Jahresrückblick 2022 | Februar Langläuferinnen Hennig und Carl sorgen für Olympia-Sensation
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Die Olympischen Winterspiele in Peking liefen aus deutscher Sicht mehr als erfolgreich. Am zweiten Platz im Medaillenspiegel hatten auch die mitteldeutschen Athleten und Athletinnen einen großen Anteil. An sieben von zwölf Goldmedaillen waren sie beteiligt, am meisten überraschte aber der Olympiasieg von Katharina Hennig und Victoria Carl im Langlauf.

Hennig und Carl schreiben Langlauf-Märchen
Sie konnten es selbst kaum glauben, blickten sich ungläubig an und staunten die sprichwörtlichen Bauklötze. Der Rest war pure Freude. Als Victoria Carl bei den Olympischen Winterspielen in Peking im Februar auf der Zielgerade des Teamsprints noch die schwedische und russische Konkurrenz hinter sich ließ und als Erste über die Ziellinie lief, hatte Deutschland erstmals seit zwölf Jahren wieder Gold im Langlauf gewonnen.
Carl sackte im Zielbereich völlig erschöpft zusammen, Katharina Hennig fiel in ihrer Fassungslosigkeit nicht viel mehr ein, als sich auf ihre Teamkollegin draufzulegen und diese zu herzen. "Wir sind gerade emotional überfordert. Was wir uns da heute erkämpft haben, ist einfach unbeschreiblich", erklärte die Annabergerin Hennig später. Carl, die im thüringischen Zella-Mehlis geboren wurde und für den dortigen SC Motor startet, war auf den letzten Metern so im Tunnel, dass sie zunächst gar nicht realisierte, was ihr gerade gelungen war: "Ich habe gar nicht wahrgenommen, dass ich mich auch an der Schwedin vorbeigeschoben habe. Ich kann diesen starken Schlussspurt immer noch nicht glauben."
Hennig und Carl gewinnen Sportlerinnenwahl
Olympiasiegerin mit 25 bzw. 26 Jahren, in einer in Deutschland nicht allzu populären und eigentlich von den skandinavischen Nationen dominierten Sportart. Bundestrainer Peter Schlickenrieder wusste gar nicht, wie ihm geschah an seinem 52. Geburtstag: "Das ist ein brutaler Traum. Ich könnte den ganzen Tag heulen. Es ist einfach so intensiv", sagte er nach der Goldmedaille mit Tränen in den Augen Und es war nicht die einzige Überraschung bei den Langläuferinnen, wenige Tage zuvor waren die beiden gemeinsam mit Katherine Sauerbrey und Sofie Krehl schon zu Silber in der Staffel über 4 x 5 km gelaufen.
Das ist ein brutaler Traum. Ich könnte den ganzen Tag heulen. Es ist einfach so intensiv.
Hennig brauchte lange, um das Erlebte richtig zu verarbeiten. Im MDR-Interview Ende Mai sagte sie, dass es "bis vor drei Wochen" gedauert habe, ehe sie für sich realisiert hatte, nun Olympiasiegerin zu sein: "Da hatte ich einen Moment, und das sage ich jetzt ganz offen, da habe ich von null auf hundert Rotz und Wasser geflennt. Auf diese Tränen habe ich sehr lange gewartet." Ein weiterer Lohn für ihre Leistungen: Hennig wurde zur "Deutschen Skisportlerin" des Jahres gewählt. Carl erhielt die Ehrung als "Thüringens Sportlerin des Jahres".
Friedrich dominiert im Eiskanal
Einen historischen Erfolg feierte auch Bobfahrer Francesco Friedrich. Wie schon vier Jahre zuvor im südkoreanischen Pyeongchang war der Oberbärenburger im Zweier- sowie im Viererbob der beste und schnellste Pilot und schaffte damit als erster Bobfahrer überhaupt das doppelte Double. "Der ist unfassbar, der Typ. Diese mentale Stärke kann man nicht erklären, die hat man in sich. Er ist der Killer im richtigen Moment", lautete das Fazit von Bundestrainer René Spies über Friedrich, der von Superlativ zu Superlativ fährt. Trotz enormem Druck von Teamkollege Johannes Lochner behielt Friedrich sowohl im kleinen (gemeinsam mit Thorsten Margis) als auch im großen Schlitten (mit Margis, Candy Bauer und Alexander Schüller) die Nerven und sicherte sich seine Olympia-Goldmedaillen drei und vier.
Doppelgold auch für Ludwig
Ebenfalls gleich zweimal ganz oben auf dem Podest stand Johannes Ludwig aus Oberhof im Rennrodeln. In seiner letzten Karrieresaison kam er mit der Bahn im Yanqing National Sliding Center am besten zurecht. Mit Start- und Bahnrekord fuhr er in vier Läufen zu seinem ersten Olympiasieg im Einzel. "Ich bin ziemlich glücklich, dass ich die vielen Jahre am Ball geblieben bin. Ich habe mich viele Jahre für Olympische Spiele nicht qualifizieren können, auch oft vierte Plätze belegt. Die Freude am Sport hat mich am Ball gehalten, zu recht", so Ludwig nach dem Gold-Coup. Damit hatte er sich wenige Tage vor seinem 36. Geburtstag auch den Platz in der Teamstaffel gesichert, wo er den Sieg von 2018 gemeinsam mit Natalie Geisenberger und dem Doppel Tobias Wendl/Tobias Arlt wiederholen konnte.
Grotheer erster deutscher Skeleton-Olympiasieger
Ein Stück Wintersport-Geschichte schrieb auch Skeletoni Christopher Grotheer. Der Wernigeröder, der für den BSR Rennsteig Oberhof startet, siegte mit deutlichem Vorsprung vor seinem sächsischen Landsmann Axel Jungk und krönte sich damit zum ersten deutschen Olympiasieger im Skeleton. "Die erste Goldmedaille für Deutschland im Skeleton, das ist die Krönung der letzten Jahre", so Grotheer wenige Tage nach seinem Triumph. Zudem verriet er, dass ihm eine Liste geholfen habe, auf der er sich hundert Punkte aufschrieb, warum er es verdient habe, Olympiasieger zu werden: "Die habe ich mir vier Wochen lang jeden Abend durchgelesen, damit es ins Unterbewusstsein eindringt."
Denise Herrmann läuft zu Gold in der "Königsdisziplin"
Ihre Weltklasse stellte auch Biathletin Denise Herrmann unter Beweis. Die inzwischen mit dem Langläufer Thomas Wick verheiratete und seit der neuen Saison unter dem Doppelnamen Herrmann-Wick startende Sächsin war im Einzel über 15 Kilometer nicht zu schlagen. 2014 in Sotschi hatte die heute 33-Jährige noch Bronze in der Langlauf-Staffel gewonnen, war dann zwei Jahre später zum Biathlon gewechselt und holte dort sensationell Gold.
19 Treffer bei 20 abgegebenen Schüssen, dazu eine Top-Laufleistung und "schon" durfte sich Herrmann nach einer nicht immer einfachen Saison Olympiasiegerin nennen. "Dass ich das heute geschafft habe, macht mich unglaublich stolz und glücklich", sagte die Athletin aus dem sächsischen Bockau und ergänzte: "Das ist gerade eine total krasse Situation. Ich habe ordentlich auf die Fresse gekriegt dieses Jahr. Aber ich wusste, dass ich es kann."
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Dieses Thema im Programm: Sport im MDR AKTUELL Nachrichtenradio | 25. Dezember 2022 | 09:40 Uhr