir haben eine Verantwortung, auch 76 Jahre danach."

Im Anschluss an die Reden erklang live das Werk "Quartett für das Ende der Zeit" des Franzosen Olivier Messiaen. Der Komponist verbrachte neun Monate im Görlitzer Kriegsgefangenenlager, wo er das Werk fertigstellte und dort zusammen mit anderen Lagerinsassen im Januar 1941 zur Uraufführung brachte.

Parteien meldeten sich zu Wort

Die gemeinsame Gedenkveranstaltung im Landtag fand wegen der Corona-Pandemie nur mit wenigen Abgeordneten und ausgewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten statt, darunter Vertreter von Opfergruppen. Insgesamt waren rund 50 Menschen anwesend. Zum Gedenktag meldeten sich auch die Landtagsfraktionen zu Wort. Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Rico Gebhardt, bezeichnete den Antifaschismus als "Verpflichtung aller". "Wer denkt, es kann sich nicht wiederholen, der irrt", zitierte er den aus Chemnitz stammenden Auschwitz-Überlebenden Justin Sonder, der im vergangenen Jahr starb.

AfD-Fraktionsgeschäftsführer Jan Zwerg erklärte: "Es darf in Europa nie wieder einen Völkermord geben. Aus diesem Grund ist es wichtig, die bestialischen Verbrechen der Nazi-Zeit klar zu benennen und regelmäßig an die Opfer dieser Schreckensherrschaft zu erinnern."

Der SPD-Abgeordnete Frank Richter betonte: "Terror der Nazis fand nicht nur in Auschwitz statt. Er tobte vor den Haustüren sogenannter ehrenwerter Bürger. Viele schauten zu oder schauten weg." Ignorante, gleichgültige und sympathisierende Bürger hätten sich mitschuldig gemacht. Heute gelte das Gleiche: Keiner könne sich rausreden, wer nur zusehe, mache sich mitschuldig.

Sachsens Grüne verwiesen auf aktuelle Entwicklungen: "Millionen Menschen wurden Opfer der Menschheitsverbrechen des Dritten Reichs und doch grassieren nun ausgerechnet in Zeiten der Pandemie und Klimakrise Verschwörungsmythen, die zu keinem geringen Teil auf antisemitischen Vorurteilen und rechtextremen Ideologien fußen."

Nationaler Gedenktag

Am Mittwoch, dem Holocaust-Gedenktag, wird weltweit an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Soldaten die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz. Das Lager steht symbolhaft für den NS-Völkermord an Millionen Menschen.

Gedenkstätten Sachsenhausen und Großschweidnitz In Sachsenburg waren von 1933 bis 1937 etwa 10.000 Menschen inhaftiert. Es gilt als Vorläufer späterer Konzentrationslager wie Buchenwald und Sachsenhausen. Die Gedenkstätte Großschweidnitz erinnert an die Opfer der nationalsozialistischen 'Euthanasie', die in der Heil- und Pflegeanstalt Großschweidnitz umgebracht oder von hier aus in andere Tötungsanstalten deportiert wurden. Die Tante des weltbekannten Malers Gerhard Richter Marianne Schönfelder wurde in Großschweidnitz umgebracht. Richter übergab sein Bild "Tante Marianne" der heutigen Ausstellung als Dauerleihgabe.

Quelle: MDR/st

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 27.01.2021 | 11:00 Uhr

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