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NachgefragtVegane Ernährung: Fehlt unserem Körper etwas ohne tierische Produkte?

Stand: 24. August 2021, 15:37 Uhr

Immer mehr Menschen greifen zu veganer Ernährung. Aber so ganz ohne tierische Produkte - fehlt da nicht etwas? Oder kann vegane Ernährung den sogenannten Zivilisationserkrankungen wie Herzinfarkt, Diabetes usw. vorbeugen? MDR SACHSEN hat darüber mit Ernährungswissenschaftler und Autor Niko Rittenau gesprochen.

Wie strikt muss vegane Ernährung sein?

Weil für die Honigherstellung Bienen notwendig sind, steht er nicht auf dem veganen Speiseplan. Bildrechte: MDR/MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Grundsätzlich definiert sich die vegane Ernährung an diesem Standard, dass man versucht, so weit wie möglich und natürlich im Alltag umsetzbar, Ausbeutung und Grausamkeit gegenüber allen Tieren zu vermeiden. In den westlichen Ländern haben wir eigentlich schon die Möglichkeit, tatsächlich alle tierischen Produkte durch nicht-tierische zur setzen. Aber es ist kein Dogma. Es ist keine Religion oder Ähnliches, sondern man folgt seinen ethischen Werten, soweit man es für sich selbst vertreten und umsetzen kann.

So ganz ohne tierische Produkte fehlt da nicht etwas - aus ernährungsphysiologischer Sicht?

Kein Veganer muss seinen Kaffee schwarz trinken - es gibt viele pflanzliche Alternativen. Bildrechte: imago/Westend61

Tierische Produkte haben kein Monopol auf irgendwelche Nährstoffe. Das heißt, die Milch liefert natürlich Kalzium. Aber es gibt auch gute pflanzliche Quellen für Kalzium. Auch ohne rotes Fleisch kann man genügend Eisen und Zink bekommen. Auch Fisch ist nicht der einzige Lieferant für Omega-3 und Jod. Also man muss natürlich das kleine Einmaleins der veganen Ernährung beherrschen. Auf der anderen Seite ist es auch keine Raketenwissenschaft, sich in jeder Lebensphase vegan zu ernähren, wenn man es gut zusammenstellt. Das gilt für die schwangere oder stillende Frau, Kinder, Erwachsene wie auch für Senioren.

Kommen vegane Lebensmittel ohne künstliche Konservierungsstoffe, ohne Antioxidationsmittel, Geschmacksverstärker und Farbstoffe aus?

Grundsätzlich ist vegane Ernährung eine pflanzliche Ernährung, eine pflanzenbetonte Ernährung. Das heißt, die Grundzutaten der veganen Küche sind Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Obst, Gemüse, Nüsse und Samen als vollwertige pflanzliche Lebensmittel.

Bildrechte: IMAGO / epd

Aber es spricht aus ernährungsphysiologischer Sicht nichts dagegen, sich auch von veganen Käse- und Fleischalternativen zu ernähren. Konservierungsstoffe, also auch Farbstoffe etc., müssen nicht Teil dieser Produkte sein - sind sie auch in den wenigsten Fällen. Und wenn sie es sind, sind sie trotzdem zugelassene Zusatzstoffe, die in der Menge, wie wir sie verzehren, auch gesundheitlich komplett unproblematisch sind. Und das ist wie so oft die Menge, die hier über den gesundheitlichen Wert der einzelnen Lebensmittel bestimmt.

Kann eine komplett vegane Ernährungsweise zu Mangelerscheinungen führen?

Ja und Nein. Also in jeder Ernährungsweise kann es passieren, dass man über eine unvollständige Kostzusammenstellung Mängel erleiden kann. Da ist die vegane, die vegetarische oder auch die klassische Mischkost nicht davor gefeit. Aber wenn man es klug macht, muss es in keiner der Ernährungsweisen passieren.

Vegan lebende Menschen hätten, wenn die Lebensmittel perfekt produziert werden würden, d.h. mit den richtigen Bakterienkulturen fermentiert, nicht zwingend Bedarf nach Nahrungsergänzungsmitteln. Aber da die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse von vegan lebenden Menschen aktuell noch unzureichend von der Lebensmittelindustrie bedient werden, ist zum Beispiel im Fall des Vitamin B12 eine Nahrungsergänzung noch angeraten.

Wie werden tierische Proteine (z.B. Eiweiß um Käse, im Quark, in Eiern) ersetzt?

Hülsenfrüchte sind reich an Proteinen. Bildrechte: imago images / Science Photo Library

Ja, auch wenn wir zum Beispiel als Kraftsportler oder Kraftsportlerin einen erhöhten Eiweißbedarf haben, können wir den trotzdem gut vegan decken. Die Hauptgruppe, die dafür verantwortlich ist, sind die Hülsenfrüchte wie Bohnen, Kichererbsen, klassische Erbsen, Linsen, Mungbohnen und aus denen hergestellte Produkte. Aber auch Sojaprodukte wie Tofu sowie aus Getreideproteinen hergestellte Lebensmittel wie Seitan, Nüsse und Samen sind proteinreich. Selbst klassischer Hafer hat 12 bis 13 Gramm Protein pro hundert Gramm und ist damit auch relativ proteinreich. Das heißt, diese Mengen, die wir brauchen, kann man vegan sehr gut decken, wenn man sich insgesamt abwechslungsreich und kalorien bedarfsdeckend ernährt.

Kann vegane Ernährung den sogenannten Zivilisationserkrankungen wie Herzinfarkt, Diabetes usw. vorbeugen?

Was wir anhand großer Studien wissen, ist, dass sämtliche überwiegend vollwertig pflanzlichen Lebensstile mit einem insgesamt geringeren Risiko vor allem für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie zum Beispiel Herzinfarkte und Schlaganfälle, einhergeht und auch mit einem deutlich geringeren Risiko für einen Typ-II-Diabetes. Und auch 40 bis 70 Prozent vieler andere Erkrankungen, wie Dickdarmkrebs, kardiovaskuläre Erkrankungen, können mit einem gesunden Lebensstil, und da zählt regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf, wenig Alkohol und eine gesunde Ernährung rein, vorgebeugt werden. Aber da geht es nicht um vegan und nicht vegan, sondern um gesund oder weniger gesund.

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Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 17. August 2021 | 12:44 Uhr