Eine Person in Tauchausrüstung hält sich unter Wasser an einer anderen Person in Tauchausrüstung fest.
Rico Rölke mit Begleiter auf Tauchgang im Geiseltalsee Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Tauch-Sport für Menschen mit Behinderung am Geiseltalsee Eintauchen in die Schwerelosigkeit

27. November 2023, 15:16 Uhr

Für Menschen mit Behinderung ist es oft nicht leicht, einen Tauchschein ablegen zu können. Äußere Bedingungen müssen stimmen - beispielsweise ein barrierefreier Zugang - und es muss vor allem ein Anbieter gefunden werden, der sich auf die speziellen Bedürfnisse dieser Menschen einstellen kann. Rico Rölke ist am Geiseltalsee in Sachsen-Anhalt fündig geworden.

Rico Rölke liebt das Wasser und das Tauchen. Vor Jahren ging seiner Leidenschaft ein Wunsch voraus:

Einmal im Roten Meer tauchen, das wäre es! Unter all diesen bunten Fischen sein. Und irgendwann ist mir der Gedanke gekommen, vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, einen Tauchschein zu machen.

Rico Rölke
Ein Mann sitzt in einem Rollstuhl an einem See.
Auf der Strandpromenade am Geiseltalsee Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Der Weg zum Tauchschein ist anfangs nicht leicht. Der 46-Jährige hat spinale Muskelatrophie und kann sich kaum selbstständig bewegen. Zunächst findet Rico keine Tauchschule für seine Bedürfnisse. Doch dann landet er bei Heiko Günzel vom Tauchzentrum Geiseltal und seinem Team.

Der Tauchlehrer - im Hauptberuf ist er Polizist – geht seiner Leidenschaft seit über 20 Jahren nach. Und Heiko Günzel bildet seit 2009 am Geiseltalsee auch Menschen mit Behinderung aus.

Die individuellen Bedürfnisse berücksichtigen

Mit seinem ganz eigenen Humor hat er seitdem rund 30 Taucher mit einer Einschränkung "im Wasser versenkt", wie er scherzhaft sagt. Gehörlose und blinde Menschen gehören dazu, aber vor allem Rollstuhlfahrer. Seine Tauchkurse sind immer individuell. Im Sommer gibt er sie am See, im Winter in einer Schwimmhalle.

Ein Mann lehnt an einem Steg an einem See.
Tauchlehrer Heiko Günzel Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

"Bei Menschen mit Behinderung muss man die Ausbildung individuell anpassen. Jeder hat eine andere Behinderung. Bei Rico ist es zum Beispiel so: er kann von seinem Körper relativ wenig verwenden fürs Tauchen. Er ist schon stolz, wenn er mit seinen Händen den Druckausgleich hinbekommt. Das heißt, wir führen Rico zu zweit durchs Wasser. Einer steuert ihn und einer kommuniziert mit ihm", so der Tauchlehrer.

Eine Person hilft einer anderen Person beim Anziehen einer Tauchbrille.
Letzte Vorbereitungen zum Tauchgang Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Grundsätzlich brauchen alle Tauchschüler ein Attest vom Arzt. Dabei kommt es vor allem auf die Lungenfunktion an und dass Hals, Nase und Ohren frei sind. Damit hat Rico keine Probleme, er ist also tauchtauglich.

Rico weiß, wie wichtig Vertrauen in den Tauchlehrer ist. Man sollte ihm sagen können, was man kann und eben auch, was man nicht kann. Nur so kann sich der Lehrer auf die individuellen Bedürfnisse einstellen.

Zwischen Rico und seinem Tauchlehrer Heiko klappt die Kommunikation problemlos. Nach drei Jahren coronabedingter Pause freut sich Rico schon auf die Unterwasserwelt:

Unter Wasser kann ich mich komplett entspannen. Ich hänge mich in mein Jackett rein, ich habe keine Schmerzen. Es ist halt dieses Schwebegefühl, wenn das Gewicht komplett weg ist. Ich fange an, den Tauchgang zu genießen. Ich gucke mich um, die Fauna, die Fische – das entschädigt für alles, was man vielleicht mehrmals wiederholen musste an Übungen.

Rico Rölke

Nach einer halben Stunde ist der Spaß schon wieder vorbei. Ein perfekter Tauchgang, der in diesem Jahr nicht der letzte bleiben soll. Denn Rico Rölke will in diesem Sommer im Geiseltalsee wieder öfter in die Schwerelosigkeit eintauchen.

Vier Menschen in Tauchausrüstung schwimmen an einer Wasseroberfläche.
Wieder aufgetaucht: Rico Rölke zusammen mit seinen Helfern Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Selbstbestimmt | 14. August 2022 | 08:00 Uhr