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Viele Redensarten kommen aus dem Handwerk: Literaturwissenschaftler Dr. Rolf-Bernhard Essig erklärt die Hintergründe. Bildrechte: Gudrun Schury

Woher kommt eigentlich ...?Handwerker-Redensarten: Woher sie kommen und was sie bedeuten

In dieser Woche dreht sich bei MDR SACHSEN alles ums Handwerk. Passend dazu kümmert sich das Sachsenradio um Redensarten aus dem Handwerk mit Literaturwissenschaftler Dr. Rolf-Bernhard Essig, der auch ein Buch darüber geschrieben hat: "Pünktlich wie die Maurer".

Woher kommt "frisieren"?

Dr. Rolf-Bernhard Essig: Auf dem Markt gibt es den Friséesalat. Und genau das beschreibt das Wort "Frisieren" - das Kräuseln. Das kann das Kräuseln der Wasseroberfläche sein oder die gekräuselte Oberfläche dieses schönen Salates. Und es hat dann früher auch das Haare kräuseln bezeichnet, also jemandem Locken machen. Das hat man dann auf die Haarkünstler, die Figaros der Zeit, übertragen. Man hat es aber auch für Schneider verwendet, für Kleidungshersteller, die mit modischen Dingen zu tun hatten. Und da hieß das "Frisée" eine Rüsche annähen oder mit Rüschen versehen. So ein Stoff mit Rüschen sah einfach schöner aus. Deswegen war das auch eine Verbesserung des Stoffes.

Man kennt auch, den Motor frisieren, also die Motorleistung erhöhen. Andere haben aber auch Rüschen verwendet, um Fehler von Stoffen zu überdecken. Und daher kommt dann diese betrügerische Bedeutung, in dem Sinne, der hat nicht nur seinen Stoff frisiert, der hat seine Bilanzen frisiert. Inzwischen kann man auch Statistiken frisieren und vieles andere und denkt dabei gar nicht mehr an den Friseur.

Woher kommt: "Das ist ein Fiasko"?

Dr. Rolf-Bernhard Essig: Fiasko heißt im Italienischen übersetzt einfach: Flasche. Es ist in der übertragenen Bedeutung mit dem Beruf des Glasbläsers verbunden. Die Glasbläser auf der Insel Murano nahe Venedig hatten sehr komplizierte und teure Glasbehältnisse zu blasen. Und wenn Ihnen da mal was schiefging, dann haben sie einfach noch eine relativ einfache Flasche aus diesem Glaskörper an ihrem Glas-Blasrohr machen können. Die Umstehenden, die machten sich darüber lustig und riefen dann "Fiasko, Fiasko, du hast nur noch eine billige Flasche daraus machen können". Der Verspottete musste alle anderen, die ihn verspottet hatten, auf ein Glas Wein einladen.

Die Glasbläser-Werkstätten hatten auch immer Besucher, die das ganz wunderbar fanden, zuzusehen, was sie da machten. Die bekamen das mit, auch wenn mal etwas schief ging, und übertrugen das dann auf die andere Seite der Insel nach Venedig. Und wenn die in der Oper waren und ein Sänger ganz, ganz scheußlich sang, dann riefen die Besucher auch: "Fiasko, Fiasko und stürmten manchmal sogar auf die Bühne und hängten ihm eine Flasche um."

Woher kommt "Klappern gehört zum Handwerk"?

Dr. Rolf-Bernhard Essig: Besonders interessant bei der Redewendung ist, dass man sich immer jemanden in einer Bude auf einem Markt vorstellt, der dort seine Handwerkserzeugnisse anbietet und eine Klappe hat, mit der er Lärm macht. Man denkt, es geht schlicht und ergreifend darum: Man muss Werbung machen. Wer eine Bude auf dem Markt hat, muss schreien.

Aber: Es kommt gar nicht daher, dass man verkauft, sondern es kommt vom Müllerhandwerk. In den Mühlen klapperte es immer. Wir kennen das Lied: "Es klappert die Mühle am rauschenden Bach." Der Müller hatte dieses Klappern Tag und Nacht auszuhalten. Der sollte sich nicht beschweren, denn der hatte einen sehr guten Job, ein sehr gutes Handwerk. Und dem sagte man dann eben: Das Klappern gehört dazu. Das musst du erleiden, das musst du erdulden, denn du hast ja auch einen guten Verdienst davon.

Woher kommt "das ist aber ein Drahtzieher"?

Dr. Rolf-Bernhard Essig: In den USA und Kanada sagte man dann zu dem wire puller, das ist die wörtliche Übersetzung für jemanden, der wie ein Marionettenspieler seine Puppen am Draht führt, ohne dass er selbst zu sehen ist. Wir kennen vielleicht auch das Lied "Puppet on a String". Das ist ein schönes Bild für Leute, die hinter den Kulissen die Drähte gezogen haben. Daher kommt auch die heutige Bedeutung. Das ist derjenige, der die ganzen Finger im Geschäft hat, ohne dass man das sieht. Das ist heute auch zu einer negativen Bedeutung geworden. Aus den USA, das kann man wirklich nachweisen, ist es durch Zeitungen, die über die USA berichteten oder durch Briefe von Auswanderern, erst ins Deutsche eingewandert und wurde zu dieser neuen politischen Bedeutung.

Woher kommt "das zieht sich durch wie der rote Faden"?

Dr. Rolf-Bernhard Essig: Die Redensart hat Goethe bei uns in die Sprache gebracht. Eigentlich kommt es aus der Seilerei, aus dem Bereich der Reeperbahnen. Die britische Marine hat angewiesen, in die Seile, in die Taue der Segelschiffe, einen roten Faden als Eigentumsnachweis einzuweben. Dieser zentrale Faden, der machte klar, dass gehört der britischen Marine. Den konnte man auch nicht rauslösen, ohne das Seil zu zerstören. Und das war eine Super-Erfindung.

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MDR (ino)

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSENMDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 12.-16.09.2022