Bundestagswahl 2017 | Direktkandidaten aus Sachsen Falk Neubert (Die Linke)

26. August 2017, 20:56 Uhr

Wahlkreis Mittelsachsen (161)

Allgemein

Alter: 43
Schulausbildung: Abitur
Beruf: Koch, Soziologe und Kommunikationswissenschaftler
Familienstand: ledig
Wohnort: Mittweida

Politischer Werdegang:

  • 1994 Eintritt in die PDS
  • 1995 bis 1999 jugendpolitischer Sprecher der PDS Sachsen
  • seit 1999 Mitglied des Sächsischen Landtages (Sprecher für Medien-, Wissenschaftsund Hochschulpolitik)
  • Mitglied im MDR-Rundfunkrat, ARTE-Programmbeirat sowie Kuratorium der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung
  • seit 2011 Kreisvorsitzender Die Linke Mittelsachsen

Privat

Was ist Ihre größte Stärke?

  • zuhören zu können, zu differenzieren, für Dinge zu streiten

Was ist Ihre größte Schwäche?

  • manchmal zu hartnäckig zu sein

Welchem sächsischen und welchem nicht-sächsischen Sportverein drücken Sie die Daumen?
Ich spiele regelmäßig Volleyball - amateurhaft, aber mit großer Begeisterung. Ansonsten freue ich mich über jeden Sieg, den unsere vielen sächsischen Sportmannschaften erringen können.

Wo erholen Sie sich in Sachsen am liebsten?

  • beim Fahrradfahren - in Gegenden mit nicht ganz so flachen Strecken

Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?

  • drei Bücher, aktuell: "LTI" von Victor Klemperer, "Mainstream: Warum wir den Medien nicht mehr trauen" und "Soziologie - Kapitalismus - Kritik"

Politisch

Warum haben Sie sich als Direktkandidat Ihrer Partei zur Verfügung gestellt?
Ich möchte für die Inhalte meiner Partei und ganz persönlich um Stimmen zur Bundestagswahl werben. Die Linke streitet dafür, den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken. Wir brauchen in Zukunft eine Rente, die vor Armut schützt und wir brauchen Arbeit, von der man menschenwürdig leben kann. Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland muss zu einem Niedriglohn unter 9,15 Euro die Stunde arbeiten. Hier besteht Handlungsbedarf, es bedarf dringend Verbesserungen.

Welche Reform bewundern Sie am meisten?
Gemäß Wikipedia bezeichnet eine Reform "eine planvolle Umgestaltung bestehender Verhältnisse, Systeme, Ideologien oder Glaubenslehren in Politik, Religion, Wirtschaft oder Gesellschaft." Wenn ich die letzten zwanzig Jahre zurückschaue, dann sehe ich größtenteils eine planvolle Umgestaltung der Gesellschaft hin zu sozialer Ungleichheit und zu Ausgrenzung. Es wurden das Zwangs- bzw. Sanktionssystem Hartz IV sowie Leiharbeit und Kettenbefristungen eingeführt. Die Steuern für die Reichen (Vermögenssteuer) und die Unternehmen (Körperschaftssteuer) wurden ausgesetzt oder drastisch reduziert. Die Steuer für alle (Mehrwertsteuer) jedoch wurde erhöht und die Renten der kleinen Leute in den letzten Jahren gestutzt. Nein, Reformen solcher Art kann ich nicht bewundern, sondern lehne sie ab.

Wenn Sie gewählt werden, was ist Ihr wichtigstes Ziel (für die kommende Legislaturperiode)?
Der Fokus liegt ganz klar auf den sozialen Themen. Wir wollen die Einführung einer Mindestrente in Höhe von 1.050 Euro, eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro die Stunde, die Abschaffung von Leiharbeit und Kettenbefristungen und eine gemeinsame Krankenkasse, wo alle solidarisch einzahlen müssen. Und vor allem brauchen wir eine neue Verantwortung für diejenigen, die von den Leistungen der Menschen unverhältnismäßig profitieren: durch die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer (ab einem Vermögen von 1 Mio. Euro), die Erhöhung des Spitzensteuersatzes (ab einem monatlichen Bruttoeinkommens von 7.100 Euro) und der Schaffung einer gesonderten Reichensteuer (ab einem jährlichen Einkommen von 260.000 Euro).

Was wollen Sie für Sachsen erreichen … 

… im Bereich Bildung
Gerade die Misere des sächsischen Bildungswesens - Stichworte Lehrkräftemangel, hohe Schulabbrecher-Quote, unterfinanzierte Hochschulen, planlose Kultusbürokratie, Sanierungsstau - zeigt: Der Bund muss die Länder in puncto Bildung dauerhaft unterstützen und für bundesweit einheitliche Standards sorgen, auch für genug Kita-Plätze. Das würde Schaden von unseren Kindern und Jugendlichen abwenden und die sächsischen Eltern entlasten, die bisher für Kitagebühren, Lernmittel oder den Schulbus zahlen müssen. Neben diesen dringend notwendigen Schritten, müssen wir aber auch grundsätzlich fragen: Wie wollen wir in Zukunft lernen und lehren? Wir wollen, dass längeres gemeinsames Lernen in Gemeinschaftsschulen an die Stelle des frühen Aussortierens tritt. So lässt sich die Spaltung der Gesellschaft bekämpfen und dafür sorgen, dass Bildungserfolg weniger vom elterlichen Geldbeutel abhängt.

… im Bereich Forschung und Entwicklung
Die sächsische Wirtschaft wird von Handwerk und Mittelstand getragen. Hier sind nur wenige große Unternehmen ansässig, und das in der Regel nur als "verlängerte Werkbänke" ohne Forschungsabteilung. Wegen dieser Kleinteiligkeit können unsere Unternehmen weniger gut forschen und schlechter wachsen als andere Betriebe. Die öffentliche Hand muss über die Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen versuchen, diese Defizite zu verkleinern. Deshalb sind nicht nur attraktive Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler nötig, sondern auch solide grundfinanzierte Hochschulen und mehr öffentliche Forschungsfördermittel.

Der Technologietransfer in die Unternehmen und zwischen den Unternehmen muss ausgebaut werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die mit Steuergeld erarbeitet worden sind, müssen offen zugänglich sein. Und wir wollen, dass für den Frieden, statt für Krieg und Rüstungsindustrie geforscht wird. Deshalb fordern wir Zivilklauseln an allen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Forschung und Wissenschaft sollen stattdessen helfen, soziale Spaltungen zu überwinden oder die Energiewende voranzubringen. Wir wollen deshalb die milliardenschwere Innovations- und Technologieförderung des Bundes, auch die gemeinsam von Bund und Ländern finanzierte außeruniversitäre Forschung, strategisch ausrichten.

…im Bereich Wirtschaft und Verkehr
Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen - der Erfolg von Unternehmen soll stärker als bisher denen zugutekommen, die ihn erarbeiten. Bisher fließen Milliarden in die Förderung der Exportindustrie, der Binnenmarkt wird ebenso vernachlässigt wie die öffentliche Infrastruktur. Das Land spaltet sich so immer stärker in reiche und in abgehängte Regionen. Dagegen wollen wir vorgehen. Löhne und Gehälter müssen insbesondere bei den kleinen und mittleren Einkommen steigen. Das bewirken wir einerseits durch die Anhebung des Mindestlohnes auf zwölf Euro. Andererseits beseitigen wir Lohnbremsen in der Arbeitsmarktpolitik: Leiharbeit, Werkverträge, Hartz IV und Sanktionen, sinkende Tarifbindung usw.. Darüber hinaus wollen wir mit unserem Einkommensteuerkonzept alle Einkommen unter 7.100 Euro entlasten. Steigende Kaufkraft wird so zum Konjunkturprogramm für die sächsische Wirtschaft. Auch mehr öffentliche Investitionen sollten die Wirtschaft ankurbeln und die Lebensbedingungen in ganz Deutschland verbessern - etwa, indem mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden und das Bildungssystem verbessert wird. Anders als die Bundesregierung halten wir auch am Ziel des Ost-West-Angleichs bei Löhnen und Renten fest. Denn der Osten bildet bis heute die größte Ansammlung strukturschwacher Regionen bundesweit.

Öffentliche Wirtschaftsförderung wollen wir daran knüpfen, dass Unternehmen gute Arbeit und Löhne bieten, tarifgebunden sind oder ökologisch sinnvoll produzieren. Sozial schädliche Wirtschaftsbereiche wie die Rüstungsindustrie und fossile Energieversorgung wollen wir umbauen und durch eine Umstellung der Produktion Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. Das betrifft beispielsweise das Lausitzer Braunkohlerevier - auch dort soll ein Zukunftsfonds auf Bundesebene helfen, den Strukturwandel zu stemmen.

Wir wollen, dass alle mobil sein können. Das geht nur mit bezahlbaren, ökologischen, barrierefreien Verkehrsangeboten. Wir wollen Alternativen zum individuellen Straßenverkehr. Die sächsische Staatsregierung kümmert sich viel zu wenig um Busse, Bahnen, Fuß- und Radwege. Nötig ist eine sozial-ökologische Mobilitätswende auch hin zum schienengebundenen Personen- und Güterverkehr. Der Bund kann mit zweckgebundenen Fördermitteln unterstützen und auch die sächsische Regierung zwingen, das Geld korrekt einzusetzen. Für den ländlichen Raum fordern wir eine Mobilitätsgarantie: Mindestens im Stundentakt soll das nächste Oberzentrum erreichbar sein. Wir wollen auch die Elektromobilität im öffentlichen Verkehr fördern. Damit alle teilhaben können, wollen wir günstigere Fahrpreise, flächendeckend Sozialtickets für einkommensschwache Haushalte, eine Sozial-Bahncard sowie kostenlose Schüler- und Azubitickets. Eine Pkw-Maut lehnen wir ab und wollen verhindern, dass öffentliche Verkehrswege wie Autobahnen in private Hände gelangen.

…im Bereich Innere Sicherheit
Auch die Menschen in Sachsen verdienen echte Sicherheit, nicht nur gefühlte. Wir dürfen nicht versuchen, diese Sicherheit mit flächendeckender Überwachung, dem Abbau von Bürgerrechten oder der Aufweichung des Rechtsstaates zu erkaufen - das würde sowieso scheitern, und wir hätten am Ende nichts mehr gegen Terroristen und andere Freiheitsfeinde zu verteidigen. Auch in Sachsen hat die CDU über Jahre Polizei und Justiz kaputtgespart und so das staatliche Gewaltmonopol ins Wanken gebracht, weshalb viele sich um ihre Sicherheit sorgen. Darüber freuen sich nur Menschenfeinde, die politisch von der Angst leben und vorgeben, die Dinge selbst in die Hand nehmen zu können. Darauf reagieren die CDU-Innenminister auch noch mit immer absurderen Vorstößen gegen bürgerliche Freiheiten, die keine Sicherheit schaffen. Diese Spirale wollen wir durchbrechen. Wir stehen dafür, Polizei und Justiz auf Bundes- und Landesebene besser auszustatten, Bürgernähe und Prävention nicht zu vernachlässigen und die geltenden Gesetze zunächst zu vollziehen, anstatt sie aus Prinzip und planlos zu verschärfen. Es ist die Aufgabe der Polizei, Gefahren abzuwehren - auch bei der Terrorabwehr. Der Personalmangel bei der Bundespolizei muss überwunden werden, und eine Aufgabenkritik muss die Polizei von sinnlosen Tätigkeiten befreien.

Was ist die wichtigste Aufgabe beim Thema Zuwanderung?
Das große Ziel besteht darin, für ein friedliches Zusammenleben alteingesessener und neuer Mitbürger zu sorgen, sie gesellschaftlich zusammenwachsen zu lassen. Ein "Wir, die hier leben" soll Hass und Ausgrenzung ersetzen. Wir streiten für gleiche Rechte und eine soziale Offensive für alle. Es darf keine Grundlage geben für Sätze wie "Kümmert euch erstmal um uns Einheimische", die man gerade in Sachsen oft hört. Die Devise soll heißen: Gemeinsam gegen Missstände! Beispielsweise sind die gemäßigten Muslime unsere natürlichen Verbündeten im Kampf gegen radikalisierte Bewegungen.

Fluchtursachen müssen bekämpft werden, indem Waffenexporte unterbleiben, friedliche Konfliktlösungen und eine gerechtere Weltwirtschaft erreicht werden. Das ist die eigentlich wichtigste Aufgabe, deren Lösung aber Zeit braucht. Derweil ist es wichtig, Zuwandernde anständig zu behandeln, Schutzersuchen rechtsstaatlich zu prüfen, die Menschenrechte aller zu wahren und Regeln für eine planvolle Integration zu entwerfen. Wir wollen keine Einwanderungs- und Integrationspolitik, die sich danach richtet, ob Menschen den richtigen Pass haben oder als "nützlich" für Unternehmen gelten. Wer sich hier schon ein neues Leben aufgebaut hat, lernt, studiert, arbeitet, eine Familie gegründet hat, darf nicht durch eine Abschiebung herausgerissen werden.

Mit welcher Partei können Sie sich eine Koalition vorstellen?
Die Koalitionsfrage stellt sich erst nach der Wahl - dann lässt sich in Verhandlungen herausfinden, welche Ziele man mit welchem Partner umsetzen könnte. Aus heutiger Sicht können wir uns eine Zusammenarbeit nur mit SPD und Grünen vorstellen, sofern diese Parteien das Leben in Deutschland tatsächlich besser und sicherer machen wollen. Dazu gehören beispielsweise eine friedliche Außenpolitik ohne Waffenexporte, mehr wirklich existenzsichernde Arbeitsplätze oder eine Bürgerversicherung, in die alle Einkommensempfänger einzahlen - und damit gute gesetzliche Renten und eine bezahlbare Gesundheitsversorgung ermöglichen.

Vervollständigen Sie bitte den Satz: 2019 sollte es in Sachsen ...

... endlich einen wirklichen Wechsel in der Politik geben. Nach knapp 30 Jahren Regierung ist es Zeit die CDU in die Opposition zu schicken und eine andere politischen Richtung einzuschlagen - weg von der Niedriglohnstrategie, Ausdünnung des ländlichen Raumes und veralteten Energiepolitik, hin zu einer sozialen und ökologischen Politik, wo beispielsweise die Sozialarbeit endlich den Stellenwert einnimmt, die sie verdient und es genügend LehrerInnen und PolizistInnen gibt.

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