Nahverkehr in Sachsen Streit um ÖPNV: Landräte weisen Schuld zurück

02. November 2018, 20:00 Uhr

Der Nahverkehr in Sachsen soll schneller, besser und übersichtlicher werden. Die Verhandlungen mit den zuständigen Zweckverbänden erklärte Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) Mittwoch jedoch für gescheitert und kündigte die Gründung einer Landesverkehrsgesellschaft an. Nicht kooperativ, unseriös und träge - so lautete, salopp formuliert, die Begründung zum Abbruch der Verhandlungen. Die Landräte wehren sich jetzt gegen die Vorwürfe. Sie führten als Vorsitzende der Zweckverbände die Gespräche.

Der Sächsische Landkreistag hat die von Verkehrsminister Martin Dulig geplante Umstrukturierung des Nahverkehrs in Sachsen kritisiert. "Die Landräte lassen sich nicht zum Sündenbock machen", hieß es in einer Mitteilung. "Der Verkehrsminister hat lange darauf gewartet, das eigene Versagen beim Thema Bildungsticket auf Andere abzuschieben." Die Verhandlungen seien bereits fortgeschritten gewesen und abgestimmte Vorschläge vom Ministerium veröffentlicht worden.

Insofern ist es völlig unverständlich, warum der Minister jetzt die fast abgeschlossenen Verhandlungen abbricht. Wir gehen davon aus, dass hier nicht sachliche Erwägungen im Vordergrund stehen, sondern man es hier mit Blick auf die beiden letzten Landtagswahlen wohl eher mit einer Kurzschlussreaktion des Verkehrsministers zu tun hat.

Mitteilung des Sächsischen Landkreistages

Dulig: Landräte haben sich immer weiter von Empfehlungen entfernt

Die Stimmung ist also schlecht, die Seiten der Verhandlungspartner scheinen verhärtet. Dazu setzt es Seitenhiebe Richtung Wahlkampf. Doch was war passiert? Eine ÖPNV-Strategiekommission hatte bereits im vergangenen Jahr 13 Empfehlungen erarbeitet, um den Nahverkehr in Sachsen zu verbessern - darunter einen einheitlichen Sachsentarif, ein Bildungsticket und eine bessere Verknüpfung der Verkehrsmittel. Die Realisierung der Pläne gestaltete sich jedoch schwierig. Nachdem nach elf Monaten keine Ergebnisse vorlagen, zog Dulig am Mittwoch die Reißleine und erklärte die Verhandlungen als gescheitert.

Bei jedem Gespräch wurden mir neue Zahlen präsentiert. So kann man Verhandlungen nicht seriös führen. Wir finanzieren in Größenordnungen den ÖPNV und haben kein Mitspracherecht, was mit dem Geld passiert - das mache ich nicht mehr mit.

Martin Dulig Verkehrsminister Sachsen, auf einer Pressekonferenz am Mittwoch

Ein Großteil der Landräte hätte sich immer weiter von den Vorschlägen der Kommission entfernt, es sei lediglich ein Minimalkonsens erreicht worden, erklärte Dulig. Weder der einheitliche Sachentarif noch das Bildungsticket noch die überregional bessere Taktung von Bussen konnten laut Dulig nach den Empfehlungen der Kommission umgesetzt werden.

Landräte: Bildungsticket schon 2017 gescheitert

Die Landräte erklären jetzt dazu: "Das Bildungsticket' ist bereits im Sommer 2017 gescheitert." Damals habe die Kommission 50 Millionen Euro für die Subventionierung des Tickets plus 60 Millionen Euro für den "heute bereits stark unterfinanzierten Ausbildungsverkehr" als Vorschlag unterbreitet. "Das war nicht finanzierbar. Zumindest, wenn man nicht alle anderen Maßnahmen in Frage stellen wollte. Dies wurde damals auch von dem Vertreter der SPD-Fraktion in der Strategiekommission so gesehen", hieß es. Bis heute habe das Ministerium keine konkreten Vorschläge zur Umsetzung der Kommissions-Empfehlungen vorgelegt.

Schließlich hätten die ÖPNV-Zweckverbände Vorschläge erarbeitet und mit dem Verkehrsstaatssekretär abgestimmt. "Vor diesem Hintergrund ist die Kritik für uns vollkommen haltlos", sagte Landrat Frank Vogel, Präsident des Sächsischen Landkreistages. "Den Vorschlag für eine Landesverkehrsgesellschaft lehnen wir nachdrücklich ab. Wir können keine Stärkung der Zentren zu Lasten der ländlichen Regionen mittragen", erklärte Vogel weiter. Man habe kein Verständnis, dass der Minister die vorliegenden Vorschläge "wieder vom Tisch nimmt". Die Entscheidung für eine Landesverkehrsgesellschaft bedeute Stillstand.

Quelle: MDR/kt

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Der Sachsenspiegel | 01.11.2018 | 19:00 Uhr

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