Fußball | BundesligaMintzlaffs Erbe bei RB Leipzig: Wirtschaftlich solide, sportlich ambitioniert
Klubchef Oliver Mintzlaff verlässt RB Leipzig nach mehr als acht Jahren und wechselt nach dem Tod von Dietrich Mateschitz an die Spitze des Red-Bull-Konzerns. Wie steht es um den Fußball-Bundesligisten?
Mit dem letzten Bundesliga-Spieltag vor der Weltmeisterschaft in Katar endet auch die Ära Oliver Mintzlaff. Der RB-Boss verlässt Leipzig und geht zum Red-Bull-Konzern als einer von drei Geschäftsführern. 2014 war er zum damaligen Zweitligisten gekommen und hatte sich im Klub schnell als Alphatier etabliert. Zum Abschied bleiben ein paar Fragen: Welches Erbe hinterlässt der 47-Jährige bei RB? Wie hat sich RBL auf der finanziellen Seite unter Mintzlaff entwickelt? Und wohin geht die Reise des Bundesligisten?
Experte: "RB Leipzig steht sehr solide da"
Offensichtlich ist, dass mit Mintzlaff auch die sportliche Entwicklung rasant Fahrt aufgenommen hat. Dafür verantwortlich war allerdings allen voran Ralf Rangnick als Sportdirektor und Trainer. Mintzlaff war zunächst eigentlich nur Rangnicks Berater und verhandelte dessen Einstieg 2012 bei RB Salzburg. Dem Vernehmen nach war der jüngst verstorbene Red-Bull-Patriarch Dietrich Mateschitz sehr angetan vom Auftreten Mintzlaffs und machte ihn 2014 zum Boss von RB Leipzig. Die Hierarchie hatte sich damit umgekehrt. Mit 39 Jahren stieg er vom Berater zum Vorgesetzten von Ralf Rangnick auf.
Hauptaufgabenfeld von Mintzlaff waren die Finanzen. Über seine Arbeit will Mintzlaff mit dem MDR aber nicht reden – auch sonst niemand aus der Geschäftsleitung von RB Leipzig. Auskunftsfreudiger ist der Bilanz-Experte Henning Zülch. Das Steckenpferd des Professors an der privaten Leipziger Handelshochschule ist der Profifußball. Er hat sich die Zahlen des Klubs genau angeschaut und lobt: "RB Leipzig steht sehr solide da. Das kann man eindrucksvoll an der Umsatzentwicklung erkennen."
Unter Mintzlaff verzwölffacht sich der Umsatz
Als Mintzlaff in Leipzig begann, war RB gerade in die 2. Bundesliga aufgestiegen und machte einen Umsatz von 31 Millionen Euro, 2021 betrug der Umsatz 370 Millionen Euro. Die Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor. In sieben Jahren hat sich der der Umsatz damit verzwölffacht. Betrachtet man die Bilanzsumme, dann hat sich RB Leipzig hinter den Bayern auf Platz zwei etabliert.
Aber Zülch wartet noch mit einer kleinen Überraschung auf. "Was Profitabilität und Wachstum betrifft, da ist RB führend in der Bundesliga." Das hat Zülch in diesem Sommer in einer Studie ermittelt. Ein Faktor dabei ist die Personalaufwandquote: Im Vergleich zum Umsatz gibt RB weniger als 50 Prozent für den Spielerkader aus. Bei allen anderen Klubs liegt dieser Wert bei 60 Prozent und höher. "Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr", sagt Zülch. "Der Verein hat kontinuierlich Professionalität aufgebaut. Und das kann nur jemand, der klar strukturiert und durchsetzungsstark ist."
Nur SC Freiburg macht mehr Gewinn im Krisenjahr 2021
Und dieser jemand ist Oliver Mintzlaff. Bei RB Leipzig hat er nicht nur den Umsatz gesteigert – sondern immer auch Gewinn erwirtschaftet. Selbst im Zweiligajahr 2014/15 gab es ein kleines Plus. In den Folgejahren haben sich die Gewinne gesteigert. 2021 wiesen überhaupt nur drei Bundesligisten Gewinne aus. Den Höchsten verzeichnete sensationell der SC Freiburg mit knapp zehn Millionen Euro. Danach kommen die Leipziger mit knapp drei Millionen Gewinn vor Abo-Meister FC Bayern München, der knapp zwei Millionen Euro Gewinn erwirtschaftete.
Das zeigt, dass die Mateschitz-Millionen nicht blind herausgepulvert worden sind. Das lobt auch der Bilanzexperte Ludwig Hierl. Der Professor für Rechnungslegung an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn kennt sich extrem gut aus in den Bundesliga-Bilanzen. "Oliver Mintzlaff hat ein Wachstum gemanagt, andererseits Strukturen geschaffen und die Gehaltsforderungen der Spieler eingedämmt, keine Mega-Transfers getätigt." Ganz ähnlich sieht das Henning Zülch: "Das Kadermanagement ist entscheidend. RB hat in junge Spieler investiert, hat sie günstig eingekauft und mit Verträgen versehen, die im Vergleich zur Bundesliga-Spitze moderat sind."
RB: 186 Millionen Transfer-Minus, 292 Millionen Verbindlichkeiten
Aber nicht alle wirtschaftlichen Kennzahlen von RB Leipzig haben sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Das Transfersaldo zum Beispiel ist extrem negativ – obwohl RB in den letzten Jahren mit Naby Keita, Timo Werner, Dayot Upamecano oder Ibrahima Konaté einige Spieler sehr gewinnbringend verkauft hat. Trotzdem weist das Transfersaldo über zehn Jahre ein Minus von 186 Millionen Euro aus. Das ist der drittschlechteste Wert der Liga. Ohne die Millionen von Red Bull wäre die Spielerkäufe so nicht möglich gewesen.
Und kein anderer Klub hatte 2021 mehr Verbindlichkeiten als RB: 292 Millionen Euro. Die Experten Zülch und Hierl sehen das angesichts der wirtschaftlichen Gesamtlage des Klubs nicht als problematisch an. Zülch sagt ganz klar: "RB ist umsatztechnisch, finanziell, aber auch sportlich in den Top 20 in Europa angekommen."
Schiphorst: "Die werden weiter in Sport investieren"
Aber die große Frage ist ja – reicht das dem Red Bull Konzern? Reicht das Oliver Mintzlaff? Nur unter den besten 20? Theoretisch könnte Mintzlaff in seiner neuen Position bei Red Bull auch neues Geld für den Leipziger Bundesligisten bewilligen. Durchaus möglich, glaubt Hendrik Schiphorst, Geschäftsführer des Sportrechtevermarkters Sportfive. "Generell ist Red Bull ja nicht dafür bekannt, halbe Sache zu machen", sagt Schiphorst und lacht. "Ich gehe davon aus, dass die mit dem Erreichten nicht zufrieden sein werden und weiter investieren."
Außerdem verweist Schiphorst auf den sportlichen Erfolg und die sprudelnden Einnahmen aus Champions-League und auch aus der Bundesliga. "Dadurch nimmt die wirtschaftliche Potenz bei RB Leipzig weiter zu. Ich gehe davon aus, dass die weiter in Sport investieren, um noch weiter nach oben zu kommen." Noch weiter nach oben. Das würde bedeuten, dass RB Leipzig in Zukunft weitere Titel gewinnen könnte. Nicht nur den DFB Pokal, sondern – vielleicht – auch die Champions League.
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Sport im Osten | 12. November 2022 | 16:00 Uhr
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