Kommunalwahl 2019 Landkreis Leipzig: Den Strukturwandel als positive Chance wahrnehmen

Seit seiner Entdeckung prägt die Braunkohle den Landkreis. Vor 30 Jahren war dann größtenteils Schluss mit Bergbau. Wir sind in den Landkreis gereist, um zu sehen, was sich seitdem verändert hat und was die Zukunft bringt.

Der Landkreis auf der Überholspur

Großes tut sich im Süden Leipzigs und es ist nicht zu übersehen. Geradezu sinnbildlich dafür wächst die Autobahn 72 Tag für Tag, Meter um Meter. Ja, sie sollte längst fertig sein, ursprünglich sogar schon 2006 zur Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. 2014 wurde Deutschland Weltmeister, da hatte die Autobahn immerhin schon den Süden Bornas erreicht. Als Deutschland vier Jahre später wieder entthront wurde, waren weitere 1,5 Kilometer fertig.

Warum der Autobahnbau solange dauert? Weil sich die A72 nördlich von Borna größtenteils durch eine Landschaftsruine zieht, durch schwieriges, ehemaliges Tagebaugelände. Schuld ist also die Braunkohle.

Den Tagebergbau hinter sich lassen

Menschen am Cospudener See
So schön, wie hier am Cospudener See, lässt es sich in Zukunft an den gefluteten Restlöchern entspannen. Bildrechte: imago/Rainer Weisflog

Überhaupt prägt die Braunkohle bis heute den Landkreis. Vor 30 Jahren gab es hier den ersten großen Wandel. Da war plötzlich Schluss mit der Kohle und das große Aufräumen begann. Tagebaue wurden geflutet, aus Restlöchern wurden Seen. Das Neuseenland entstand. Nach wie vor aber verdienen in der Region über 5.000 Menschen ihren Lebensunterhalt direkt oder indirekt mit der Braunkohle. Spätestens 2038 soll damit aber endgültig Schluss sein. Und dann stehen sie hier vor einem erneuten Wandel und müssen sich wieder neu erfinden.

 "Das ist der Kernpunkt, den wir heute mit unseren Entscheidungen beachten müssen", sagt Landrat Henry Graichen.

Dass wir am Ende des Jahre 2038, an dem die Braunkohleverstromung ausläuft, eine Wirtschaftsstruktur hier haben, die es Menschen nach wie vor ermöglicht, auch hier zu leben, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Maßgeblich auch über Wirtschaftsansiedlungen. Dazu gehört auch die Ansiedlung von Bundesbehörden, die wir klar einfordern an dieser Stelle.

Henry Graichen (CDU) Landrat

Das Zauberwort heißt Strukturwandel

Maik Kunze, Bürgermeister von Groitzsch und für die CDU im Kreistag, nimmt das Wort Strukturwandel selten in den Mund. Er redet viel mehr von Hausaufgaben, die zu erledigen sind, von Grundlagen, die geschaffen werden müssen, wenn der Wandel gelingen soll. Der öffentliche Personennahverkehr gehört für ihn dazu. Verschiedene Projekte dazu sieht er auf einem guten Weg, so Kunze. Er will, dass man diese Projekte fortschreibt.

Und ein Stück weit vom Schülerverkehr abkoppelt. Dem nicht alles unterordnet, sondern bedarfsgerecht den ÖPNV ausgestaltet im Landkreis. So dass er am Ende von den Bürgern genutzt werden kann und genutzt wird bis in die kleinsten Ortslagen, die sich ja ein Stück weit abgehangen fühlen.

Maik Kunze (CDU) Bürgermeister von Groitzsch und Kreistagsabgeordneter

Das Gefühl, beim Wandel vergessen zu werden

Ein Stück weit abgehangen fühlen sich viele Leute gerade in den ländlichen Gebieten nicht nur verkehrstechnisch. Darum fordert Markkleebergs Bürgermeister und SPD-Fraktionschef Karsten Schütze schnelles Internet für alle, so schnell wie möglich.

Wir reden seit Jahren viel über Breitband, aber es muss jetzt auch was passieren. Das heißt es muss eine Bautätigkeit stattfinden und die Leute müssen auch im ländlichen Raum ans Internet angeschlossen werden.

Karsten Schütze (SPD) Bürgermeister von Markkleeberg und Fraktionschef

Niemand soll und darf sich abgehangen fühlen, egal wo, erklärt Ute Kniesche, die für die Freie Wählervereinigung kandidiert. Deshalb müsse man genau hinschauen, wo es welche Probleme gibt und sich ihrer annehmen. Mit den Freien Wählern will sie Sachpolitik machen, tagaktuell.

Sie können von uns nicht erwarten, dass wir große Parteiprogramme schreiben. Wir sehen, was notwendig ist, wollen tagaktuell reagieren.

Ute Kniesche (Freie Wähler) Kreistagskandidatin

Ein Neuanfang für die Region

Eine Menge Hausaufgaben haben sie hier und heute zu erledigen und dennoch dürfen sie das Morgen nicht aus den Augen verlieren. Den Strukturwandel, die neue Welt, die es zu schaffen gilt. Es gibt viele Ideen, wie sie aussehen könnte diese neue Welt. Und - so sieht es momentan aus - wohl auch viel Geld für verschiedenste Projekte. Das aber dürfe nicht verschwendet werden für irgendwelche Leuchtturmprojekte, mahnt Bornas Oberbürgermeisterin Simone Luedtke. Denn bei Groitzsch oder Neukieritzsch wird immer noch Kohle abgebaut.

Das man auch da Mittel noch zurückhält, dass wenn da der Abbau wirklich stillgelegt wird, dass man da auch noch weiterhelfen kann. Das darf einfach nicht vergessen werden.

Simone Luedtke (Linke) Oberbürgermeisterin von Borna

Großes tut sich im Süden Leipzigs. Es ist nicht zu übersehen, braucht aber Geduld. Genau wie beim Bau der Autobahn 72.

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSENSPIEGEL | 07.05.2019 | 19:00 Uhr

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