24.06.2020 | 18:52 Uhr | Update Fahrradaffäre: Wöller kündigt Konsequenzen an und nennt weiter keine Details

24. Juni 2020, 18:53 Uhr

Sachsens Innenminister Roland Wöller hat in der Korruptionsaffäre bei der Leipziger Polizei Konsequenzen angekündigt. Zugleich versprach er eine umfassende Aufklärung. Die im Raum stehenden Straftaten seien geeignet, das Vertrauen in die gesamte Polizei zu erschüttern, sagte der Minister. Wöller hatte dem Innenausschuss des Landtags Rede und Antwort gestanden. In den vergangenen Tagen stand der CDU-Politiker wegen seines Umgangs mit dem sogenannten Fahrradgate selbst in der Kritik.

Innenrevision bei Leipziger Polizei

Die im Raum stehenden Straftaten sind geeignet, das Vertrauen in die gesamte Polizei zu erschüttern.

Innenminister Roland Wöller

Vor 14 Tagen ist durch einen Zeitungsartikel die sogenannte Fahrrad-Affäre bei der Leipziger Polizei öffentlich geworden. Hunderte sichergestellte Fahrräder sollen durch eine Polizistin illegal verkauft worden sein. Beamte und Angestellte der Leipziger Polizeidirektion sollen zu den Käufern gehören. Der Innenminister hat sich lange gar nicht und dann nur zurückhaltend zu den Vorgängen geäußert. Nun versucht Roland Wöller in die Offensive zu gehen.

Vier Jahr Fahrradhandel bei der Polizei

Rund vier Jahre lang, von 2015 bis 2019, blühte der illegale Fahrradhandel der Leipziger Polizisten. Im Juli vergangenen Jahres ist die Hehlerei von sichergestellten Fahrrädern aufgeflogen. Seit Monaten weiß Innenminister Roland Wöller nach eigenen Aussagen von dem Vorgang. Und erst jetzt und nur durch Medienberichte die Öffentlichkeit. Innenminister Wöller begründet das am Mittwoch damit, dass laufende Ermittlungen nicht gefährdet werden durften.

Zum ersten Mal allerdings räumt Wöller zumindest Versäumnisse ein: "Ich bin ein Mensch, der Realitäten wahrnimmt. Und im Licht des Wissensstandes heute ist mir auch bewusst und klar, dass die Informationsflüsse und -politik nicht nur in der Polizeidirektion Leipzig, sondern auch im Innenministerium so gelaufen sind, dass ich nicht zufrieden bin."

Wöller nennt weiter keine Details - Kritik von Linken

Doch trotzdem hat der Innenminister auch am Mittwoch keine Details zum sogenannten Fahrradgate offengelegt. Er verwies erneut auf die noch laufenden Ermittlungen. Auch Generalstaatsanwalt Hans Strobl bekräftigte, dass es sich um Dienstgeheimnisse handle, die nicht verraten werden dürften. Kerstin Köditz von den Linken lässt dieses Argument allerdings nicht gelten. Immerhin sind in der Angelegenheit bereits gegen 15 Polizeibeamte Disziplinarmaßnahmen eingeleitet worden.

Kerstin Köditz, Angeordnete der Linken im sächsischen Landtag
Linke-Politikerin Köditz fordert Aufklärung. Bildrechte: DiG/trialon

120 Personen im Fokus der Ermittler

Generalstaatsanwalt Strobl, der die Ermittlungen leitet, erklärte, dass seine Behörde nun vor allem die Käufer der Fahrräder überprüfe. Er bestätigte zudem einen Bericht der "Freie Presse", nach dem sich das laufende Ermittlungsverfahren auf rund 120 Personen erstreckt, darunter auch mindestens 50 Beamte und Angestellte der Polizeidirektion Leipzig, die Fahrräder gekauft haben sollen. Käufer soll es allerdings auch in anderen Polizeidirektionen Sachsens gegeben haben. Strobl spricht von insgesamt drei Tatkomplexen der Fahrradaffäre: "Der eine ist die Verkäuferin, der zweite sind die Vorgesetzten, wo es darum geht, wann haben die was gesehen, haben die was getan und der dritte sind die Käufer."

Bei den Abnehmern geht die Staatsanwaltschaft Leipzig von 111 Beschuldigten aus, hieß es. In mindestens 50 Fällen betreffe das Beamte und Angestellte der Polizeidirektion Leipzig. Auch zehn Bereitschaftspolizisten, zwei Beamte des Landeskriminalamtes und ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft sollen zu den mutmaßlichen Käufern gehören. Die Zahl der verkauften Räder ist noch unklar. Sie sollen für 20 bis 50 Euro veräußert worden sein. Quittungen, die man bei einer Hausdurchsuchung im Sommer 2019 fand, summieren sich auf eine Gesamtbetrag von 2.740 Euro.

Innenrevision soll Netzwerk beleuchten

Ziel einer Innenrevision sei es zu überprüfen, wieso das illegale Netzwerk innerhalb der Polizei so lange unerkannt agieren konnte. Außerdem erklärte Wöller auf Nachfrage, dass mittlerweile acht Beamte im Landeskriminalamt die Ermittlungen durchführen. Bisher waren damit nur zwei Beamte beschäftigt.

Die Koalitionsfraktionen CDU, SPD und Grüne meinten nach der Ausschusssitzung, dass der nun eingeschlagene Weg ein Anfang sei. Der SPD-Innenpolitiker Albrecht Pallas meinte beispielsweise, dass das verloren gegangene Vertrauen nun durch größt mögliche Offenheit wieder hergestellt werden müsse.

Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass gegen den Journalisten des Newsportals "Tag24", der zuerst von der Fahrrad-Affäre berichtete, eine Anzeige wegen Verleumdung gestellt wurde. Hier prüft derzeit die Staatsanwaltschaft, ob Ermittlungen aufgenommen werden.

Quelle: MDR/dpa/dka/lam

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 24.06.2020 | 15:00 Uhr in den Nachrichten

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