Landtagsdebatte Streit um die Deutung der Kriminalitätsstatistik

26. April 2018, 20:56 Uhr

Gab es mehr oder weniger Kriminalität im Jahre 2017 in Sachsen? Darüber hat am Donnerstag der Landtag debattiert. Während CDU und SPD Sachsens Polizisten und deren Arbeitsergebnisse lobten, warfen die Grünen der Regierung vor, die Zahlen der Kriminalitätsstatistik für 2017 falsch zu interpretieren.

Weniger gestohlene Fahrzeuge, weniger Einbrüche, die Grenzkriminalität sei gesunken: CDU-Innenpolitiker Christian Hartmann will den Fahndungsdruck weiter aufrecht erhalten, zum Beispiel die Videoüberwachung im Grenzraum, denn die Bekämpfung der Grenzkriminalität bleibe eine zentrale Aufgabe in der Zukunft.

Allerdings sollte uns die Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir den Druck aufrecht erhalten müssen, daher […] setzt sich meine Fraktion auch dafür ein intelligente Videoüberwachungssysteme an der Grenze zu implementieren, um hier entsprechend den Fahndungsdruck und die Verfolgung zu gewährleisten.

Christian Hartmann CDU-Innenpolitiker

Trotz einer positiven Entwicklung sei die Zahl der festgestellten Drogendelikte dagegen besorgniserregend. Hier habe es einen deutlichen Anstieg gegeben.

Ein Polizist steht vor einem Funkstreifenwagen
SPD und CDU loben Sachsens Polizisten für ihre Arbeit. Bildrechte: picture alliance/dpa | Arno Burgi

Allbrecht Pallas von der SPD, wie sein Koalitionskollege Hartmann ebenfalls Polizist, lobt die Arbeit der Polizei. Angesichts der angespannten Personalsituation sei die Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen nicht hoch genug einzuschätzen und ein Grund dafür, der Polizei zu danken. Auch bei den Auto-Diebstählen sei man auf dem Tiefststand von 2006 wieder angelangt. In den 1990er-Jahren lagen die Zahlen um ein vielfaches höher.

Wir haben nach wie vor den dritthöchsten Wert an gezählten Straftaten seit zehn Jahren und die Aufklärungsquote der Vorjahre.

Sebastian Wippel AfD Landtagsabgeordneter
Autodiebstahl
Laut Statistik wurden weniger Autos in Sachsen gestohlen. Bildrechte: Colourbox.de

Es sei eben nicht alles schön, so wie die Regierungsfraktionen es darstellten, warnt der AfD-Abgeordnete Sebastian Wippel. Es gebe, sagt Wippel, 72.601 Tatverdächtige und es gebe immer weniger deutsche Straftäter darunter. Bei einem Anteil von vier Prozent an der Wohnbevölkerung stellten Nichtdeutsche mehr als 28 Prozent der Tatverdächtigen. Kfz-Diebstähle seien in Sachsen zwar gesunken, meint AfD-Politiker Wippel, aber im Bereich des Landkreises Görlitz bzw. im Bereich der Polizeidirektion Görlitz um über 30 Prozent angestiegen.

Valentin Lippmann von Bündnis 90/Die Grünen hält dem Innenministerium vor, dass es bewusst die Statistik falsch deute. 2017 lebten in Sachsen 52.918 Zuwanderer und wegen 9.493 wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung einer Straftat eingeleitet. Im Jahr 2016 seien es noch 10.000 Zuwanderer mehr gewesen bei einer fast gleichen Zahl von Tatverdächtigen. Doch das Landeskriminalamt habe Zuwanderer ohne gültigen Aufenthaltstitel nicht mitgezählt wie noch im Jahr zuvor. Lippmann forderte statt der Ankündigung schärferer Gesetze mehr Polizisten.

Sehr geehrter Herr Innenminister, mit derlei Zahlenakrobatik wäre man durch die Erstsemesterprüfung Statistik in jeder Politikwissenschaftsausbildung gefallen. In Sachsen reicht das offensichtlich, um ein Innenministerium zu führen.

Valentin Lippmann Landtagsabgeordneter B‘90/Grüne

Die Linke setzt sich mit dem geplanten Polizeigesetz für Sachsen auseinander. Der Landtagsabgeordnete Enrico Stange hält das Gesetzesvorhaben für verfassungsrechtlich bedenklich und die Argumentation der Regierung für dürftig.

Alle Indikatoren in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik, die Ihnen als Begründung dienen für die gesichtserkennenden Videoüberwachenden im grenznahen Bereich, Wohnungseinbruch etc., geht runter. Scheißegal, wir machen es trotzdem, weil wir es brauchen.

Enrico Stange Die Linke, Landtagsabgeordneter

Traditionell spricht der Innenminister zum Schluss der Debatte. Roland Wöller nutzte das, um politische Forderungen aufzustellen. Er forderte mehr Razzien, den Ausbau verdachtsunabhängiger Kontrollen, die Verstärkung des Fahndungsschleiers an der Grenze. Mit Personal allein aber könnten die Probleme nicht gelöst werden, meint der Minister, man müsse auch die gesetzlichen Grundlagen ändern und meint das neue Polizeigesetz.

Wir wollen das Land auch so entwickeln, dass Sicherheit ein Markenzeichen des Landes wird und auch ein Wettbewerbsvorteil für den Standort Sachsen ist.

Roland Wöller Innenminister Sachsen

Diese Thema im Programm von MDR SACHSEN MDR SACHSENSPIEGEL | 26.04.2018 | 19:00 Uhr

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