Montag, 19.07.2021: Wilhelm von Ketteler

Nein, abzusehen war es nicht, dass dieser unbeherrschte Typ einmal Bischof wird. Als Jura Student Schrecken seiner Professoren, jähzornig und aufbrausend, bei einem Fechtduell verliert er seine Nasenspitze. Aber irgendwie schafft er es sein Temperament zu zügeln und wird preußischer Beamter. Sein Name: Wilhelm Immanuel von Ketteler, Westfale und Katholik. Als es in Preußen zu einem Kirchenstreit kommt quittiert er kurzerhand seinen Dienst und zieht ins katholische München. Dort lässt er sich 1844 zum Priester weihen, und wird einfacher Landpfarrer. Als Prediger ist er so begabt, dass er bald unter freiem Himmel predigen muss, weil der Platz in der Kirche nicht reicht. Und als er die Not der Leute sieht packt er an. Dieses Anpacken wird sein weiteres Leben bestimmen. Sein eigener Lebensstil ist einfach und schlicht, er schläft auf einem Strohsack, wie die einfachen Leute. Luxus und Protzerei liegen ihm überhaupt nicht.

Der Mann beeindruckt, 1848 wird er als Kandidat in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt. Dort setzte sich für Gewissens- und Glaubensfreiheit ein, und zwar für alle Bekenntnisse, nicht nur für sein eigenes. Ein Jahr darauf wird er Probst in Sankt Hedwig in Berlin aber er hat den Koffer kaum ausgepackt da wird er schon als Bischof nach Mainz berufen.

Als wohl erster Bischof des 19. Jahrhunderts beschäftigt er sich mit der sozialen Frage, er gründet einen Gesellenverein, eine Gesellschaft zur Unterstützung von Strafgefangenen, Einrichtungen für ledige Frauen und drängt energisch auf Reformen in Staat und Gesellschaft. Er liest aufmerksam die Schriften der Sozialdemokraten und schreibt selber ein Werk, das er "die Arbeiterfrage und das Christentum" nennt. Er klagt unhaltbare hygienische und soziale Zustände an, fordert die Einschränkung der Kinderarbeit, die Sicherung der Sonntagsruhe, finanzielle Hilfen und faire Löhne. Kurz, er entwickelt ein umfassendes sozialpolitisches Programm, dass 1877 von der Zentrumspartei in den Reichstag eingebracht wird. Im gleichen Jahr stirbt Wilhelm Immanuel von Ketteler in Mainz.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzbiografie Guido Erbrich | Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR

Guido Erbrich | Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR

geboren 1964 | Ausbildung zum Tontechniker | Arbeit beim Sender Leipzig | Studium der Theologie und Philosophie in Erfurt, Prag und New Orleans | Seit 1996 Referent im Bistum Dresden-Meißen | Leiter des "Roncalli Hauses" Heim-Volkshochschule und die Erwachsenenbildungsstätte des Bistum Magdeburg | Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim Mitteldeutschen Rundfunk

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.