Nach Beratertätigkeit für die AfD Diskussion um Patzelt-Engagement bei der CDU Sachsen geht weiter

16. Januar 2019, 19:59 Uhr

Die Diskussionen um das Engagement des Dresdner Politikwissenschaftlers Werner Patzelt für die CDU Sachsen gehen weiter. Hintergrund ist Patzelts Beratertätigkeit für den sächsischen AfD-Landesverband.

Wie er in dieser Woche auf seinem Blog mitteilt, war er in den vergangenen drei Jahren sieben Mal auf Einladung der AfD auf deren Parteiveranstaltungen zu Gast, hat dabei zum Teil Gutachten für die AfD vorgestellt. Der Umfang dieser Beratertätigkeiten von Patzelt für die AfD war bisher allgemein nicht bekannt:

  • Januar 2015 | Gutachten für die AfD: "Der Sächsische Koalitionsvertrag von 2014 im Licht des AfD-Wahlprogramms. Ansatzpunkte parlamentarischer Oppositionsarbeit"
  • Mai 2015 | Vortrag auf dem AfD-Demokratiekongress: "Wie lässt sich Deutschlands Demokratie verbessern?"
  • Frühsommer 2015 | Vortrag auf einer Klausurtagung der AfD mit dem Thema: Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten parlamentarischer Opposition
  • Juni 2015 | Podiumsdiskussion mit Alexander Gauland in Cottbus
  • 3. Januar 2016 | Veröffentlichung (im Auftrag der AfD-Fraktion Sachsen): "Das ‚Höcke-Gutachten‘ - oder: Wie erkennt man Rassismus bzw. Extremismus?"
  • 5. Juli 2016 | Veröffentlichung des Gutachtens (im Auftrag der AfD-Fraktion Baden-Württemberg): "Gedeon und der Antisemitismus"
  • Mai 2017 | Vortrag auf dem Berliner Extremismuskongress der AfD: "Mögliche Trägergruppen von Extremismus: Autonome, Wutbürger, enthemmte Mitte"
  • Oktober 2018 | Referat und Teilnahme bei der Bremer AfD: "Ein Jahr AfD im Bundestag – ein Jahr populistische Opposition im Bundestag?"

Patzelt selbst sieht in seiner Beratertätigkeit nichts Anstößiges. Er habe in der Vergangenheit auch schon auf Einladung der früheren PDS oder der SPD Vorträge gehalten, hielt Referate beim Wirtschaftsrat, der Mittelstandsvereinigung oder CDU-Gremien. Er schreibt:

Niemand wundert sich wenn Professoren einer Juristischen Fakultät Rechtsgutachten und Professoren einer Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Wirtschaftsgutachten verfassen oder zu praktischen Aspekten ihrer Fachgebiete vor interessierten Gremien referieren. Ebenso wenig muss es wundern, wenn die Kompetenz von Professoren der Politikwissenschaft aus der Praxis abgerufen wird.

Werner Patzelt Politikwissenschaftler der TU Dresden

Was sagt die CDU dazu?

Die Tätigkeiten bei der AfD werfen nun dennoch Fragen auf, weil Patzelt das Wahlprogramm für die sächsische CDU mit erarbeitet. In dieser Funktion hat er geäußert, dass die AfD der politische Hauptgegner der CDU sei.

Sachsens CDU-Generalsekretär Alexander Dierks hat kein Problem mit Patzelts Beratertätigkeit für die AfD. Patzelt habe nie verheimlicht, bei anderen Parteien Vorträge gehalten zu haben, so Dierks auf Anfrage von MDR SACHSEN. In dem Blog sei alles transparent dargestellt.

Werner Patzelt ist seit 25 Jahren CDU-Mitglied. Er hat sich klar dazu bekannt, die Sächsische Union bei der Erarbeitung des Regierungsprogramms ehrenamtlich zu unterstützen und in dieser Zeit weder Aufträge, noch Einladungen anderer Parteien anzunehmen. Wir werden auch weiterhin gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten.

Alexander Dierks Generalsekretär der CDU Sachsen

Andere Parteien bewerten Patzelts Tätigkeiten anders. Claudia Maicher, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, sagte der "Zeit": "Ich empfehle zu unterscheiden, ob man unabhängig arbeitet oder zum politischen Berater werden will. Politikwissenschaftler, die als unabhängige Experten auftreten, sollten transparent machen, für wen sie arbeiten – und von wem sie Gelder bekommen."

Für die Linken ist mit den neuen Erkenntnissen ein Verbleib von Werner Patzelt als Sachverständiger im Kuratorium der Landeszentrale für Politische Bildung zweifelhaft geworden. "Nach meiner Auffassung ist das Fass nun übergelaufen", erklärte der demokratiepolitische Sprecher der Fraktion, Lutz Richter, in Dresden. "Die AfD diffamiert politische Bildung als 'Staatsbürgerkunde' und ruft dazu auf, Lehrkräfte zu denunzieren. Wer als Wissenschaftler keine Berührungsängste hat, einer solchen Partei zu helfen, kann nicht als vermeintlich unabhängiger Experte die überparteiliche politische Bildungsarbeit der Landeszentrale kontrollieren." Patzelt solle seinen Platz im Kuratorium räumen, findet Richter. Das hatte zuvor auch schon der ehemalige Leiter der Landeszentrale, Frank Richter, gefordert.

Quelle: MDR/dk/dka

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 16.01.2019 | ab 17:00 Uhr in den Nachrichten

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